Digital Naturals: Warum diese Unterscheidung richtig ist
Jahrelang wurden die Begriffe Digital Natives bzw. Digital Residents verwendet. Nun werden sie durch die Achiever bzw. Digital Naturals ersetzt.
Seit nunmehr über zehn Jahren existiert der Begriff „Digital Native“. Er bezeichnet solche Menschen, die mit digitaler Kommunikation, also Internet, Smartphones und Social Networks, groß geworden sind. In Abgrenzung zu den Digital Natives gibt es die Digital Immigrants, die digitale Kommunikation im Erwachsenenalter lernen mussten. Das älteste Geburtsjahr, auf das die Bezeichnung Digital Native zutreffen sollte, ist 1980. Und auch wenn ich, der 1980 geboren wurde, mich nach dieser Klassifizierung Digital Native nennen darf, fand ich diese Unterscheidung nie besonders sinnvoll.
Digital Natives: Klassifizierung nach Geburtsjahr
Ich habe in den letzten fünf Jahren, seitdem ich mich das erste Mal mit Blogs, twitter und digitaler Kommunikation professionell beschäftigt habe, viele Menschen kennen gelernt, die älter (teilweise sogar deutlich) sind als ich und digitale Kommunikation nicht nur besser verstehen als ich sondern auch viel unkomplizierter anwenden können. Per Definition sind sie Digital Immigrants, gleichwohl ihr digitales Nutzungsverhalten natürlich und für sie selbst mittlerweile obligatorisch ist.
2010 hat Professor Peter Kruse auf der re:publica einen viel beachteten Vortrag gehalten, in dem er zwei andere Gattungen präsentierte: Die Digital Residents und die Digital Visitors. Nach seinem Verständnis sind Digital Residents solche Menschen, die ihren „privaten und beruflichen Alltag weitgehend auf das Web abstützen“. Digital Visitors hingegen sind Personen, die nur dann online gehen, wenn sie „schnell und aktuell praktische Informationen erhalten wollen“. Ihr Dasein basiert auf der „realen Welt“.
Das Digitale ist nicht Schwarz oder Weiß
Diese Definition war und ist in meinen Augen deutlich sinnvoller, unterscheidet sie schließlich nicht, wann jemand geboren wurde, sondern beurteilt sie den Menschen und seine Handlungen. Und trotzdem störte mich auch hier ein offensichtliches Problem. Das Entweder Oder. Entweder man ist das Eine oder das Andere. Was jedoch ist mit den Menschen, die sich und ihr Tun weder als Resident noch als Visitor verstehen? Oder anders: Leben wir tatsächlich in einer Welt, in der es nur Schwarz oder Weiß gibt?
Was ist mit den Menschen, die erst im Laufe der letzten Jahre gelernt haben, das Internet nicht nur im Zuge ihrer Arbeit im Büro zu verwenden? Die das mobile Internet durch praktikable Smartphones und günstige Internet-Flatrates (fast) mühelos kennen gelernt haben und es heute selbstverständlich nutzen? Was mit den Menschen, die Apps runterladen und sich trotzdem nicht facebook oder twitter interessieren? Die nicht jede technische Innovation als Erste ausprobieren und haben müssen?
Darum hat das BASE-Marketing in den letzten Monaten – gemeinsam mit den Agenturen Rheingold, thjnk sowie Initiative Media – im Rahmen einer Studie die Einstellung von Menschen gegenüber dem Digitalen untersucht und eine breitere Definition finden können.
Zuerst sind da die Achiever: Sie haben das unbedingte Verlangen, Innovationen als Erste zu entdecken und auszuprobieren.
Darüber hinaus gibt es die Digital Naturals: Sie nutzen ihr Smartphone ganz selbstverständlich. Technische Innovationen überlassen sie den Achievers, für sie kommt es auf den praktischen Mehrwert und durchaus auch auf den Spaß an, den sie mithilfe von Digitaler Kommunikation genießen.
Mitläufer haben zwar ein Smartphone, nutzen es aber nicht wirklich und vor allem nicht aus Überzeugung. Sie besitzen ein Smartphone, weil es „dazugehört“, sehen darin aber keinen Mehrwert für sich selbst.
Ignorants verschließen sich gegenüber Digitaler Kommunikation und Smartphones weitestgehend. Sie verstehen, dass die Gesellschaft und das Kommunikationsverhalten sich verändern, gleichwohl sehen sie für sich selbst noch keinen Nutzen bzw. haben sie noch keinen Zugang gefunden.
Und schließlich gibt es die Verweigerer, die nichts mit dem Internet und mobiler Kommunikation zu tun haben möchten.
Im Rahmen der Studie, bei der wir über 5.000 Menschen im Alter zwischen 14 und 69 Jahren befragt haben, haben wir festgestellt, dass 44 Prozent zur Gruppe der Digital Naturals gezählt werden können.
Seit mir die Ergebnisse der Studie vorliegen, versuche ich, meinen Freundes- und Bekanntenkreis entsprechend zu kategorisieren und habe festgestellt, dass mir die Einordnung deutlich leichter fällt, als es noch im Fall der Digital Natives vs. Digital Immigrants oder im Fall der Digital Residents vs. Digital Visitors gelang.
Ich selbst sehe mich als Achiever, weil ich viel zu neugierig bin, als dass ich Informationen aus dritter oder vierter Hand entgegen nehmen möchte.