Internationale Digitalpolitik: Jugend macht Vorschläge für nachhaltige Digitalisierung

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Veröffentlicht am 11.11.2020

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Ein globales Netzwerk junger Expert*innen hat Empfehlungen für eine nachhaltigere und soziale Digitalisierung erarbeitet. Die Ergebnisse des Projekts werden beim Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen vorgestellt. Auch in Wirtschaft und Politik gibt es Bestrebungen für ein grüneres Internet.

Auf der Digitalisierung ruhen große Hoffnungen im Kampf gegen den Klimawandel. Jedoch geht mit unserem digitalen Konsum großer Energiehunger einher. Vor allem Streaming-Plattformen wie Netflix und Videokonferenz-Dienste wie Zoom tragen erheblich zum Energieverbrauch des Internets bei – und in Folge zu den globalen CO2-Emissionen. Die Nutzung des Internets hat sich in der Corona-Krise zusätzlich über alle demographischen Gruppen hinweg verstärkt; junge Menschen stellen jedoch die aktivste Gruppe. Laut des letztjährigen D21-Digital-Index nutzten vor allem die 14- bis 29-Jährigen sehr häufig energieintensive Streaming-Dienste.

Das Klimaschutz und Digitalpolitik die jüngeren Generationen jedoch nicht kalt lassen, zeigt jüngst das von der Gesellschaft für Informatik (GI) ins Leben gerufene Projekt #Youth4DigitalSustainability. Dabei handelt es sich um ein globales Netzwerk aus jungen Menschen, die Empfehlungen für mehr digitale Nachhaltigkeit erarbeitet haben. Die Ergebnisse des Projekts stehen für den 16.11.2020 auch auf der Agenda des diesjährigen Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen – der globalen Plattform zur Diskussion zentraler Fragen rund um das Internet. Aufgrund der aktuellen Situation findet auch das IGF 2020 derzeit rein online statt.

Internationale Kooperation für mehr Nachhaltigkeit

Im Rahmen des Projekts #Youth4DigitalSustainability hat die GI, die größte Fachgesellschaft für Informatik im deutschsprachigen Raum, insgesamt 50 Expert*innen unter 30 aus allen Teilen der Welt zusammengebracht. Das Projekt steht unter der Leitung von Elisabeth Schauermann. Die Referentin für Politik und Kommunikation der GI war bereits für das Jugend Internet Governance Forum 2019 in Berlin verantwortlich. „Wir sind davon überzeugt, dass jungen Menschen als größte demographische Gruppe unter den Internetnutzern eine angemessene Beteiligung bei den politischen Prozessen und Entscheidungen zusteht“, betonte Scheuermann im vergangenen Jahr.

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In einem mehrmonatigen Arbeitsprozess analysierten die jungen Expert*innen der diesjährigen internationalen Kooperation die sozialen, ökonomischen und ökologischen Effekte der Digitalisierung. Dazu bildeten sie vier Arbeitsgruppen zu den Themen „Ökologisierung des Internets“, „faire digitale Geschäftsmodelle“, „Internet für den sozialen Zusammenhalt“ und „nachhaltige Internet Governance“. Dem Projektnetzwerk war es dabei wichtig, geographische Unterschiede aufzugreifen und Empfehlungen zu erarbeiten, die über eine rein europäische Perspektive hinausgehen.

Herausgekommen sind zwölf konkrete Empfehlungen für mehr Nachhaltigkeit und Beteiligung in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft sowie in puncto Regulierung digitaler Technologien und des Internets (Internet Governance). Zentrale Aspekte bilden die Forderung nach mehr Umweltfreundlichkeit beim Internetzugang und digitalen Technologien sowie die Förderung einer Kreislaufwirtschaft samt Vermeidung von Elektroschrott. Ferner sollen Technologiekonzerne und Anbieter digitaler Dienste indigene Sprachen stärker einbinden, um einerseits Sprachbarrieren und andererseits die Dominanz westlicher Perspektiven im Internet aufzuweichen. Darüber hinaus fordern die Expert*innen mehr demokratische Beteiligung bei der Regulierung und Standardisierung digitaler Technologien. So sollen KI-Systeme beispielsweise von externen Parteien auf Fairness geprüft und ihre Funktionsweise für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden.

Maßnahmen aus Wirtschaft und Politik

Mit ihren Forderungen nach einem „grüneren Internet“ sollten die jungen Expert*innen auf offenes Gehör stoßen, denn die Bedeutung nachhaltiger Digitalisierung ist in der Wirtschaft bereits angekommen. In einer neuen Studie der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland und des borderstep Instituts wurden jüngst die Standortbedingungen für Rechenzentren in Europa untersucht. Die Ergebnisse umfassen Best Practices und politische Empfehlungen, die Chancen für eine nachhaltigere Digitalisierung eröffnen sollen. Dabei wurde der Frage nachgegangen, inwiefern europäische Rechenzentren bereit für die Klimaziele des Green Deals der EU sind. Diese zählen im weltweiten Vergleich zwar bereits zu den energieeffizientesten, jedoch könnten noch weitere Effizienzpotenziale genutzt werden. Investitionen in Forschung und Förderung für energieeffiziente digitale Infrastrukturen und eine zügige Energiewende, könnten die CO2-Einsparpotenziale deutlich erhöhen, resümiert die Studie.

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Die Politik in Brüssel und Berlin ist ebenfalls dran am Thema: Zu Beginn dieser Woche veröffentlichte die EU-Kommission eine Studie zu umweltfreundlicheren Cloud-Diensten. Diese wurde vom borderstep Institut in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Umweltbundesamt erarbeitet. Die Studie zeigt technische, als auch politische Optionen auf, mit denen die EU-Mitgliedstaaten den steigenden Stromverbrauch von Cloud-Diensten und Rechenzentren begrenzen können. Die technischen Maßnahmen umfassen Vorschläge zur Wiederverwendung der erzeugten Wärme bis hin zum Einsatz Erneuerbarer Energien. Darüber hinaus werden effizientere Kühlsysteme und der Bau von Rechenzentren in kälteren Regionen empfohlen. Zu den politischen Optionen gehört vor allem ein umweltfreundliches öffentliches Beschaffungswesen, sprich Regeln für Europas Behörden um Dienstleistungen umweltfreundlicher einzukaufen. In Deutschland stellte das Bundesumweltministerium bereits im Frühjahr eine „Umweltpolitische Digitalagenda“ vor. Darin sind strategische Grundsätze und Ziele sowie 70 Maßnahmen definiert, um die Digitalisierung nachhaltiger zu gestalten. Mit dem Aktionsplan verfolgt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) unter anderem das Ziel, klimaneutrale Rechenzentren vorantreiben.

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