Hatespeech: Bundesregierung will stärker gegen Hass im Netz vorgehen

Foto: CC0 1.0, Pixabay User nastya_gepp | Ausschnitt angepasst
Foto: CC0 1.0, Pixabay User nastya_gepp | Ausschnitt angepasst
Veröffentlicht am 18.12.2019

Foto: CC0 1.0, Pixabay User nastya_gepp | Ausschnitt angepasst
Durch eine Novellierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes will die Bundesregierung im Internet strenger gegen Online-Hass und Hetze vorgehen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht bereitet dazu einen Gesetzentwurf vor. Dieser ist Teil eines Maßnahmenpakets gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität. Neben der Strafverfolgung setzt die Regierung aber auch auf das gesellschaftliche Engagement für ein verantwortungsvolles Miteinander im Netz.

Soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook sollen künftig verpflichtet werden, strafrechtlich relevante Inhalte nicht mehr nur zu entfernen, sondern auch dem Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. Eine entsprechende Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sieht ein Referentenentwurf für ein Gesetz „zur Bekämpfung des Rechtsextremismus“ aus dem Bundesjustizministerium (BMJV) vor, das aktuell in der Bundesregierung abgestimmt wird.

Verschärfung NetzDG

Das Anfang 2018 in Kraft getretene NetzDG verpflichtet Internet-Plattformen, aktiv gegen Hass, Hetze und Terror-Propaganda vorzugehen. Strafbare Inhalte müssen binnen 24 Stunden gelöscht werden. Mit der Erweiterung des NetzDG will die Bundesregierung nun entschiedener gegen Straftaten im Netz vorgehen. Oft erlangen die Strafverfolgungsbehörden aber keine Kenntnis von den auf eine NetzDG-Beschwerde gelöschten strafbaren Inhalten, sodass das Einstellen solcher Inhalte ohne strafrechtliche Konsequenzen bleibt und sich damit der Eindruck verstärkt, das Internet entwickele sich zu einem rechtsfreien Raum„, heißt es in dem Entwurf des BMJV.

Laut dem Gesetzentwurf sollen die Netzwerkanbieter Hakenkreuz-Postings, Morddrohungen und volksverhetzende Inhalte nicht nur entfernen, sondern an das Bundeskriminalamt weiterleiten müssen. Um anonymen Hetzern auf die Schliche zu kommen, sollen die Plattformen zudem zur Weitergabe von IP-Adressen sowie Portnummern verpflichtet werden. „Wer im Netz hetzt und droht, wird künftig härter und effektiver verfolgt„, erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). „Von Hass und Drohungen Betroffene werden künftig besser geschützt, auch durch Änderungen im Melderecht.“ Vernachlässigen soziale Netzwerke systematisch die Meldepflicht, sollen sie durch ein Bußgeld sanktioniert werden.

Netzaktivisten sehen indes eine Gefahr für die Freiheit im Internet. Denn ein Passus des Gesetzesentwurfes schreibt vor, dass Plattformen im Falle einer richterlichen Anordnung sensible Daten, wie Passwörter von Verdächtigen, aushändigen müssten. „Wer geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, daran mitwirkt oder den Zugang zu Nutzung daran vermittelt“, soll einschlägige erhobene Nutzungsdaten „zur Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber den berechtigten Stellen“ verwenden dürfen, heißt es in dem Entwurf. Auch die netzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner, sieht die Meldepflicht für Dienstanbieter kritisch. Durch die Entscheidungsmacht zur Bewertung von etwaigen Straftaten, bekämen die Plattformbetreiber eine „Gatekeeper-Funktion für eine massenhafte staatliche Datenerhebung zur Strafverfolgung“.

Besserer Schutz von Politiker*innen

Beleidigungen und Bedrohung im Internet richten sich häufig gegen Politiker*innen oder Personen im öffentlichen Leben. Eine Erhebung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) ergab, dass 93,6 Prozent der Politiker*innen in Berlin schon einmal beleidigt oder beschimpft wurden. Befragt wurden mehr als 200 Berliner Bundes-, Landes- und Bezirkspolitiker*innen aller Parteien. Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, bis zu fünf Mal pro Woche mit solchen Auseinandersetzungen konfrontiert zu sein. Hier sind die Bundesländer über den Bundesrat aktiv geworden: Am 29. November beschlossen sie auf Antrag von Rheinland-Pfalz eine Änderung des Strafgesetzbuches in den Bundestag einzubringen. Ziel ist, den Schutz von Politiker*innen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu verbessern.

Rechtsprechung-Default-Motiv-1500x984„Im öffentlichen Leben stehende Politikerinnen und Politiker – einschließlich der ehrenamtlich tätigen – bedürfen eines effektiven strafrechtlichen Schutzes insbesondere gegen beleidigende und bedrohende Äußerungen in sozialen Netzwerken und über das Internet“, heißt es in dem Gesetzentwurf der Länderkammer. Konkret sollen Strafverfolgungsbehörden auch ohne Anzeige durch die Betroffenen tätig werden dürfen und der Strafrahmen auf bis zu drei Jahren Haft angehoben werden.

Engagement gegen Hass im Netz

Darüber hinaus engagieren sich die Bundesregierung und viele Akteure aus der Zivilgesellschaft gegen Hass im Netz. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „#anstanddigital“, eine gemeinsame Initiative der Katholischen Akademie in Berlin, dem Kulturbüro der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Bundesregierung. Das Projekt will Bürger*innen zu einer Online-Debatte motivieren.

Ziel ist, eine Sammlung digitaler Tugenden zu erstellen, die Anregungen für ein verantwortungsvolles Miteinander im Netz bietet. Zum Auftakt der Initiative im Futurium Berlin am 10. Dezember erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU): „Worte können aufbauen, aber sie können auch zerstören. Und gerade letzteres findet im Internet inzwischen viel zu oft statt. Deshalb brauchen wir einen Verständigungsprozess, wie wir im digitalen Raum miteinander umgehen wollen.“ 

Ein anderes Beispiel ist das Engagement von O2. Neben Workshops für Jugendliche für den Umgang mit Cybermobbig und Hatespeech, hat das Unternehmen kürzlich die #LOVEMOB Kampagne gestartet, in der Prominente wie Fußballprofi Mats Hummels, Moderatorin Palina Rojinski, und YouTuberin Dagi Bee zu mehr digitaler Zivilcourage und Respekt im Netz aufrufen. Durch die #LOVEMOB-Kampagne sollen Online-Nutzer dazu bewegt werden, bei der Beobachtung von Mobbing im Internet nicht einfach drüber weg zu lesen, sondern sich aktiv für die Betroffenen einzusetzen.

Wie allgegenwärtig Mobbing im Internet ist, zeigt eine repräsentative GfK-Studie zum Thema „Cybermobbing“ im Auftrag von O2: Demnach geben 76 Prozent junger Menschen in Deutschland an, schon einmal mit Cybermobbing in Kontakt gekommen zu sein. Jeder Vierte der befragten Jugendlichen war selbst schon mindestens einmal betroffen.

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion