Frequenzpolitik: Wie geht es weiter?
Der Verkehr in den Netzen wächst, aber ausgerechnet für ein Kernstück der Netzinfrastruktur laufen die Nutzungsrechte aus. Schon seit geraumer Zeit denkt die Bundesnetzagentur über den Modus für die zukünftige Zuteilung dieser Frequenzen nach. Zu diesem Thema gab es am 9. November eine Informationsveranstaltung in Berlin. Diverse Szenarien wurden vorgestellt und stehen nun zur Diskussion.
Man stelle sich mal vor, dass trotz des wachsenden Kfz-Verkehrs alle, sagen wir, vor 1970 gebauten Autobahnen stillgelegt würden. So ähnlich muss man sich die Situation im deutschen Mobilfunk vorstellen. Die zu Beginn des digitalen Mobilfunkzeitalters vergebenen Lizenzen für die ersten GSM-Frequenzen bei 900 und 1800 Megahertz (MHz) laufen nämlich am 31. Dezember 2016 aus. Noch ist nicht klar, welcher Modus für die weitere Nutzung greifen soll. Dass es weiterhin Bedarf für diese Frequenzen gibt, steht außer Frage. Noch immer sind sie das Rückgrat insbesondere für Sprachtelefonie und SMS-Verkehr – trotz aller Dateneuphorie noch immer die Hauptumsatzfaktoren der Anbieter.
Ende 2016 – das klingt zwar weit weg. Doch schon im nächsten Jahr soll eine klare Anschlussregelung vorliegen. Schließlich brauchen die Netzbetreiber Planungs- und Investitionssicherheit. Immerhin kommen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erhebliche Kosten für Frequenzen auf die Betreiber zu.
Vier Szenarien, um künftigen Frequenzbedarf zu decken
Vom Auslaufen der genannten Lizenzen sind alle vier bisherigen Netzbetreiber betroffen. Zudem gibt es ein oder zwei weitere Unternehmen, die Interesse am 900 / 1800 MHz-Spektrum geltend gemacht haben. Folglich übersteigt der insgesamt gemeldete Bedarf aller Interessenten unter Umständen sogar den Umfang des auslaufenden Spektrums, wie die BNetzA mitteilte.
Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die Behörde den Fokus geweitet und bezieht nun auch andere Frequenzbereiche in die Gedankenspiele für ein mögliches Verfahren zur Spektrumszuteilung mit ein. Darunter zum Beispiel auch die im Jahr 2000 zugeteilten ersten UMTS-Frequenzen. Deren Lizenzen gelten noch bis zum 31. Dezember 2020. Auch der als Digitale Dividende II bezeichnete und vermutlich nach 2015 freiwerdende Block zwischen 694 und 790 MHz ist derzeit weltweit für den Mobilfunk im Gespräch.
Auf einer Informationsveranstaltung in Berlin stellte die Bundesnetzagentur (BNetzA) nun vier verschiedene Szenarien vor:
1. Die Ende 2016 auslaufenden Lizenzen für die 900er- und 1800er-Frequenzen werden einfach verlängert. Jeder behielte dann die Frequenzbereiche, die er schon hat.
2. Die betroffenen Frequenzen werden versteigert.
3. Die betroffenen Frequenzen werden zusammen mit weiteren Frequenzen (bei 2000, 3500 und evtl. bei 700 und 1450 MHz) (neu) versteigert.
4. Angleichung der Laufzeiten aller Frequenznutzungsrechte auf 2025 (durch vorherige Verlängerungen oder Auktionen) und in 2022 Gesamtversteigerung für den Anschlusszeitraum ab 2026.
Auch eine Kombination mehrerer Szenarien ist denkbar, etwa in Form einer befristeten Übergangslösung, bevor es zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Auktion kommt.
Vor einer endgültigen Entscheidung haben nun alle Beteiligten bis zum 31. Januar 2013 Zeit, ihre Stellungnahmen abzugeben. Danach will die BNetzA das weitere Vorgehen bekannt geben. Ziel sei es, „so früh wie möglich die notwendigen Ressourcen für mobiles Breitband bereitzustellen“, heißt es in der aktuellen Presseinformation der BNetzA.
Geld für zusätzliche Frequenzkosten könnte Netzausbau gefährden
Für die Unternehmen könnten damit neue, bisher schwer zu planende Kosten entstehen. Die vergangenen Auktionen gingen jeweils in die Milliarden. Und das zusätzlich zu den Investitionen, die ohnehin gerade und auch in den kommenden Jahren in den Ausbau der Datennetze fließen (werden).
Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) hat sich daher bereits klar gegen eine Versteigerung von Frequenzen ausgesprochen. „Dann wäre zu befürchten, dass weitere Investitionen in den Ausbau mobiler Datennetze auf Jahre auf Eis gelegt werden“, mahnt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.