EU-Kommission legt Gesetzespaket für EU-Telekommunikationsmarkt vor

Veröffentlicht am 17.09.2013

Die EU-Kommission präsentierte den Verordnungsentwurf zur Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes in der Telekommunikation am Mittwoch, den 11. September 2013. Zuständig für das Gesetzespaket „Vernetzter Kontinent“ ist Vizepräsidentin der EU-Kommission Neelie Kroes. Der Kommissionsvorschlag regelt diverse Bereiche des Telekommunikationsmarktes und versucht, die unterschiedliche Regulierung von 28 Mitgliedstaaten auf EU-Ebene zu harmonisieren und zu vereinfachen.

Veränderung beim Roaming

Beim Mobilfunk werden Roaming-Entgelte für innerhalb der EU angenommene Anrufe ab dem 1. Juli 2014 abgeschafft. Telekommunikationsunternehmen können den Kunden EU-weit geltende Tarifverträge anbieten oder für Reisen ins EU-Ausland andere Anbieter für dieselbe SIM-Karte zulassen. Auch Anrufe über Festnetz und Mobilfunk innerhalb der Union dürfen nicht länger mit Aufschlägen berechnet werden. Der Preis für Mobilfunkanrufe wurde auf höchstens 0,19 EUR pro Minute (zzgl. MwSt) festgesetzt.

Verträge sollen klarer formuliert werden

Inhalte im Netz sollen nicht blockiert oder gedrosselt werden, schreibt die Kommission vor. Allerdings erlaubt sie die Einrichtung von „Spezialdiensten“ mit einer bestimmten Dienstqualität, sofern die Geschwindigkeit des Internets der anderen Kunden nicht beeinträchtigt wird. Die Kunden sollen zudem das Recht erhalten, ihre vertraglich zugesicherten Geschwindigkeiten zu überprüfen – ist das nicht der Fall, soll eine Vertragsbeendigung möglich sein. Verträge sollen grundsätzlich klarer formuliert sowie besser vergleichbar sein. Zudem gibt es erweiterte Rechte hinsichtlich des erleichterten Anbieter – oder Vertragswechsels.

Harmonisierung der Frequenzpolitik

Bei der Frequenzzuweisung soll die Union EU-weite Kompetenzen über Verfügbarkeit, Zeitpunkt der Zuweisung sowie Dauer der Nutzungsrechte erlangen, um die Frequenzpolitik der Mitgliedsländer besser koordinieren zu können. Letztendlich wird ein einheitliches europäisches Funkgebiet für mobile Breitbanddienste angestrebt. Dadurch sollen Mobilfunkbetreiber grenzübergreifende Investitionspläne erstellen können, argumentiert die Kommission in ihrem Vorschlag.

Kritik von allen Seiten

Nicht im Gesetzespaket enthalten ist eine einzige Regulierungsbehörde für Telekommunikation und auch die Differenzierung von Internetprodukten ist nicht verboten worden. Gerade darin sehen Kritiker wie die Bürgerrechtsorganisationen European Digital Rights (EDRi) und die Digitale Gesellschaft eine Abschaffung der Netzneutralität und eine Schaffung des Zweiklassen-Netzes. Auch das Verbot der Roaming-Gebühren traf auf Widerstand. Der Branchenverband BITKOM mahnte, die Verbraucher würden letztendlich höhere Gebühren tragen müssen, da die Preise für Inlandstelefonate und mobile Internetnutzung steigen würden. Die Netzbetreiber müssen die anstehenden Investitionen in den Netzausbau bezahlen können, argumentierte BITKOM-Chef Rohleder. Sogar einige EU-Kommissare haben bereits Bedenken an den Plänen geäußert. Der Gesetzentwurf, der auf dem 10-Punkte-Plan von Neelie Kroes basiert, hat noch einen weiten Weg vor sich: Die 28 EU-Mitgliedstaaten müssen sich damit befassen und das Europäische Parlament muss zustimmen.

Stimmen zu dem Thema

José Manuel Barroso Präsident der Europäischen Kommission

Weitere deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einem europäischen Telekommunikationsbinnenmarkt sind dringend notwendig – für die strategischen Interessen Europas, den wirtschaftlichen Aufschwung, für den Telekommunikationssektor selbst und für die Bürgerinnen und Bürger, die über eingeschränkte und unfaire Internetzugänge wie Internet und Mobilfunkdienste frustriert sind.

(EU, 11.09.2013)

 

Neelie Kroes Vizepräsidentin der EU-Kommission

Das heute vorgeschlagene Gesetzespaket birgt großartige Neuigkeiten für die Zukunft des Mobilfunks und des Internets in Europa. Die Europäische Kommission sagt nein zu Roamingaufschlägen, ja zur Netzneutralität, ja zu Investitionen und ja zu neuen Arbeitsplätzen. Bei den Vorschriften für den Telekommunikationssektor geht es nicht mehr nur um diesen einen Sektor, sondern um die Untermauerung einer tragfähigen Entwicklung aller Branchen.

(EU, 11.09.2013)

 

Bernhard Rohleder BITKOM-Hauptgeschäftsführer

Eine Abschaffung der Roaming-Gebühren würde das komplette Preisgefüge in der Mobilkommunikation ins Rutschen bringen. Leidtragende werden die einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen sein, die wenig reisen und derzeit von den niedrigen Gebühren für Inlandsgespräche am stärksten profitieren.

(BITKOM, 10.09.2013)

 

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital und ist Teil der aktuellen Ausgabe zur Netzpolitik. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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