Digitalisierung: Der Mittelstand holt auf
Zögerlich tastet sich der deutsche Mittelstand an die Digitalisierung heran – und macht Fortschritte. Die Cloud liegt im Trend, neue Geschäfts- und Arbeitsmodelle entstehen und immer mehr Unternehmen suchen Unterstützung, um sich der digitalen Transformation zu stellen. Im Monitoring-Report Wirtschaft Digital 2017, der zum Digital-Gipfel veröffentlicht wurde, bescheinigt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) dem Mittelstand Fortschritte. Der Digitalisierungsgrad mittelständischer Unternehmen mit zehn bis 249 Beschäftigten ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr um zwei Punkte auf 52 Indexpunkte gestiegen, 19 Prozent der mittelgroßen Unternehmen ist sogar bereits „hoch“ digitalisiert. Einen kleinen Rückschritt gibt es aktuell bei den kleinen Unternehmen bis zu neun Beschäftigten. Hier sank der Digitalisierungsgrad von 55 auf 54 Indexpunkte.
Große Unterschiede gibt es auch zwischen den verschiedenen Branchen. Während die IKT-Branche mit 78 Indexpunkten weiterhin Vorreiter ist und auch die wissensintensiven Dienstleister, die Finanz- und Versicherungsdienstleister sowie der Handel bereits „überdurchschnittlich“ digitalisiert sind, weisen die Energie- und Wasserversorgung, der Maschinenbau sowie die chemisch-pharmazeutische Industrie noch immer einen „mittelmäßigen“ Digitalisierungsgrad auf. Dies gilt auch – auf einem etwas schlechteren Niveau – für den Fahrzeugbau, den Verkehr und die Logistik. „Niedrig“ digitalisiert bleibt der Gesundheitssektor, hier besteht der größte Nachholbedarf.
Der Mittelstand hat außerdem in der digitalen Vernetzung mit Geschäftskunden, Lieferanten und innerhalb der Produktion zugelegt. In einem Punkt stehen KMU sogar besser da als die großen Player.
„Kleinere Unternehmen, insbesondere aus dem Dienstleistungssektor, weisen eher eine digitale Vernetzung mit Privatkunden auf. Sie können beispielsweise relativ günstige Social-Media-Anwendungen für Marketingzwecke und das Einholen von Kundenfeedback nutzen”, schreiben die Autoren des Monitoring-Berichts.
Während 14 Prozent der großen Unternehmen mit Start-ups kooperieren, sind es bei den mittleren allerdings nur acht und bei den kleinen vier Prozent.
Hoffnungen in Kompetenzzentren
Die Bundesregierung hat in dieser Legislaturperiode eine Reihe von Initiativen und Fördermaßnahmen vorgelegt, die sich an den Mittelstand richten. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries hofft auf die eingerichteten Kompetenzzentren, um die Digitalisierung im Mittelstand voranzutreiben. Derzeit gibt es zehn bundesweit verteilte Mittelstand-4.0-Kompetenzzentren und eines für Digitales Handwerk, das sich speziell an Handwerksbetriebe richtet. KMUs können in den Zentren Beratungen und Unterstützung bei der Einführung von digitalen Anwendungen und Business-Lösungen erhalten – auch wenn es um IT-Sicherheit oder die ökonomische Bewertung von Digitalisierungsmaßnahmen geht. Zudem haben Unternehmen die Möglichkeit, unter professioneller Anleitung eigene technische Entwicklungen zu testen. Hinzu kommen vier Mittelstand-4.0-Agenturen, die zu den Themen Cloud Computing, Prozessoptimierung, Kommunikation und Handel beraten. Auch der von Unternehmen und Verbänden gegründete Verein Labs Network Industrie 4.0 (LNI4.0) unterstützt KMU in Testzentren bei der Entwicklung neuer IT-Prozesse.
Datensicherheit ist eine der größten Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen. Ein Viertel von ihnen sichert keine Daten – oder wenn, dann nur sehr unregelmäßig, heißt es im „Digitalpolitik“- Papier des BMAS, BMJV und BMWi. Hinzu kommthäufig ein geringer Schutz von Rechnern und Netzwerken. In der gesamten deutschen Wirtschaft verursachten Cyberangriffe vergangenes Jahr Schäden in Höhe von 51 Milliarden Euro. Hier soll die Initiative „IT-Sicherheit in der Wirtschaft“ des BMWi Abhilfe schaffen und KMU bei der Sicherung ihrer Informations- und Kommunikationssysteme unterstützen. Auch die Cloud soll bei der Datensicherheit helfen, da sich viele Unternehmen das notwendige IT-Personal nicht leisten können, ihre eigenen Server zu schützen. Mit der „Trusted Cloud Plattform“ können sich Unternehmen über Cloud-Dienste und Anbieter informieren, die vom BMWi zertifiziert sind.
Eine Unternehmensbefragung im Rahmen der Digital-Studie ergab, dass Firmen höchste Priorität auf den Breitbandausbau legten (86 Prozent). 81 Prozent der Unternehmen wünschen die Schaffung eines digitalisierungsfreundlichen rechtlichen Rahmens und 79 Prozent Open Science, also der kostenfreie Zugang zu neuem innovationsrelevanten Wissen, das mit öffentlichen Mitteln erarbeitet worden ist. Weitere Wünsche sind entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen, Beseitigung des Fachkräftemangels und finanzielle Förderung von unternehmensinternen Digitalisierungsvorhaben.