Goldene Blogger: Diesmal besonders viele Kandidaten mit sozialem Engagement
Foto: Henrik Andree
Am 29. Januar werden im Telefónica BASECAMP die Goldenen Blogger verliehen und wir haben uns schon gewundert, warum dieses Mal so viele TV-Promis nominiert sind. Selbst Boris Becker wies mit einem Retweet auf den Artikel hin und im Berliner U-Bahn-TV gab es einen Hinweis auf die Veranstaltung, bei der Deutschlands ältester Influencer-Preis vergeben wird, samt Fotos von Mats Hummels, Lena Mayer-Landrut und Thomas Gottschalk. Doch keine Sorge: Die Goldenen Blogger sind nicht etwa abgehoben oder gieren nach Aufmerksamkeit durch bekannte Namen.
Die meisten Nominierten schreiben immer noch Weblogs, wie man sie von früher kennt, bevor die Professionalisierung und der Kommerz kamen: mit sehr persönlichen Texten über spezielle Themen und mit Kommentaren, die sie noch selbst beantworten. In diesem Jahr sind sogar besonders viele Kandidaten nominiert, die sich in der Gesellschaft für etwas einsetzen. Und zwar nicht nur in der Kategorie Blogger mit Engagement, die zum ersten Mal vergeben wird, sondern auch in vielen anderen. Ganze 18 Kategorien gibt es dieses Mal und die meisten der 54 Kandidaten haben bereits zugesagt, dass sie am 29. Januar zur Preisverleihung ins Telefónica BASECAMP kommen.
Raul Krauthausen: Sozialheld mit Wheelmap
Der wohl bekannteste dürfte Raul Krauthausen sein, der als Blogger des Jahres nominiert ist: ein Aktivist, der sich für unterschiedliche soziale Projekte einsetzt, wie die Sozialhelden, die sich als Denkfabrik für soziale Projekte verstehen. 2010 startete der gemeinnützigen Verein beispielsweise das Wiki-Projekt Wheelmap.org, wo Nutzer die Rollstuhlgängigkeit von öffentlichen Orten in Landkarten eintragen können, die sich einfach auf dem Smartphone nutzen lassen und weltweit Behinderten helfen.
Krauthausen lebt selbst mit Osteogenesis imperfecta, was umgangssprachlich als „Glasknochen“ bezeichnet wird, und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Seit Oktober 2015 moderiert er auch die Talkshow Krauthausen – Face to Face auf für den Fernsehsender Sport1 und in seinem Blog erklärt das Leben mit Behinderung, wobei Artikel wie „Ich möchte nicht geheilt werden!“ oder „Lasst endlich alle Menschen mit Behinderung wählen!“ auf wichtige Themen hinweisen, die der Mehrheit in Deutschland gar nicht bekannt sind.
Dr. Guido Knapp: Skurrile historische Fakten bei Twitter
Es sind diese Autoren mit einer Mission, welche die deutsche Blogger-Szene so lebendig machen. Auch wenn viele heute Twitter oder Facebook nutzen oder Podcasts aufnehmen, statt immer gleich WordPress für lange Texte zu installieren. So wie Joachim Telgenbüscher, der als
Dr. Guido Knapp twittert: Der Nominierte für den Twitter-Account des Jahres nimmt nicht nur den Geschichte-Onkel vom ZDF auf die Schippe, sondern betreibt richtige Aufklärung. Wer hätte gedacht, dass sich vor 2.000 Jahren jeder römische Bürger freier von Syrien bis Britannien bewegen konnte als heute die Bewohner der Europäischen Union? Oder dass ehemalige NS-Zwangsarbeiter fast fünfzig Jahre länger auf ihre Entschädigungen warten mussten als die Witwen von führenden Nazis auf ihre Rente?
„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“, soll einst Wilhelm von Humboldt gesagt haben. Das dürfte auch der Grund sein, warum Nora Hespers als Anachronistin das Leben ihres Großvaters nacherzählt, der im Widerstand gegen die Nazis kämpfte. Sie ist damit für den besten Podcast des Jahres nominiert und als Nischen-Blogger des Jahres befindet sich irgendwie jüdisch auf der Liste für die Goldenen Blogger: Dort berichtet Juna Grossmann aus ihrem Leben in Berlin oder was sie als Jüdin gerade beschäftigt. Seit bald zehn Jahren schreibt sie Artikel, die beispielsweise vom neuen Antisemitismus in der Schule handeln und zeigen, dass die Geschichte sich wiederholen kann.
Ihr Lappen!: Notaufnahmeschwester klagt über Patienten
Aufklärung ist immer wieder nötig. Das zeigen auch die Nominierungen für den Blogtext des Jahres. Die Notaufnahmeschwester berichtet beispielsweise unter der Überschrift „Ihr Lappen!“, mit welchen Banalitäten ihre lebensrettende Arbeit durch faule oder verwöhnte Patienten blockiert wird. Sie haben Verstopfung oder saßen zu lang auf dem Kettenkarussell – und rufen deswegen den Rettungsdienst. Dabei sollten sie lieber einmal den anderen nominierten Artikel „Eine Banane“ von Read on my Dear. Read on. lesen. Er beschreibt die Vorgänge in einer Slum-Klinik in Indien und zeigt, was wirkliche Notfälle sind.
Und auch in der Kategorie Blogger mit Engagement geht es um Medizin. Der Kinderdok berichtet anonym über seinen Alltag als Arzt in einer Kinder- und Jugendpraxis und seinen Kampf gegen Impfgegner. Er ist gemeinsam mit den Rolemodels nominiert, einem Podcast über inspirierende Frauen und ihre Arbeit. Jede Woche erscheint ein neues Interview mit weiblichen Führungskräften oder erfolgreichen Unternehmensgründerinnen, die von ihrem Weg an die Spitze berichten: die gelernten Lektionen, getroffenen Entscheidungen oder Hindernisse, die sie überwinden mussten.
Doch besonders freuen wir uns auf German Life Style GLS, die in derselben Kategorie nominiert sind: Die Syrer Allaa Faham (20) und Abdul Abbasi (22) leben seit zwei Jahren in Deutschland und veröffentlichen regelmäßig Sketche auf Youtube, mit denen sie Stereotypen und gängige Vorurteile aus beiden Kulturen aufs Korn nehmen. Das ist lustiger als manche Fernseh-Show. Wer braucht da schon noch TV-Promis? Zu der Anmeldung für die Verleihung der Goldenen Blogger im Telefónica BASECAMP geht es hier.
Goldene Blogger 2017: Liste der Nominierungen
Blogger des Jahres:
Newcomer des Jahres:
Blogtext des Jahres:
- Read on my Dear. Read on.: Eine Banane
- Notaufnahmeschwester: Ihr Lappen!
- Das Nuf: Im Gegensatz zu meinem Körper dürfen meine Worte Gewicht haben
Blogger ohne Blog:
Blocker des Jahres:
- Marc Jan Eumann für seine intransparente Wahl zum Direktor der Landesmedienanstalt in Rheinland-Pfalz
- Christian Lindner für seine Blockade der Jamaika-Koalition
- Heiko Maas für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Food- und Wein-Blog des Jahres:
Tagebuch-Blogger des Jahres:
Podcast des Jahres:
Snapchat- & Instagram-Stories des Jahres:
Instagram-Account des Jahres:
Twitter-Account des Jahres:
DIY-Blogger des Jahres:
Nischen-Blogger des Jahres:
Wirtschafts-Blogger des Jahres:
Markenbotschafter des Jahres:
Social-Media-Sportler des Jahres:
Blogger mit Engagement des Jahres:
Blogger aus dem Ausland über Deutschland des Jahres:
- The Economist: Kaffeeklatsch
- Rick Noack von der Washington Post für seine Facebook-Messenger-Aktivitäten
- Matthew Karnitschnig, Chief Europe Correspondent von Politico