Digitaler Wettbewerb: Darum geht es im Digital Markets Act
Im Juli wurde ein lang avisiertes Gesetzespaket der Europäischen Union zur Regulierung des digitalen Raumes endlich beschlossen: der Digital Markets Act (DMA) und der Digital Services Act (DSA). Während der DSA vor allem strengere Regeln für digitale Dienste gegen die Verbreitung illegaler Inhalte vorsieht, steht beim DMA der faire Wettbewerb zwischen den Unternehmen der Digitalbranche im Mittelpunkt.
Der Digital Markets Act zielt darauf ab, die wirtschaftliche Macht der großen Tech-Firmen zu begrenzen, um den europäischen Wettbewerb zu stärken, Eintrittshürden in die Märkte zu verringern sowie die Sicherung der Medienvielfalt zu gewährleisten. Doch wer ist betroffen und welche Maßnahmen sollen für fairen Wettbewerb sorgen?
Die Gatekeeper
Eine Besonderheit des DMA ist die Hervorhebung bestimmter Unternehmen, die als Gatekeeper (Türsteher) definiert werden. Diese Gatekeeper sind besonders mächtige Plattformen, die vor allem durch ihre Größe eine Dominanzstellung in den digitalen Märkten erreicht haben beziehungsweise eine „starke wirtschaftliche Position mit erheblichen Auswirkungen auf den Binnenmarkt“, wie der EU-Gesetzgeber es formuliert.
Für den Status müssen die Unternehmen entweder mindestens 6,5 Milliarden Euro im Jahr umsetzen oder einen Kapitalwert von 65 Milliarden Euro registrieren. Zudem müssen sie, um als Gatekeeper behandelt zu werden, mehr als 45 Millionen monatliche Nutzer:innen und mehr als 10.000 gewerbliche Anbieter innerhalb der Europäischen Union vorweisen. Die Einstufung als Gatekeeper erfolgt durch die EU-Kommission mithilfe von Marktuntersuchungen.
Mehr Auswahl und Mitsprache für die User
Einmal als Gatekeeper identifiziert, bewirkt der Status fundamentale Nachteile für die Plattformen zugunsten der Nutzer:innen. Die EU legt dabei zuvorderst einen Fokus auf die sogenannte Interoperabilität, also die integrierte Nutzung verschiedener Dienste in einer Anwendung. So müssen große Messenger wie iMessage oder WhatsApp künftig dafür sorgen, dass User in diesen Apps auch Nachrichten und Dateien aus anderen Diensten erhalten können. Das zuvor angebotene Sicherheitsniveau einschließlich einer eventuellen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung muss dabei aufrechterhalten werden.
Weitere Regelungen betreffen zum Beispiel die personenbezogenen User-Daten, die nicht mehr für gezielte Werbung, sondern nur noch für die eigentlichen Zwecke der Anwendung genutzt werden dürfen – es sei denn, die Nutzer:innen stimmen ausdrücklich zu. Die An- und Abmeldung von den Diensten der Gatekeeper müssen gleichermaßen einfach möglich sein; Zahlungsmöglichkeiten dürfen nicht allein auf die eigenen Methoden der Unternehmen beschränkt werden.
Kleine und mittlere Unternehmen als große Nutznießer?
Und auch die gewerblichen Nutzer der großen Plattformen haben Vorteile. So dürfen Gatekeeper ihre eigenen Dienste nicht mehr uneingeschränkt bevorzugt anbieten oder besser bewerten als Konkurrenzprodukte. Vorinstallierte Software oder Apps der großen Anbieter, beispielsweise auf Computern oder Smartphones, müssen zukünftig problemlos deinstalliert werden können und der Zugriff auf Anwendungen und App-Stores von Dritten möglich sein. Außerdem sind große Plattformen bald verpflichtet, Auskunft über die gespeicherten Daten ihrer gewerblichen Nutzer zu erteilen.
Aufgrund dieser Beschränkungen, die vor allem die US-amerikanisch geprägte Big-Tech-Industrie und deren Praktiken betreffen, vermuten Expert:innen, dass insbesondere der deutsche Mittelstand profitieren könnte. Von den rund 10.000 Online-Plattformen in Europa werden nämlich rund 9.000 von kleinen und mittelständischen Betrieben unterhalten. Mithilfe des DMA könnte das Innovationspotenzial dieser Mehrheit entfesselt werden, indem die Dominanz der Großen beschränkt wird.
Durchsetzung mit finanziellen Sanktionen
Sollten die Gatekeeper-Plattformen nach Inkrafttreten des DMA gegen dessen Vorschriften verstoßen, sieht das Gesetz mehrere Sanktionsmöglichkeiten vor: So drohen vor allem Geldbußen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes des Unternehmens und im Wiederholungsfall von bis 20 Prozent. Es können aber auch Zwangsgelder von bis zu 5 Prozent des durchschnittlichen Tagesumsatzes verhängt werden.
Bei „systematischen Verstößen“ eines Gatekeepers – was mindestens drei Verstöße innerhalb von acht Jahren bedeutet – kann die EU-Kommission zudem eine Marktuntersuchung einleiten und anschließend zusätzliche, dem Verstoß angemessene Abhilfemaßnahmen anordnen. Diese können sogar bis zur auferlegten Veräußerung von Geschäftsbereichen des betroffenen Unternehmens reichen.
Inkraftteten
Nach der Verabschiedung des DMA durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat im Juli, ist das „Gesetz über digitale Märkte“ nun offiziell europäisches Recht, das ohne weitere Umsetzung in allen Mitgliedsstaaten Gültigkeit erlangt. Ein halbes Jahr danach, also Anfang 2023, tritt es in Kraft und die EU-Kommission hat dann 45 Tage Zeit, die als Gatekeeper eingestuften Unternehmen über ihren neuen Status zu unterrichten. Die betroffenen großen Player des digitalen Raums wie Google, Meta, Apple oder Microsoft werden sich aber sicherlich bereits vorher auf ihre veränderten Pflichten in der EU vorbereiten.
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