Digitale Bildung an Schulen: Programmieren leicht gemacht

Veröffentlicht am 20.10.2017
Foto: CC BY-ND 2.0 Flickr User Initiative D21. Bildname: themenabend_bildung_edchat_11. Ausschnitt bearbeitet

Zu wenig Informatiklehrer, eine veraltete Ausstattung und schwammig formulierte Rahmenlehrpläne: Während „Computing“ in Großbritannien seit 2014 bereits ab der Grundschule auf dem Lehrplan steht und in Estland Kinder schon seit fünf Jahren standardmäßig programmieren lernen, steckt der Informatikunterricht in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Nur Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern verpflichten ihre Schüler zum Fach Informatik. Die Zurückhaltung der anderen Bundesländer in diesem Punkt halten viele für unzeitgemäß. Auch Diana und Philipp Knodel sind überzeugt, dass Programmieren in die Schule gehört. Zusammen haben sie deshalb App Camps gegründet – das Start-up bietet Lehrmaterial zum Programmieren und zu digitalen Themen zum Download an.

Digitale Technik lernen

Anmelden, Material von der Website herunterladen, loslegen. Kostenlos und in wenigen Schritten lässt sich auf das Lehrmaterial zugreifen. Auf Lernkarten zum Ausdrucken oder durch Videos bekommen die Schüler Informationen, mit denen sie eigenständig arbeiten sollen. Dabei geht es z. B. darum, eigene Apps zu entwickeln, sich die Programmiersprache Scratch anzueignen, Webseiten mit HTML und CSS zu entwickeln oder die Grundlagen der Datenbanksprache SQL zu lernen. Zusätzlich wird vermittelt, was es mit Big Data, Datenspeicherung und Datenschutz auf sich hat. „Wer ein gutes Verständnis von Technologie hat und Anwendungen nicht nur nutzt, sondern auch versteht, wie diese entstehen, ist bestens für die digitale Zukunft gewappnet“, versprechen die Initiatoren von App Camps. Mehr als 2000 Pädagogen haben mittlerweile auf das Lehrangebot des Start-ups zugegriffen, das von der Körber-Stiftung und Google gefördert wird.

Auch für den Calliope mini bietet App Camps Unterrichtsmaterial an. Der Mini-Computer wurde von einem sechsköpfigen Team entwickelt, zu dem u.a. die Professorin für Mediengestaltung Franka Futterlieb, der Digital-Unternehmer Stephan Noller und der IT-Berater Maxim Loick gehören. Das Mikrocontrollerboard wurde vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und auf dem IT-Gipfel der Bundesregierung im vergangenen Herbst vorgestellt. Der sternförmige „Bastelcomputer“ ist mit Sensoren, Lämpchen, Bluetooth und weiteren Modulen ausgestattet und soll den Kindern einen spielerischen Umgang mit digitaler Technik ermöglichen. Bereits Kinder ab der dritten Klasse lernen mit Calliope, kleine Roboter zu bauen oder Nachrichten zu übertragen.

Nachholbedarf in Deutschland

Mit Blick auf die Maßnahmen zur Umsetzung digitaler Bildung ist die deutsche Bildungslandschaft durch Einzel- und Privatinitiativen wie App Camps und Calliope Mini geprägt.

Auch Telefónica Deutschland engagiert sich mit dem Jugendengagement-Programm Think Big seit vielen Jahren für die Vermittlung digitaler Kompetenzen an Kinder und Jugendliche und führte anlässlich der EU Code Week kürzlich Schüler in Workshops spielerisch an das Programmieren heran.

Eine flächendeckende Vermittlung computer- und informationsbezogener Kompetenzen für Schüler bleibt jedoch schwierig. Auch die internationale Vergleichsstudie ICILS hat gezeigt: Deutsche Schüler schneiden bei diesen Kompetenzen allenfalls mittelmäßig ab.

Dass es um die  digitale Bildung in Deutschland nicht gut bestellt ist, müsse sich laut der Internetbotschafterin der Bundesregierung und Mitgründerin von Calliope, Gesche Joost, ändern. Deshalb ist die Mission des Projekts,

„langfristig mehr digitale Inhalte an den Schulen zu vermitteln und dies in den Lehrplänen dauerhaft zu verankern“.

Auch in der „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, heißt es, dass die Bildungsverantwortlichen in Bund und Ländern vor der Aufgabe stehen, „flächendeckend zeitgemäßen Informatikunterricht zu realisieren“. Bis das wirklich umgesetzt ist, sind die Schüler in den meisten Bundesländern allerdings noch auf die Eigeninitiative der Lehrerinnen und Lehrer angewiesen.

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