Digitale Bildung: Strategien gemeinsam implementieren
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Vergangene Woche verständigten sich die Mitglieder des Koalitionsausschusses auf den Start einer „digitalen Bildungsoffensive“ im Zuge der Corona-Pandemie. 500 Millionen Euro sollen in die Ausstattung der Lehrkräfte fließen. Außerdem soll eine „bundesweite Bildungsplattform“ zur Vernetzung von Lehrinhalten eingerichtet werden. Im kürzlich veröffentlichten Bildungsmonitor 2020 kritisiert die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft indes Deutschlands digitale Bildungspolitik.
Im Koalitionsausschuss haben sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD am 25. August auf eine „digitale Bildungsoffensive“ verständigt. Mit den Mitteln des EU-Aufbauplans im Zuge der Corona-Pandemie sollen 500 Millionen Euro in die digitale Ausstattung von Lehrer*innen fließen. Außerdem soll eine „bundesweite Bildungsplattform“ entstehen, „die einen geschützten und qualitätsgesicherten Raum für hochwertige digitale Lehrinhalte, für die Durchführung von Unterricht und Konferenzen, für die Kommunikation sowie für Prüfungen und Prüfungsnachweise bilden soll“, wie es im Beschluss des Gremiums heißt.
Die Plattform soll auf offenen Standards basieren, bestehende Systeme vernetzen und nicht nur für Schulen, sondern auch für Erwachsenenbildung und Weiterbildung zur Verfügung stehen. Ebenso kündigten die Parteispitzen die Einrichtung von „Bildungskompetenzzentren“ an, mit denen „wissenschaftliche und praktische methodisch-didaktische Kompetenzen“ miteinander vernetzt und Schulen zugänglich gemacht werden sollen. Aufgrund der coronabedingten Schulschließungen beschloss der Koalitionsausschuss bereits im April, im Rahmen des DigitalPakts Schule zusätzliche 500 Millionen Euro für die Ausstattung von Schüler*innen mit digitalen Endgeräten bereitzustellen. Der Pakt habe sich insgesamt auch in Krisenzeiten bewährt und zeige langfristig Wirkung, schrieb das Bundesbildungsministerium (BMBF) vergangenen Freitag.
Digitale Infrastruktur mit Kompetenzen ergänzen
Der Branchenverband Bitkom begrüßte den Entschluss des Koalitionsausschusses vergangene Woche. „Mit 500 Millionen Euro kann viel erreicht werden“, so Bitkom-Präsident Achim Berg. „Wir empfehlen, die Investitionen in regelmäßigen Abständen, etwa im Drei-Jahres-Rhythmus, zu wiederholen.“ Inwieweit die digitale Ausstattung positive Effekte zeigt, hänge auch stark von den IT-Kompetenzen der Lehrkräfte ab. Dies zeigte auch eine von der Initiative D21 und der TU München in Auftrag gegebene Befragung von Eltern zum Homeschooling in Zeiten von Corona. „Wir brauchen bundesweite Standards, um sicherzustellen, dass Lehrkräfte über notwendige Digitalkompetenzen verfügen“, kommentierte der Präsident der Initiative D21, Hannes Schwaderer, die Ergebnisse.
Kritisch gegenüber Deutschlands digitaler Bildungspolitik insgesamt zeigte sich zuletzt die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in ihrem Bildungsmonitor 2020. „Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass das Bildungssystem in Deutschland, besonders im Bereich der digitalen Ausstattung, massive Defizite aufweist“, so INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr zur Veröffentlichung des Berichts am 14. August. In der seit 2004 jährlich erscheinenden Studie werden verschiedene Indikatoren in einem Punktesystem gemessen, auf Basis dessen die Bildungssysteme der Bundesländer miteinander verglichen werden.
Digitalisierungsstrategie auf Umgebung anpassen
Um regionalen oder temporären Schulschließungen in Zukunft vorzugreifen und möglicherweise entstandene Rückstände vor den Sommerferien aufzuholen, benötige es der Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie, heißt es im Bildungsmonitor. Dazu müsse zunächst die „Implementierungsumgebung“ analysiert werden – das heißt, auf welchem Stand sind die Schüler*innen? Im internationalen Vergleich der computer und informationsbezogenen Kompetenzen (ICILS) liege Deutschland im Mittelbereich. Unterschiede gebe es in Deutschland sowohl beim Vergleich von Schulformen, Geschlechtern als auch der sozialen Herkunft. Dies weise auf die Gefahren fehlender digitaler Strategien für die Bildungs- und Chancengerechtigkeit hin.
Zudem sei festzustellen, dass digitale Medien im internationalen Vergleich in Deutschlands Klassenzimmern seltener zum Einsatz kämen. Besonders schlecht sei die Ausstattung mit WLAN. Ebenso fehle es nach Ansicht der Lehrer*innen an ausreichenden und geeigneten Schulungsmaßnahmen. Mit Blick auf die Corona-Pandemie sei Deutschland insgesamt also schlecht vorbereitet gewesen, so die INSM. Dies zeige sich auch daran, dass während der Schulschließungen noch zu wenig über digitale Lern- und Arbeitsplattformen kommuniziert worden sei.
Digitalstrategien herunterbrechen und kommunizieren
Die Initiative empfiehlt, dass die Schulverwaltungen gemeinsam mit den Lehrer*innen die Digitalisierungsstrategien mit ausreichend zeitlichem Vorlauf auf die lokalen Bedingungen „herunterbrechen“. Es soll ein „gemeinsames Verständnis“ zum Einsatz digitaler Formate entstehen, welches klar zwischen Personal, Schüler*innen und Eltern kommuniziert werden muss. Gleichzeitig müsse den Lehrkräften ausreichend Raum zur Weiterbildung und Entwicklung von Konzepten gegeben werden. Digitales Lernen soll zudem Bestandteil der Ausbildung werden.
Die INSM plädiert weiter dafür, die Ausstattung von Schulen deutlich zu verbessern. WLAN und digitale Endgeräte müssten allen Beteiligten zur Verfügung stehen. Außerdem sollten zusätzlich 20.000 IT-Fachkräfte für Schulen in Deutschland eingestellt werden. Dazu müssten jährlich rund zwei Milliarden Euro bereitgestellt werden. Das Konjunkturpaket der Bundesregierung sei demnach zwar hilfreich, aber nur ein erster Schritt.