Digitalreport 2021: Deutschland braucht einen „Zukunftsplan Digitalisierung“
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Die Corona-Krise hat uns deutlich vor Augen geführt, wo es gut und wo es schlecht läuft bei der Digitalisierung. Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft sehen Deutschland bei der Digitalisierung abgehängt – allerdings nicht chancenlos, wie aus dem Digitalreport 2021 hervorgeht. Was gilt es zu tun? Und welche Rolle spielt das Superwahljahr 2021?
Bürger:innen sowie Führungskräften aus Wirtschaft und Politik hat die Corona-Krise klar vor Augen geführt, wie es um die Digitalisierung in Teilen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bestellt ist. Die größten Herausforderungen sehen beide Gruppen im Bereich der Schulen, der Verwaltung, des Gesundheitswesens und der Wirtschaft beziehungsweise Arbeitswelt. Das geht aus dem neuen Digitalreport 2021 des European Center for Digital Competitiveness (ESCP) und des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor.
Aus Sicht von 92 Prozent der Ende 2020 befragten Führungskräfte hinkt Deutschland bei der Digitalisierung hinterher. Ein Jahr zuvor lag der Wert bei 89 Prozent. Gleichzeitig glauben 50 Prozent, dass das Land gute bis sehr gute Chancen hat, den digitalen Rückstand wieder aufzuholen – das sind zwei Prozent mehr als 2019. Daneben sind sich 86 Prozent der befragten Bürger:innen einig, dass die Digitalisierung einen wichtigen oder sehr wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, die Arbeits- und Produktionsprozesse sowie die Kommunikation in Wirtschaft und Gesellschaft in der Corona-Krise aufrecht zu erhalten.
Digitalen Strukturwandel fördern
Was folgt daraus? Die Forscher:innen vom ESCP und von Allensbach plädieren für einen „Zukunftsplan Digitalisierung“ mit drei Säulen, der den digitalen Strukturwandel in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft beschleunigen soll. Als Erstes fordern die Expert:innen „neue Chancen für die junge Generation“. Notwendig dafür seien insbesondere „massive Investitionen in digitale Bildung„. Um junge Talente anzulocken solle aber auch ein Start-up-Visa-Programm nach französischem Vorbild geschaffen werden. Die jungen Unternehmen selbst sollten zudem von einer großen Gründerinitiative bei ihrem Schritt vom deutschen auf den internationalen Markt unterstützt werden.
Als Zweites fordern die Expert:innen eine „exponentielle Transformation der Wirtschaft“. Die deutsche Wirtschaft müsse stärker als bisher auf Zukunftstechnologien und digitale Geschäftsmodelle setzen, schreiben sie und verweisen dabei vor allem auf den Mittelstand. Die europäische Politik müsse die Unternehmen mit einer neuen Wettbewerbspolitik dabei unterstützen. „Der Vergleichsrahmen für Entscheidungen müsse zukünftig der Weltmarkt und nicht der europäische Markt sein.“
Als Drittes drängen die Expert:innen dass der Staat zum digitalen Vorreiter wird. Dabei raten sie dazu, von anderen Ländern zu lernen. Südkorea mache beispielsweise vor, wie digitale Lernangebote erfolgreich aufgebaut werden können. Die österreichischen Nachbarn haben wiederum Erfahrungen mit einem digitalen Personalausweis auf dem Smartphone und planen auch den Führerschein zu digitalisieren. Estland sei wiederum Spitzenreiter bei Unternehmensgründungen – gerade mal 18 Minuten dauert der komplett digitalisierte Verwaltungsprozess.
Parteien können sich profilieren
Gerade in einem Wahljahr besonders ernüchternd ist jedoch, dass 59 Prozent der befragten Bürger:innen der Meinung sind, dass es keine Politiker:innen gibt, die sich „besonders für Digitalisierung“ einsetzen. Bei den im Bundestag vertretenen Parteien wird der CDU/CSU mit 23 Prozent noch die meiste Digitalkompetenz zugesprochen. Es folgen die Grünen mit acht Prozent und die SPD mit fünf Prozent. In Bezug auf die Bundesregierung sagen 83 Prozent, dass sie ein klares Digitalisierungskonzept vermissen. Diese Befunde können natürlich auch ein Stückweit das Resultat eines Kommunikationsproblems sein. Sie machen aber auch deutlich, dass eine Partei, die ein überzeugendes Digitalisierungsprogramm entwickelt, im Superwahl 2021 punkten könnte.