#DuSiehstMich: Kirchentag goes digital

Veröffentlicht am 24.05.2017

Hashtags, Programm-App und politische Gäste wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière – beim diesjährigen Evangelischen Kirchentag kommt fast ein bisschen re:publica-Feeling auf. Das Programm ist allerdings ein bisschen staatstragender als beim „Kirchentag der Netzgemeinde“. Zu der Großveranstaltung im Jahr des 500-jährigen Reformationsjubiläums, die am Himmelfahrt-Wochenende in Berlin, Wittenberg und anderen deutschen Städten stattfindet, kommt in diesem Jahr sogar Barack Obama. Natürlich nicht mehr als US-Präsident, sondern als Vertreter seiner neuen Stiftung, die auf ihrer Website als „living, working start-up for citizenship“ beschrieben wird. Mit Kanzlerin Angela Merkel sowie deutschen und amerikanischen Jugendlichen diskutiert der 44. US-Präsident am Donnerstag auf der Bühne am Brandenburger Tor über Demokratie und Verantwortung. Auf der thematischen Agenda des Evangelischen Kirchentags steht neben sozialer Verantwortung sowie Werte- und Klimawandel auch ganz klar: die Digitalisierung. Die Kirche will diese mitgestalten – und nutzen, um Themen wie den Glauben sichtbarer zu machen.

Digitaler Kirchentag

Nicht nur erinnert das Logo des Kirchentages – fünf Kreuze auf orangenem Hintergrund – tatsächlich ein bisschen an ein Hashtag, die Organisatoren setzen auch bewusst auf Social Media zur inhaltlichen Begleitung des Groß-Events. Im Rahmen einer Flashmob-Aktion zum diesjährigen Motto „Du siehst mich“ sollen die Besucher des Kirchentags einmal am Tag innehalten, eine Fernrohrgeste machen und Fotos, Videos, Gedanken zu dem, was sie sehen, in den sozialen Netzwerken posten. Eckart von Hirschhausen erklärt das Prinzip in einem Video. Das Hashtag #DuSiehstMich könnte dann zu den Trending Topics auf Twitter gehören – und somit auch die Aufmerksam von denen auf sich ziehen, die vielleicht nichts mit dem Kirchentag zu tun haben.

Die ökumenische Online-Redaktion aus 40 Journalistenschülern berichten von Donnerstag bis Sonntag von einigen der über über 2.500 Programmpunkte und bespielen die Social-Media-Kanäle des Kirchentags – außer Snapchat. Die Ausnahme für das bei der Jugend beliebte Netzwerk macht man aber nur, weil auch Instagram inzwischen eine Story-Funktion hat. Auch auf der Startseite der Kirchentags-Website findet sich dann die aktuelle Berichterstattung. Nützliche Updates zu Programmänderungen finden die Kirchentags-Gäste in der dazugehörigen App. Dort können sie sich auch ihr persönliches Programm zusammenstellen. Neben der inhaltlichen Begleitung haben die sozialen Netzwerke aber auch einen ganz praktischen Nutzen für den Kirchentag. Mit der BVG und der Berliner Polizei arbeitet man auf Twitter & Co. bei der „Besucherlenkung“ zusammen. Informationen zu Sperrungen und Störungen im öffentlichen Verkehr erhalten die erwarteten 150.000 Besucher dann direkt auf ihrem Smartphone.

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Quelle: 36. Deutscher Evangelischer Kirchentag

Digitale Gesellschaft

Neben gemeinsamen Gottesdiensten, Gebeten und Begegnungen sind gesellschaftlich relevante Themen ein Muss auf dem Kirchentag. Die Bundeskanzlerin „predigt“ schon seit einigen Jahren beim Kirchentag zum Thema Digitalisierung. In diesem Jahr diskutiert der Bundesinnenminister, der übrigens auch Verantwortung für die Sicherheit bei der Großveranstaltung trägt, mit unter anderem netzpolitik.org-Chefredakteur Markus Beckedahl das Thema (gefühlte) Wahrheit und die Diskussionskultur in den sozialen Netzwerken. Ob dabei wohl auch das Thema Überwachung in der digitalen Welt zur Sprache kommt? Das passende Hashtag – Du siehst mich! – gäbe es jedenfalls schon. Im Berliner Dom geht es am Donnerstagnachmittag mit unter anderem Wolfgang Huber, dem ehemaligen Bischof von Berlin, und Konstantin von Notz, Netzpolitiker der Grünen, um „Das Netz: unendliche Freiheit, gesteigerte Angst“. In Magdeburg, bei einem der „Kirchentage auf dem Weg“, um Big Data, Online-Identitäten und Arbeit 4.0.

Digitale Kirche

Doch die Kirche will nicht nur Halt in der digitalen Welt geben, sondern muss auch selbst bei der Digitalisierung mithalten können. Bei Programmpunkten wie #SmartChurch stellen die Digital-Pioniere der evangelischen Kirchen in Deutschland ihre Projekte vor, zum Beispiel den „Godspot“. Vor gut einem Jahr überraschte die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg mit ihrer Ankündigung, zukünftig freies WLAN an Kirchen und anderen Gebäuden der Landeskirche in der ganzen Hauptstadt zur Verfügung stellen zu wollen. Inzwischen wollen auch andere Landeskirchen das WLAN-Konzept umsetzen. Auch das gemeinsame Beten geht inzwischen auf Twitter per Hashtag. Die Diskussion auf dem Kirchentag soll andere in der Kirche dazu inspirieren, selbst ein bisschen digitaler zu werden, erklärt Ingo Dachwitz von netzpolitik.org, der die Veranstaltung moderiert.

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