EU-Digital: Konservative und sozialdemokratische Digitalpolitiker

Foto: CC0 1.0, Pixabay / GregMontani / Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 20.08.2019

Die Europawahl Ende Mai hat die Machtverhältnisse im Europäischen Parlament verschoben. Die Fraktionen der Konservativen (EVP) und Sozialdemokraten (S&D) stellen zusammen keine Mehrheit mehr. Die Bedeutung der übrigen Fraktionen, wie der Europäischen Grünen und Liberalen – jetzt Renew Europe – für die Mehrheitsbildung hat damit stark zugenommen.

Aber wer sind die digitalpolitischen Köpfe im neuen Parlament? Wir werfen in einem ersten Schritt einen Blick auf die deutschen Parlamentarier von S&D und EVP. Dabei sticht die Kontinuität ins Auge.

Tiemo Wölken (SPD) – Frischzellenkur für die Sozialdemokraten

Tiemo Wölken ist 2016 als Nachrücker ins Europäische Parlament eingezogen. Seitdem gilt er parteiintern als digitaler Hoffnungsträger. In der Debatte zum EU-Urheberrecht bezog der Europaabgeordnete einen klaren Standpunkt und stellte sich kategorisch gegen die Reform. Als Youtuber kennt sich Wölken auf diesem Gebiet aus. Auf seinem Youtube-Kanal postet der 33-jährige wöchentliche Updates aus dem politischen Treiben in Brüssel. Mit seiner letzten Videobotschaft verkündete Wölken, dass er als Koordinator der S&D Fraktion in den Rechtsausschuss gewählt wurde:

„Ich bin jetzt rechtspolitischer Sprecher der S&D Fraktion.“

Wie er Netzpolitik.org mitteilte, will er sich in der nächsten Legislaturperiode ans Eingemachte machen und sich für eine „digitalere Europäische Union“ einsetzen. „Es ist für mich essenziell, dass die ePrivacy-Verordnung endlich kommt, bestehende Datenmonopole aufgebrochen und neue verhindert werden, dass das Wettbewerbsrecht angepasst wird und Digitalkonzerne endlich ihren gerechten Steueranteil bezahlen“, unterstreicht Wölken.

Birgit Sippel (SPD) – Kommt jetzt die ePrivacy- & eEvidence-Verordnung?

Birgit Sippel (59) sitzt bereits seit 2009 im EU-Parlament. Auf der Agenda der erfahrenen Europapolitikerin stehen für die neue Legislaturperiode zwei zentrale Vorhaben: Nach jahrelangen Verhandlungen soll Sippel das ePrivacy-Datenschutzgesetz unter Dach und Fach bringen. Damit soll das Tracking von Nutzern im Internet verhindert werden. Zugleich spielt Sippel bei der geplanten eEvidence-Verordnung eine wichtige Rolle.

Federführend verfasste sie die Position des Parlaments zu diesem Vorschlag und verhandelte anschließend mit Rat und Kommission über den endgültigen Gesetzestext. Die geplante Verordnung soll eine EU-weite Herausgabe von „elektronischen Beweismitteln“ erleichtern und somit Strafverfolgungsbehörden unterstützen. Zuletzt kritisierte Sippel diese Maßnahme. Bei all den digitalen Möglichkeiten sei es oberste Priorität die „Grundrechte zu sichern“ und nicht die „gegenseitige Kontrolle von Behörden“ auszuhebeln, sagte sie dem Onlinemagazin Netzpolitik.org.

Katarina Barley (SPD) – Die Vizepräsidentin

Die Sommerpause dürfte die ehemalige Bundesjustizministerin Katarina Barley für ihren Wohnortwechsel von Berlin nach Brüssel nutzen. Danach geht es im EU-Parlament aber gleich an verantwortlicher Stelle los – denn Barley wurde zur einer der 14 Vizepräsidenten gewählt. Wie intensiv sie sich dann mit der Digitalpolitik beschäftigen wird, bleibt noch abzuwarten. Ihr Engagement in den vergangenen Jahren spricht aber eher dafür, dass sie dem Politikfeld treu bleibt.

Pressefoto: SPD/Susie Knoll

Als Justizministerin wollte sie die Macht der digitalen Großkonzerne wie Facebook und Amazon begrenzen und sie zur Herausgabe ihrer Daten zwingen. „Es geht darum, Monopole wie das von Facebook zu brechen“, erklärte Barley. Sie zog aber auch schon kritische Stimmen auf sich: beispielsweise als sie im Bundeskabinett für die EU-Urheberrechtsreform stimmte oder als ihr Ministerium zwischenzeitlich die Verhandlungen für eine Richtlinie zur Stärkung des Schutzes von Whistleblowern blockierte.

Axel Voss (CDU) – „Abgeordneter des Jahres“

Der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss wird im Netz schonmal ironisch als „Mann der Jugend“ bezeichnet – was auf sein Engagement im Kontext der Reform des EU-Urheberrechts zurückzuführen ist. Der 56-Jährige war federführender Berichterstatter bei der EU-Urheberrechtsreform und damit auch ein Auslöser von Demonstrationen und der Kampagne „#NiewiederCDU“. Doch nun kann Voss sich mit einem weiteren Titel schmücken. Der angeblich „meistgehasste Mann des Internets“ ist „Abgeordneter des Jahres„.

Diese Auszeichnung erhielt der CDU-Politiker von einem Brüsseler Fachmagazin, von dem er in der Kategorie „Binnenmarkt“ ausgezeichnet worden war. In der Begründung zur Ehrung für Voss heißt es, er habe die Debatte um die digitale Landschaft Europas, insbesondere bei der Datenschutz-Grundverordnung sowie bei der EU-Urheberrechtsreform, seit seinem Beitritt zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 aktiv mitgestaltet. Ebenso habe er bei der EU-Urheberrechtsreform auf einen Ausgleich der unterschiedlichen öffentlichen Interessen geachtet, „indem eine durchdachte Strategie zur Bewältigung der dringend erforderlichen Reform des Urheberrechts umgesetzt wurde.

Angelika Niebler (CSU) – 10 Jahre Kampf gegen Roaming

In den letzten Wochen sah man die Europaabgeordnete Angelika Niebler oft an der Seite des EVP-Spitzenkandidaten und Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber. Als Nummer 2 auf der CSU-Liste für das Europaparlament war sie mit dem Spitzenkandidaten häufig im Wahlkampf unterwegs. Seit 2006 hatte sich Niebler für die Abschaffung der Roaming-Gebühren auf europäischer Ebene eingesetzt. Im Juni 2017 war es dann geschafft: Kostenloses Roaming in der gesamten EU.

Zuletzt hatte die Europapolitikerin aus Vaterstetten bei dem Cybersecurity Act mitgewirkt und für die Zertifizierung smarter Geräte gestimmt. Demnach soll es künftig Zertifikate für vernetzte Kühlschränke, selbstfahrende Autos oder intelligente Kamerasysteme geben. Obwohl sich Niebler für eine verpflichtende Zertifizierung aussprach, soll es vorerst aber nur eine freiwillige Klassifizierung geben. Für Niebler ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen.

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