Entgelte für Mobilfunkterminierung festgelegt – Entgeltmaßstab zwischen EU und Bundesnetzagentur umstritten

Veröffentlicht am 16.11.2012

Die Bundesnetzagentur hat heute die Entgelte für die Terminierung von Anrufen in Mobilfunknetze festgelegt. Im Zeitraum vom 1.12.2012 bis zum 30.11.2013 dürfen die vier Mobilfunknetzbetreiber jeweils nur noch 1,85 Cent / Minute in Rechnung stellen. Zwischen dem 1.12.2013 und dem 30.11.2014 sollen die Mobilfunkterminierungsentgelte dann auf 1,79 Cent / Minute weiter sinken. Damit liegen die festgelegten Entgelte sehr deutlich unter den Anträgen der Mobilfunknetzbetreiber, die für den Zeitraum ab 1.12.2012 Entgelte zwischen 4,47 und 10,65 Cent / Minute beantragt hatten.

Die heute festgelegten Entgelte stehen noch unter Vorbehalt. Denn die Terminierungsentgelte werden noch bei der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegt, die eine andere Berechnungsmethode bevorzugt.

Mobilfunkterminierungsentgelte

Einigkeit zwischen der Bundesnetzagentur und der EU besteht darin, ab dem 1.12.2012 symmetrische Mobilfunkterminierungsentgelte auf Basis eines Bottom-up Kostenmodells festzulegen. Symmetrische Entgelte bedeuten: Alle Mobilfunknetzbetreiber sollen das gleiche Entgelt für Anrufe bekommen, die in ihre Netze übergeben (terminiert) werden. Allerdings sieht die deutsche Bundesnetzagentur einen anderen Entgeltmaßstab vor, anhand dessen die Entgelte berechnet werden sollen.

Der deutsche Regulierer hält nämlich an dem in der Regulierungspraxis bewährten KeL-Maßstab (Kosten effizienter Leistungsbereitstellung) fest, während die Kommission ihren neuen pureLRIC-Maßstab (LRIC = Long Run Incremental Costs) favorisiert.

EU-Maßstab rechtlich und ökonomisch zweifelhaft

Der EU-Ansatz pureLRIC hätte jedoch zwei Nachteile. Zum einen bestehen rechtliche Zweifel, ob die europäische Vorstellung mit dem deutschen Telekommunikationsgesetz vereinbar ist. Zweitens wären deutliche ökonomische Nachteile zu erwarten, die dem mobilen Breitbandausbau schaden könnten, wie auch das Centrum für Europäische Politik feststellt. Im Gegensatz zum KeL-Maßstab basiert der pureLRIC-Ansatz der Kommission nämlich auf dem Prinzip der „vermeidbaren Kosten“: Dabei sollen nur die Kosten berücksichtigt werden, die keiner anderen Leistung zugeordnet werden können. Dies hat zu Folge, dass Gemeinkosten unberücksichtigt bleiben. Gemeinkosten machen aber in investitionsintensiven Netzindustrien rund die Hälfte der Gesamtkosten aus. Die Anwendung des pureLRIC-Maßstabs bei der Mobilfunkterminierung würde somit per Definition zur Kostenunterdeckung bei den regulierten Unternehmen führen, die Unternehmen erhielten demnach geringere Einnahmen als die tatsächlichen entstehenden Kosten.

Politische Rückendeckung für ökonomisch vernünftige Terminierungsentgelte

Die heutigen Entgeltentscheidungen werden nun einer eingehenden Analyse bedürfen.

Sie bedeuten nämlich, dass die bis zum 30.11.2012 geltenden Entgelte von 3,36 bis 3,39 Cent / Minute zum 1.12.2012 von einem Tag auf den nächsten um bis zu 47% sinken werden.

Aufgrund dieser sehr deutlichen Absenkung ist unklar, inwiefern sich die unterschiedlichen Auffassungen von Bundesnetzagentur und EU-Kommission zur richtigen Berechnungsmethode bei der Entgeltfestsetzung tatsächlich ausgewirkt haben.

Bereits heute lässt sich jedoch sagen, dass der PureLRIC-Maßstab der EU-Kommission bereits per Definition dazu führt, dass den Unternehmen – ohne erkennbaren Nutzen für Wettbewerb oder Verbraucher – dringend für den mobilen Breitbandausbau benötigte Finanzmittel entzogen werden.

Ein Bekenntnis zum  KeL-Maßstab verdient gegenüber der EU daher – auch seitens der Bundesregierung – Rückendeckung, wenn die unterschiedlichen Auffassungen zwischen Bundesnetzagentur und EU-Kommission demnächst im Rahmen der Notifizierung der Entgeltentscheidung diskutiert werden.

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