eGovernment Monitor 2016: Datenschutz-Bedenken der Nutzer gehen deutlich zurück

Veröffentlicht am 10.10.2016

Der eGovernment Monitor 2016 zeigt, dass eine wichtige Hürde beim Nutzen von Verwaltungsangeboten im Netz deutlich kleiner geworden ist: In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind im vergangenen Jahr die Bedenken der Befragten in Sachen Datenschutz stark zurückgegangen. 34 Prozent gaben in diesem Jahr in Deutschland an, mangelnde Datensicherheit oder Datenschutz seien für sie persönlich eine Barriere, die gegen eine intensivere Nutzung von Online-Behördendiensten spricht. Das ist ein Rückgang von 15 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Den eGovernment Monitor 2016 stellten die Initiative D21 und das Institute for Public Management an der TU München (Ipima) am 23. September in Berlin vor. Kernstück des Monitors sind repräsentative Umfragen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Akzeptanz von Online-Angeboten der Verwaltung.

Zur eGovernment-Nutzung in Deutschland insgesamt schreiben die Autoren, dass „weiterhin nur wenige Menschen das Angebot der digitalen Verwaltung nutzen“. 45 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten E-Government-Angebote genutzt zu haben. Das waren etwas mehr als im Vorjahr (2015: 39 Prozent), aber 2012 lag der Anteil auch bereits bei 45 Prozent. Die Nachbarländer kommen in der aktuellen Studie auf deutlich höhere Werte: In Österreich waren es 74 Prozent, in der Schweiz 65 Prozent. Die Nutzer in allen drei Ländern erledigen allerdings mit durchschnittlich drei Mal pro Jahr etwa gleich oft Behörden­angelegenheiten im Netz.

Die deutschen Onliner, die Internet-Angebote von Behörden kennen, waren mehrheitlich zufrieden: 62 Prozent zeigten sich mit den Online-Angebote ihrer Kommunen äußerst zu­frieden oder zufrieden, unzufrieden waren neun Prozent. In Österreich und der Schweiz fällt die Zufriedenheit mit 73 bzw. 75 Prozent höher aus.

„Für die Entwicklung des deutschen E-Government sind die die niedrigen Zufriedenheitswerte äußerst ungünstig, da es – wie die Marketingpraxis zeigt – maßgeblich die Zufriedenheit ist, die zu erneuter Nutzung sowie Weiterempfehlung führt“

bewertet der eGovernment-Monitor die Zahlen.

BMI-Klaus Vitt kündigte an, dass der Zugang zu den eGovernment-Angeboten deutlich attraktiver und einfacher gestaltet werden soll. Daran werde zusammen mit den Bundesländern gearbeitet: „Wir überlegen sehr konkret in Zusammenarbeit mit den Ländern, die föderale Struktur über einen Portalverbund abzubilden. Diese Verwaltungsportale sollen nach Lebenslagen strukturiert sein, so dass es egal ist, über welches Portal der Nutzer einsteigt. Er wird so weitergeleitet, dass er immer zu der richtigen Stelle, vielleicht sogar in einem anderen Portal kommt.“ Dafür sei erforderlich, dass der Bürger sich nur einmal anmelde und auch dann, wenn er in ein anderes Portal gelange, dort gemäß seiner Berechtigung die Transaktion ausführen könne. Hoffnung auf eine schnelle Umsetzung machte Vitt aber nicht. Er kommentier­te die Ankündigung mit den Worten: „Da haben wir noch einiges vor uns.“

Bei zwei zentralen Bausteinen der eGovernment-Strategie der Bundesregierung zeigt die Umfrage, dass ihre Nutzung weit hinter den Erwartungen zurückbleibt: „Die Online-Ausweisfunktion des neuen Personalausweises sowie DE-Mail bleiben in Deutschland unbeliebt. Immer weniger Bürger und Bürgerinnen entscheiden sich für eine Freischaltung. Grund ist der unzureichende Nutzen“, heißt es in den zentralen Ergebnissen des Monitors.

Sechs Jahre nach Einführung des neuen Personalausweises (nPA) werden die Online-Funktionen nur von einem kleinen Teil der Bürger genutzt. Der Anteil derjenigen, die die eID-Funktion freischalten lassen, ist gegenüber 2015 zurückgegangen. Nur vier Prozent der Internetnutzer in Deutschland können demnach alle Funktionen des nPA vollständig nutzen. Dabei besitzt inzwischen immerhin fast jeder Zweite der befragten Onliner den neuen Personalausweis. Aber nur 28 Prozent der nPA-Besitzer haben die Online-Funktionen freischalten lassen. Davon hat etwa die Hälfte die eID-Funktion bereits genutzt. 33 Prozent der nPA-Besitzer verfügen selbst über das für die Nutzung erforderliche Lesegerät – das sind dann vier Prozent der Onliner insgesamt.

Die drei meistgenannten Gründe der Befragten, die die Online-Funktionen ihres nPA nicht aktiviert hatten, waren der unzureichende Nutzen (61 Prozent), die mangelnde Bekannt­heit vieler Online-Angebote (59 Prozent) und die Notwendigkeit, sich das Lesegerät anzuschaffen (59 Prozent). Offenbar sind auch nicht alle Behördenmitarbeiter, die mit dem nPA dienstlich zu tun haben, von der eID-Funktion überzeugt: 16 Prozent der Befragten gaben an, Behördenmitarbeiter hätten ihnen von der Freischaltung abgeraten.

Datenschutz-Default-Motiv-1500x984Das Bundesinnenministerium (BMI) arbeitet zur Zeit an einer Novellierung des Personalausweisgesetzes. Auf Anfrage des Tagesspiegel Politikmonitorings teilte das Bundesinnenministerium mit, dass der Referentenentwurf für eine Novellierung des Personalausweisgesetzes derzeit zwischen den Ressorts abgestimmt wird. Nach gegenwärtiger Planung soll der Entwurf im Oktober auf der Tagesordnung des Kabinetts stehen.

Bei der Vorstellung des eGovernment-Monitors erklärte Schirmherr Vitt, wie er die Nutzung der Online-Funktionen des nPA in der Gesetzesnovelle steigern möchte: „Die Grundüberlegungen sind, dass diese eID-Funktion immer freigeschaltet wird, wenn ein nPA neu ausgegeben wird und sie nicht mehr ausgeschaltet werden kann. Damit hätten wir die erste Hürde beseitigt – wenn wir das im Abstimmungsverfahren so durch bekommen.“ Auf die Frage, ob weiterhin spezielle Hardware für die Nutzung der eID-Funktionen nötig sein wird, antwortete Vitt: Die Frage, die wir uns stellen müssen ist: Brauche ich immer das höchste Sicherheitsniveau? Man könnte zum Beispiel drei Sicherheitsniveaus einführen und dann für mittleres Sicherheitsniveau vielleicht eine Möglichkeit zu schaffen, mit dem nPA benutzerfreundlicher die Identifikation und die Autorisierung vorzunehmen. Wir müssen den Kompromiss zwischen Benutzerfreundlichkeit und einem hohen Sicherheitsniveau finden.“

Wie beim nPA fällt auch die Bewertung von De-Mail in der Studie sehr zurückhaltend aus: „Die Erfolgsgeschichte der De- Mail bleibt weiter aus“, schreiben die Autoren. Acht Prozent der Befragten hatten bereits ein De-Mail-Konto, neun Prozent planten, sich eins einzurichten. Dagegen antworten 45 Prozent, sie hätten nicht die Absicht, ein De-Mail-Konto zu eröffnen, 35 Prozent kannten De-Mail nicht. Von den Befragten, die De-Mail kennen und kein Konto haben, antworteten 61 Prozent, das Angebot habe keinen wahrnehmbaren Mehrwert.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Sascha Klettke ist Chef vom Dienst und Analyst für Netzpolitik.

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