Internet Governance: Experten plädieren für mehr Beteiligung

Dirk Brengelmann, Sonderbeauftragter für Cyber-Außenpolitik Foto: Pressefoto AA
Veröffentlicht am 10.07.2014

In der 12. Sitzung des Ausschusses Digitale Agenda fand im Bundestag eine Anhörung mit mehreren Sachverständigen zum Thema Internet Governance statt. Nachdem die USA bislang die Federführung bei der Internetverwaltung inne hatte, wird nun von den Beteiligten eine Internationalisierung des Prozesses und eine Neustrukturierung der Verwaltung angestrebt. Davon sind unter anderem der Betrieb der Rout-Server, die Vergabe der IP-Adressen und die Verwaltung der Domains betroffen. In Deutschland ist das Bundeswirtschaftsministerium federführend.

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Dirk Brengelmann, Sonderbeauftragter für Cyber-Außenpolitik
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Dirk Brengelmann, Sonderbeauftragter des Auswärtigen Amtes für Cyber-Außenpolitik, nannte die drei seiner Auffassung nach wichtigsten Prinzipien der Cyber-Außenpolitik: Zum einen sei die Multistakeholder-Beteiligung entscheidend, das heißt möglichst viele Akteure sollten den Verwaltungsprozess mitgestalten. Zum anderen müssten globale Internetprinzipien entwickelt werden. Ansätze dafür lieferten bereits unter anderem die Konferenz der NETmundial in Brasilien im April 2014 und der im Juni 2014 durchgeführte EuroDIG. Als dritten Punkt betonte Brengelmann den Respekt der Menschenrechte online wie offline. Es müsse ein globaler Konsens für ein „Völkerrecht des Netzes“ gefunden werden. Dirk Krischenowski, Mitglied der Internet Society und Geschäftsführer dotBerlin, sprach sich klar gegen die Idee eines Schengen- oder Deutschland-Netzes aus. Zusätzlich warnte er, es dürfe nicht dazu kommen, dass Domains von einer Stelle in den USA dominiert werden.

Experten wünschen stärkere Rolle Deutschlands

Professor Dr. Wolfgang Kleinwächter, Mitglied des ICANN Board of Directors, hob angesichts der neuartigen Prozesse hervor, das „Neuland“ müsse „kartographiert“ werden. Dabei könne nicht eine einzige Einrichtung das Internet allein verwalten, betonte er. Demzufolge sah auch er keine Lösung in einer Renationalisierung des Netzes. Darüber hinaus erklärte er, technische und politische Fragen könnten nicht getrennt betrachtet werden. Allerdings müssten nationale Interessen beachtet werden und in die Neugestaltung der Verwaltung einfließen, räumte er ein. Außerdem bemängelte er, das Thema Internet Governance werde in der Öffentlichkeit nicht diskutiert und daher gebe es keine Impulse aus der Zivilgesellschaft zur Zukunft der Netzverwaltung. Prof. Kleinwächter rief die Empfehlung der NETmundial in Erinnerung, eine internationale Plattform zu organisieren. Auch plädierte er dafür, dass Deutschland sich stärker in die internationalen Gremien einbringen solle. Professor Dr. Rolf Weber von der Universität Zürich wies darauf hin, dass der Kreis der Beteiligten zu erweitern sei, womit er die Zivilgesellschaft meinte. Der Vorstandsvorsitzende des eco, Professor Michael Rotert, forderte ebenfalls eine aktive Beteiligung aller Stakeholder bei der Gestaltung der Internetverwaltung.

Fragen der Bundestagsabgeordneten

Auf die kurzen Vorträge der Experten folgten mehrere Fragerunden der Abgeordneten: Dr. Andreas Nick von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fragte nach der technischen Bewertung eines nationalen bzw. europäischen Netzes. Professor Rotert antwortete, technisch sei eine nationale Fragmentierung des Internets im Prinzip machbar, allerdings wäre es äußerst schwierig zu etablieren und zudem nicht bezahlbar. Für die Linke fragte Herbert Behrens nach konkreten Argumenten gegen ein nationales Netz. Krischenowski hob hervor, dieser Ansatz löse nicht das Problem der Überwachung durch nationale Geheimdienste. Außerdem wies er darauf hin, dass die Diskussion um die Vergabe der neuen Top Level Domains noch nicht abgeschlossen sei. Es gebe einen Mangel an kurzen, guten Adressen für neu gegründete Unternehmen, kritisierte er. Professor Rotert äußerte seine Überzeugung, es gebe einen Sicherheitsgewinn durch die neuen Domains vor Spam und Phishing.

Konstantin von Notz, Bündnis 90/Die Grünen, wies darauf hin, dass die NSA-Überwachung im Zusammenhang mit dem Thema Internet Governance stehe. Technisch gesehen seien es viele verschiedene Netze, erklärte er, doch im gesellschaftlichen Diskurs thematisiere man „ein Netz“. Darauf entgegnete Professor Kleinwächter, dass nicht die Infrastruktur und Verwaltung des Netzes Schuld an der Überwachung seien, sondern Subjekte wie die Geheimdienste. Daher sei es der falsche Ansatz, an der Netzinfrastruktur Änderungen vorzunehmen, vielmehr sollten die entsprechenden Subjekte besser reguliert werden. Dirk Brengelmann betonte, das Völkerrecht gelte bereits für den Cyberraum, nun müssten Lücken identifiziert und gefüllt werden.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital und ist Teil der aktuellen Ausgabe zur Netzpolitik. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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