#HugABrit: Knuddeln gegen den Brexit
Während in der Berliner Republik schon fast das alljährliche Sommerloch in Sicht ist, erlebt Großbritannien den politischen Showdown des Jahrzehnts – auch in den sozialen Medien. Am 23. Juni sollen die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen und bis dahin heißt es: Schlammschlacht auf Youtube, Twitter & Co. Das Remain-Lager um David Cameron setzt vor allem auf Argumente, die den Briten den Brexit als größtes wirtschaftspolitisches Wagnis des Jahrhunderts verkaufen sollen. Die Gegenseite, die für den „Leave“-Kurs wirbt, spielt mit typisch britischem Brüssel-Bashing und macht selbst vor Weltkriegsanspielungen nicht Halt. Mitten in diesem erbitterten Kampf punktet eine kleine Grassroot-Initiative im Social Web mit Liebesbotschaften: #HugABrit heißt das Hashtag, das schon vielen Briten überraschend zu einer Umarmung verholfen hat.
Knuddeln statt zanken
Die Social-Media-Kampagne „Please don’t go UK“, die von zwei deutschen Londonerinnen mitgegründet wurde, setzt nicht auf rationale Argumente, sondern auf Knuddeleinheiten. „Wir lieben euch, bitte geht nicht“ ist die Botschaft der Aktion. Um das zu beweisen, sind Internet-User dem Aufruf gefolgt und posten auf Twitter, Facebook und Instagram Bilder von Umarmungen mit ihren Lieblingsbriten. Die besten werden auf der dazugehörigen Website gesammelt. Auch analog organisiert die Kampagne Live-Knuddeleinheiten für Briten und EU-Bürger: Ein gemeinsamer Brunch in einem Londoner Park gab vor kurzem Gelegenheit dazu.
„No Brit was harmed in the making of this”
Auch Prominente und Politiker fühlen sich berufen, im Netz das #Bremain-Lager zu unterstützen. Die Grünen-Europaabgeordnete Terry Reindke ließ sich mit ihren britischen Amtskollegen im Plenarsaal des EU-Parlaments ablichten und auch die Bundesvorsitzende ihrer Partei, Simone Peters, knuddelte für die Aktion mit den britischen „Greens“. Christine Ullmann, Mit-Initiatorin der Aktion, posierte sogar mit Jarvis Cocker, dem Sänger der Kult-Band Pulp. Dabei sind die Briten gar nicht als sonderlich knuddelbegeistert bekannt. „No Brit was harmed in the making of this“, frotzeln einige Twitter-User deshalb – tut doch gar nicht weh.
Europäer zwischen den Brexit-Fronten
Die Initiatoren der „Please don’t go UK“-Kampage sind in Großbritannien lebende Europäer und wären auf besondere Art von einem Brexit betroffen. Diese zwei Millionen Mitbürger erleben den politischen Schlagabtausch um den Brexit hautnah, dürfen aber am 23. Juni kein Kreuzchen machen. Dabei besteht große Unklarheit, wie sich ein Brexit auf ihre Jobsituation und Existenz in Großbritannien auswirken würde. Mit ihrem Aufruf wollen sie die Briten nun um den Finger wickeln. Die „Love Bomb“ scheint jedenfalls zu wirken: Sogar Nigel Farage, der Chef-Euroskeptiker des Landes, ließ sich im BBC-Frühstücksfernsehen von der Deutsche-Welle-Journalistin Birgit Maaß umarmen. Mission (almost) accomplished!