Elektronisches Geld: Ist die Zukunft bargeldlos?

Wird das Bargeld verschwinden?; Foto: Harald Geywitz
Veröffentlicht am 26.07.2017

Einfach die Hand an das Smartphone der Bedienung halten, die Zahlung bestätigen und der Kaffee ist bezahlt. So kann man in Schweden schon heute mit RFID-Chip unter der Haut bezahlen. Barabhebungen und -zahlungen werden in dem skandinavischen Land dagegen immer schwieriger. Ein paar tausend Kilometer weiter wurde das Bargeld sogar schon weitgehend abgeschafft. Der indische Premierminister Narendra Modi hatte im vergangenen Jahr die wichtigsten Banknoten für ungültig erklärt, um die Korruption einzudämmen. Und die Entwicklung zu einer bargeldlosen Gesellschaft hat weitere prominente Befürworter: Wirtschaftsweise Peter Bofinger beispielsweise oder Ex-IWF-Chef Kenneth Rogoff machen sich dafür stark und auch Zentralbanken, Notenbanken, Kreditinstitute oder Geheimdienste weltweit liebäugeln mit dieser Idee.

Bitcoin statt Schein?
Wird das Bargeld verschwinden?; Foto: Harald Geywitz
Denn mit der Abschaffung von Bargeld hätten Banken Zugriff auf mehr Kapital. Besonders in Krisensituation käme ihnen dies zu Gute, denn Bürger könnten dann nicht einfach den Bankautomaten nutzen, um ihr Geld zu retten, wie es in Griechenland während des Finanzcrashs der Fall war. Der Staat oder die EZB könnten Strafzinsen einführen, die direkt an die Endkunden weitergegeben würden, denn die haben dann keine Möglichkeit sich mit Geldabhebung zu wehren. Häufige Argumente für die Abschaffung des Bargelds sind außerdem die Eindämmung der Kriminalität, der Schutz vor Falschgeld und die Erschwerung der Terrorismusfinanzierung. Kritiker halten allerdings dagegen, dass Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung schon längst bargeldlos über Scheinfirmen funktioniert und auch Steuerhinterziehung weitgehend elektronisch abläuft. Außerdem ist auch E-Geld nicht vor Diebstahl sicher, Hackerangriffe und Kreditkartenbetrug sind dort längst Alltag.

Schrittweise Bargeldlos?

Kritiker befürchten außerdem, dass bargeldlose Zahlungsverkehr zu vermehrter staatlicher Kontrolle, Bevormundung von Banken und Lenkung von Konsumverhalten führen könnte. Auch Datenschutz ist ein wichtiges Thema in Deutschland, denn elektronische Zahlungen können – anders als Bargeld – nachverfolgt werden. Außerdem würde eine bargeldlose Gesellschaft arme Bevölkerungsgruppen ausschließen, die keinen Zugang zu elektronischen Zahlungsmitteln haben. Die wichtigsten Gründe für Bargeld sind in Deutschland aber persönlicher Natur. Laut einer GfK-Studie aus dem Jahr 2016 überwiegen die Argumente, Ausgaben besser zu Überblicken und sich „wohl mit Bargeld“ zu fühlen. Zwei Drittel der Befragten sind gegen eine Abschaffung von Bargeld.

Den emotionalen Wert von Bargeld thematisiert auch IWF-Ökonom Alexei Kireyev. In seinem Diskussionspapier „The Macroeconomics of De-Cashing” macht er Vorschläge, wie das Ziel „in kleinen Schritten“ zu erreichen sei. Er empfiehlt, die Abschaffung von Cash über einen längeren Zeitraum und möglichst durch die Privatwirtschaft voranzubringen. Politische Schritte könnten seiner Ansicht nach sein, große Scheine nach und nach aus dem Verkehr zu ziehen sowie Obergrenzen auf Barzahlung einzuführen. Außerdem könnten Anreize für elektronische Zahlung geschaffen und digitale Bezahlsysteme gestärkt werden.

In Europa sind einige dieser Methoden bereits eingeführt. Im Mai dieses Jahres beschloss Italien die Abschaffung von ein- und zwei Cent Münzen bis 2018 und die EZB hat schon im vergangenen Jahr die Abschaffung des 500 Euro Scheins ab 2018 besiegelt. Ende Juni führte auch Deutschland eine Obergrenze von 10.000 Euro für Bargeldzahlungen ein und setzt damit eine entsprechende EU-Richtlinie um. Kunden können trotzdem ihr neues Elektroauto in Cash zahlen, müssen sich dann aber ausweisen. Und auch andere EU-Länder haben bereits Obergrenzen: In Frankreich und Portugal liegt sie bei 1.000 Euro für Firmen, in Spanien bei 2.500 Euro für Privatpersonen und in Polen ist die Zahlung bis 15.000 Euro in bar erlaubt.

Vielfalt an Zahlungsmöglichkeiten

Bundesbank-Chef Jens Weidmann betont aber, dass Maßnahmen wie die Abschaffung des 500-Euro-Scheins oder die Einführung der Obergrenze kein Schritt in Richtung Bargeld-Abschaffung sind. Und auch die Deutsche Bank sprach sich Anfang Januar in einer umfangreichen Studie deutlich für Bargeld aus. Eine Bargeld-Abschaffung „könnte zu einem Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in den Euro und in das gesamte Finanzsystem“ führen, heißt es in der Studie.

So sieht es auch der deutsche Bankenverband. Gleichzeitig setzte er sich für einen leichteren und sicheren elektronischen Zahlungsverkehr ein. In der Studie „Digitales Bezahlen 2020“ vom Februar kritisiert der Bankenverband die eingeschränkten Möglichkeiten an Bezahlverfahren in Europa. „Ziel muss es sein, dass Verbraucher über nationale Grenzen hinweg europaweit einheitliche mobile Bezahlverfahren nutzen können“, sagt Michael Mandel, Vorsitzender des Ausschusses für Privat- und Geschäftskunden des Bankenverbandes.

Hier gehört noch das Bargeld für das Deutsche Kinderhilfswerk hinein; Foto: Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Denn – bei aller Liebe zum Bargeld – steigt auch in Deutschland die Nutzung von EC- und Kreditkarten im Handel. Zahlen mit Bitcoin wird alltäglicher und immer mehr Kryptowährungen entstehen. Innovationen der FinTechs in Bereichen der Zahlung per Smartphone oder Peer-to-Peer (P2P) Payment machen die Möglichkeiten der Zahlung vielfältiger und dringen in alle Gesellschaftsbereiche vor. Viele Kirchen bieten eine digitale Kollekte per Karte an und auch Spenden ist mittlerweile in vielfältiger elektronischer Art möglich. Das Deutsche Kinderhilfswerk sammelt nicht nur die Münzen und Scheine in ihrer berühmten sechseckigen Spendendose in Läden, sondern ermöglicht auch die Online-Spende per Kreditkarte oder Paypal.

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