Digitale Demokratie: Neue Initiativen und Angebote

Foto: Pixabay User geralt | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 28.06.2024

Die Erfolge rechtspopulistischer Parteien haben in Deutschland in jüngster Zeit zu einer ganzen Reihe von Initiativen geführt, die sich für den Erhalt und die Stärkung der Demokratie einsetzen möchten, indem sie politisches Bewusstsein und Partizipation fördern. Hier stellen wir einige Projekte und Kampagnen vor, die sich auf unterschiedliche Weise – und teilweise schon seit längerem – für die Demokratie engagieren und dabei auch auf digitale Angebote setzen.

Im Vorfeld der jüngsten Europawahl gab es insbesondere Kampagnen und Initiativen, die dazu aufriefen, wählen zu gehen. Dazu gehörte etwa ein Wahlaufruf von wichtigen Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft oder eine Kampagne der Stiftung Zukunft Berlin, der Initiative Starke Demokratie! und des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg, die mit Reels und kurzen Interviews auf Instagram, TikTok und Youtube Jugendliche zur Europawahl informieren. Der Verein Support Democracy versammelte zudem „Gute Gründe, wählen zu gehen“ und bespielte damit ebenfalls seine Social-Media-Kanäle, um junge Menschen zu erreichen.

Screenshot: Support Democracy

Projekte gegen Desinformation

In den Wochen vor der Europawahl wurde von verschiedenen offiziellen Stellen vor Beeinflussungsversuchen durch Desinformation gewarnt. Angesichts der umfassenden Herausforderung durch Falschinformationen haben sich mittlerweile ebenfalls verschiedene Initiativen gegründet, die die demokratische Öffentlichkeit stärken, sie besser informieren und aufklären möchten. Zum Beispiel haben sich in der „Allianz für Nachrichtenkompetenz im digitalen Zeitalter“ diverse Medien-, Programm- und Bildungspartner aus Deutschland zusammengeschlossen, die mit dem Projekt #UseTheNews Nachrichtenkompetenz fördern und gegen Desinformation vorgehen wollen. Dazu bietet das Projekt jungen Medieninteressierten, Journalist:innen und Lehrkräften Informationsmaterial, eine Online-Community sowie offline-Veranstaltungen an.

Gegen den Missbrauch digitaler Medien für Desinformation, Hass und Hetze gibt es zudem eine gemeinsame Initiative der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG), des Bundesverbands der Kommunikatoren (BdKom) und der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA). Unter dem Motto „Kommunikation stärkt Demokratie“ möchte sie durch Informations-, Weiterbildungs- und Diskussionsveranstaltungen Kommunikationsprofis schulen, um Good-Practice-Beispiele zu verbreiten und manipulative Kommunikationspraktiken zu erkennen.

Austausch, Mitwirkung & Gamification

Auf internationaler Ebene z.B. haben die niederländische DROG Group und die Universität Cambridge das leicht zugängliche digitale Spiel Get Bad News entwickelt, das Gamification nutzt, um das Bewusstsein für Desinformation zu stärken. Auf der Projekt-Website schlüpfen die Spieler:innen ohne Umschweife in die Rolle von Verbreitern von Falschinformationen und lernen so die Mechanismen der Desinformation kennen.

Screenshot: Get Bad News

Einen anderen Ansatz, um das kritische Denken gegenüber Desinformation zu fördern, hat zuletzt die Amadeu Antonio Stiftung mit ihrer Prebunking- und Digital Streetwork-Initiative gewählt: Auf TikTok stellt sie Gegeninformationen bereit und sucht den direkten Austausch mit Jugendlichen, um deren Medienkompetenz zu stärken und aktiv gegen Falschinformationen auf der Plattform vorzugehen.

Ebenfalls um Austausch und vor allem Partizipation geht es bei Projekten wie „Diskutier mit mir“ und „Liquid Democracy“, die den digitalen Dialog fördern wollen. Während die „Diskutier mit mir“-App es Menschen ermöglicht, an Diskussionen zu aktuellen Themen teilzunehmen, betreibt „Liquid Democracy“ Plattformen wie meinBerlin und adhocracy+, die Bürger:innen die Mitgestaltung ihrer Stadt oder den Zugang zu Entscheidungsprozessen ermöglichen.

Grundgesetz und Grundrechte im Fokus

Demokratie-Angebote an einem Ort zentral sichtbar zu machen, ist hingegen das Ziel der digitalen Demokratie-Plattform, die vom Verein Artikel 1 initiiert wurde. Dort erhalten Interessierte schnell und einfach Angebote für demokratisches Engagement und Informationsveranstaltungen. Die fast 200 registrierten Organisationen finden darüber hinaus Dienstleistungen und Werkzeuge, um sich untereinander zu vernetzen und gemeinsam zu handeln.

Screenshot: Demokratie-Plattform

Einen Fokus auf die demokratische Teilhabe von Jugendlichen legt das Modellprojekt #future_fabric des ServiceBureau Jugendinformation, das bereits seit 2020 entsprechende digitale Angebote entwickelt, insbesondere Workshops, Fortbildungen und Fachtage.

Jüngere Menschen sind darüber hinaus oft die Zielgruppe des Gamification-Ansatzes, der auch für die Demokratiebildung genutzt wird. So hat das Bundesjustizministerium zum 75-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes vor kurzem das Browserspiel Unser Rechtsstaat veröffentlicht, dass die Grundrechte in einer digitalen Stadtansicht erlebbar macht und die Wirkung der Verfassung im Alltag verdeutlichen soll. Weitere Beispiele für den spielerischen Ansatz bei der Vermittlung demokratischer Werte sind Hidden Codes der Bildungsstätte Anne Frank zum Thema Radikalisierung im Netz oder JOIN THE COMFORTZONE über das Leben in einer Diktatur, das Ende 2024 erscheinen soll.

KI und Demokratie als neues Thema

Das brandaktuelle Thema Künstliche Intelligenz wird mittlerweile ebenfalls vermehrt mit Blick auf die Demokratie diskutiert. So haben Ende April verschiedene Organisationen und Initiativen die Allianz AI4Democracy gegründet, die KI gezielt für die Stärkung der Zivilgesellschaft und der Demokratie einsetzen möchte. Mit der Allianz soll eine Plattform entstehen, die sich mit der möglichen positiven Wirkung von KI für die Demokratie auseinandersetzt, wobei der Fokus zunächst auf den Bereichen Bildung und Impact der Technologie liegt.

Screenshot: AI4Democracy

Die Auswirkungen von KI auf globale Wahlprozesse untersucht hingegen die Anfang 2024 gestartete KI/Demokratie-Initiative der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), die öffentliche Debatten über die Risiken und Vorteile der Technologie fördern soll.

All diese Initiativen und Projekte zeigen, dass die momentane Herausforderung der Demokratie durch verschiedene Prozesse und Akteure nicht unbeantwortet bleibt – und dass digitale Medien und Plattformen genutzt werden können, um Demokratie zu stärken, Desinformation zu bekämpfen und die politische Teilhabe zu fördern. Dabei tragen kreative und interaktive Ansätze dazu bei, verschiedene Zielgruppen anzusprechen und das demokratische Bewusstsein allgemein zu schärfen

Hinweis:

Auch das BASECAMP lud unter dem Motto „Nach der Wahl ist vor der Wahl: Brauchen wir eine Gebrauchsanweisung für TikTok, Insta und Co, um unsere Demokratie zu stärken?“ gemeinsam mit dem Jugendengagement-Programm WAKE UP! zur Fish-Bowl-Diskussion mit Politiker:innen ein, um jungen Stimmen sowie den Themen, die sie am meisten bewegen in politischen und gesellschaftlichen Debatten mehr Raum zu geben.

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