Digitale Agenda 2016 der Parteien
Die Parteitagssaison erreicht dieser Tage ihren Höhepunkt. Am Donnerstag hat der SPD-Parteitag in Berlin begonnen. Am Montag startet die CDU in Karlsruhe die innerparteiliche Diskussion über die programmatische Ausrichtung auf dem Weg zur Bundestagswahl 2017. Bündnis 90/Die Grünen und die CSU haben bereits Ende November die Anträge der Basis und die Leitanträge der Führung beraten, während Die Linke antizyklisch im Frühjahr/Sommer tagt.
Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik
#Digitalleben steht zwar erst am Freitagabend um 20 Uhr auf der Agenda des SPD-Delegierten, aber die Vorarbeiten laufen schon seit über einem Jahr. Mit umfangreicher Bürgerbeteiligung wurde an der Initiative gearbeitet und deshalb sind die Erwartungen jetzt hoch. „Ziel war es, ein digitales Grundsatzprogramm zu formulieren – und zwar als Programm ohne Angst vor der Entwicklung, sondern mit eindeutigem Gestaltungsanspruch durch die Politik und als Brückenschlag über alle Politikfelder hinweg, eine digitale Programmatik der kommenden fünf bis zehn Jahre“, schreibt der netzpolitische Kopf der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Klingbeil.
Die SPD-nahen Think Tanks D64 und Progressives Zentrum werten den Antrag zu #digitalleben zwar als großen Schritt für die SPD, sehen darin allerdings nur den kleinsten gemeinsamen Nenner. Im Vorfeld des Parteitages haben sie deshalb das gemeinsame Papier „Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik – und muss gestaltet werden!” veröffentlicht. Der Policy Brief, der am 10. Dezember 2015 auf dem Abend der Berliner Republik zum SPD-Bundesparteitag vorgestellt wird, fordert die SPD auf, sich „von der Arbeitnehmerpartei zur Partei der Arbeitenden“ zu entwickeln und den Sozialstaat an die neuen Formen der Beschäftigung anzupassen.
Zukunft der Arbeit
Die Veränderung, die die Digitalisierung in die Arbeitswelt bringt, ist auch das Thema von Andrea Nahles. Auf dem Parteitag hält sie die Rede zum Leitantrag „Zukunft der Arbeit“. Darin setzt die SPD trotz aller Veränderung auf ihre klassischen Werte: „Ein gutes Einkommen, soziale Sicherheit, Gleichstellung, Partnerschaftlichkeit, Teilhabe und die Planbarkeit des eigenen Lebens“. Eine Arbeitsgruppe des Parteivorstandes zur „Zukunft der Arbeitswelt“ wird das Thema vorantreiben, um bis zur Bundestagswahl ein Gesamtkonzept zu entwickeln. Parallel arbeitet Nahles als Bundesarbeitsministerin an einem Weißbuch zur „Arbeiten 4.0“, das ebenfalls bis Ende 2016 fertig werden soll.
Das Zukunftsthema „Arbeit“ will der derzeitige Koalitionspartner CDU aber nicht alleine den Sozialdemokraten überlassen. Auf dem CDU-Parteitag steht ebenfalls ein Leitantrag zur „Arbeit der Zukunft – Zukunft der Arbeit“ auf der Tagesordnung. Um den Menschen die Sorge vor der Veränderung zu nehmen, plädiert auch die CDU für die Bewahrung von „hohen sozialen, arbeitsrechtlichen und tarifvertraglichen Standards“. Um die Bürger dennoch auf „dem Weg des Wandels“ mitzunehmen, schlägt die Union vor, begleitend zum Nationalen IT-Gipfel Bürgerformate ins Leben zu rufen. Dort könnten Entwicklungen vorgestellt und Austausch ermöglicht werden.
Bei Bündnis 90/Die Grünen ist das Thema Arbeit weniger mit der Digitalisierung als vielmehr mit der Frage der Selbstbestimmung verbunden. Und bei der CSU stellt sich diese Frage erst gar nicht. Ebenfalls kein Wort gab es von den Bayern zur Netzneutralität. Die Grünen streifen das Thema in ihrem Beschluss „Freier Funk für eine freie und offene Gesellschaft“ zumindest und stellen mit Blick auf die geforderte Kostensenkung bei freien WLANs klar: „Einen Deal, die Kosten zu senken, gleichzeitig aber die Netzneutralität zu verramschen, machen wir nicht mit!“ Die CDU hat dagegen einen kuriosen Kompromiss gefunden: Die Netzneutralität soll bleiben – bei ausreichender Netzkapazität dürfen jedoch Spezialdienste erbracht werden. Vielleicht kann der Parteitag klären, was „ausreichend“ in diesem Zusammenhang bedeuten könnte. Auch bei der SPD versucht man die Vokabeln Netzneutralität und Netzwerkmanagement in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Da das schwierig scheint, soll am Ende das „Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher“ zum Orientierungspunkt für die politische Entscheidung werden.