FinTech: Naht das Ende der Bankfiliale?
Weder Papierkram noch Fußmarsch: Laut einer Studie des Bitkom regelt rund jeder vierte Internetnutzer seine Bankgeschäfte ausschließlich online. Zu dieser Entwicklung dürften auch die zahlreichen deutschen FinTech-Startups ihren Beitrag geleistet haben. Viele haben sich auf eine rein online basierte Kontoführung oder innovative Online-Banking-Lösungen auf dem Smartphone bzw. dem Tablet spezialisiert.
„Für die meisten alltäglichen Bankgeschäfte ist ein Besuch in der Filiale nicht mehr notwendig“,
sagt Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Von der Überweisung über den Dauerauftrag bis zum Handel mit Wertpapieren könne alles von zu Hause aus erledigt werden.
Mobiles Banking für Bürger
Sechs Minuten –solange benötigt man, um bei der in Berlin ansässigen Direktbank N26 mit europäischer Vollbanklizenz online ein Konto zu eröffnen. Die Bank hat Banking speziell für das Smartphone designed. Möchte man beispielsweise einem Freund das Mittagessen schnell zurückzahlen, kann man das Geld in wenigen Sekunden per SMS oder E-Mail über das Telefonbuch senden. Hat man seine Geldkarte verloren, lässt sich das eigene Konto mit nur einem Klick sperren. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz werden zudem alle Einnahmen und Ausgaben kategorisiert und in anschaulichen Statistiken veröffentlicht. Seit der Gründung von N26 vor fünf Jahren hat die Bank 500.000 Kunden für sich gewinnen können.
Bei O2 Banking, das erste mobile Bankkonto von Telefónica Deutschland in Kooperation mit der Fidor Bank AG, können Kunden komplett per Smartphone ihre Girokonten verwalten. Neben Überweisungen per Mobilfunknummer, kleineren Sofortkrediten und umfangreichen Sicherheitsfeatures profitieren Kunden von zusätzlichen Highspeed-Daten bei jedem Einkauf mit der kostenlosen Debit Mastercard. Das zusätzliche Datenvolumen können O2 Banking Kunden nicht nur selbst zum Highspeed-Surfen nutzen, sondern auch an Freunde senden, in Banking-Dienstleistungen umwandeln oder gegen Amazon-Gutscheine eintauschen.
Weitere mobile Banking-Angebote stellt z.B. das Münchner Start-up finAPI zur Verfügung. Es hat sich auf die Aggregation von Konto-, Depot- und Kreditkartendaten von über 3000 Finanzdienstleistern in Deutschland und Österreich spezialisiert. Über den Hamburger zinspilot dagegen können Benutzer zwischen den Zinsangeboten verschiedener Banken wählen und ihre Geldanlagen über nur ein Konto kostenlos verwalten. Was zuvor nur über Einzelkontoeröffnungen möglich war, wird von zinspilot über ein Hausbankkonto ausgeführt. Für eine kostenlose Bonitätsprüfung und Tipps zur Optimierung des Bonitätsscores bietet das in Berlin ansässige Start-up bonfiy einen Service an. Es möchte Nutzern maßgeschneiderte Finanzprodukte vermitteln und sie dadurch finanziell besserstellen.
Für Freelancer
Seit 2016 besteht zudem das Banking-Start-up Kontist.
„Ich habe in meiner Zeit als Selbstständiger oft mit Banken kämpfen müssen, weil ich nicht als Angestellter gearbeitet habe“, sagt Chris Plantener, CEO von Kontist.
Deshalb wollte er „die großen Steine, die Freelancern heute von Banken und dem Staat in den Weg gelegt werden, aus dem Weg zu räumen“. Mit 20 weiteren Mitarbeitern bietet er nun das Geschäftskonto mit automatischen Rücklagen für Umsatz- und Einkommensteuer, kluger Kategorisierung von Transaktionen und weiteren hilfreichen Anwendungen für Selbstständige an.
FinTech und Politik
Angesichts des Wachstums der FinTech-Branche hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) im März 2017 den FinTechRat gegründet. Bestehend aus 20 ehrenamtlichen Vertretern aus FinTechs, Banken und Versicherungen, Wissenschaftlern sowie Mitarbeitern aus den Ministerien berät der Rat das Ministerium zu Fragen digitaler Finanztechnologie. Der Vorsitzende des Rats und parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Jens Spahn, hält die Etablierung des FinTechRats „für einen weiteren Schritt, um Deutschland als FinTech-Hub Nr.1 in der EU zu etablieren“.
Mit Blick auf digitale Transaktionen und FinTech betonte der Digitalexperte Spahn beim UdL Digital Talk zum Thema „Gesellschaft ohne Geld“:
„Alles was das Leben einfacher macht, setzt sich in aller Regel früher oderspäter in weiten Teilen durch“.
Schenkt man dem Glauben, lässt dies in Zukunft tatsächlich das Ende der Bankfiliale, wie wir sie heute kennen, erwarten.