Digital Health: Chancen für Wissenschaftler, Ärzte und Patienten
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Digitale Technologien auf Basis Künstlicher Intelligenz sind weltweit auch im Gesundheitsbereich zentrale Trends und eröffnen Chancen zur Verbesserung unserer Gesundheitsversorgung. Wir geben euch einen Überblick über potenzielle Anwendungsbereiche und stellen einige Beispiele aus Deutschlands Wirtschaft und Forschungslandschaft vor.
Krankheiten in Sekundenschnelle durch die Nutzung von Algorithmen diagnostizieren. Chirurgische Eingriffe mit Hilfe digitaler Brillen und Augmented Reality unterstützen. Wearables wie Smartwatches oder Fitnessarmbänder, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz personalisierte Gesundheits- und Wohlfühldienste unterstützen oder gezielte, mobile Gesundheitsanwendungen ermöglichen. All das sind Antworten auf eine Umfrage des US-amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes, in der Unternehmen auf der ganzen Welt nach den einflussreichsten digitalen Technologien der Gesundheitsbranche und deren Anwendungsmöglichkeiten gefragt wurden.
Die Digitalisierung bietet enormes Potenzial
In der Praxis existieren bereits spannende Technologien, beispielsweise bei der Früherkennung und Steuerung ansteckender Krankheiten. Das kanadische Unternehmen Bluedot hat hierzu einen speziellen KI-Algorithmus entwickelt, der selbständig relevante Informationen aus offiziellen Gesundheitswarnungen, regionalen Nachrichten in über 60 Sprachen sowie aus Foren und Blogs sammelt und daraus entsprechende Warnungen generiert. Wie erfolgreich dies funktioniert, konnten die Kanadier jüngst unter Beweis stellen. Während die WHO am 5. Januar erstmals öffentlich vor einer „Lungenentzündung mit unbekannter Ursache“ in China warnte, wies Blue Dot die Nutzer seiner Gesundheitsplattform schon 6 Tage zuvor auf die drohende Gefahr hin, die aktuelle als Coronavirus weltweit für Schlagzeilen sorgt.
Für globales Aufsehen sorgte letztes Jahr auch ein fernchirurgischer Eingriff mit Hilfe des neuen Mobilfunkstandards 5G auf der Mobilfunkmesse „Mobile World Congress“ – dies war weltweit die erste Telemedizin-Operation in Echtzeit. Der Einsatz von 5G eröffnet in der Telemedizin ganz neue Möglichkeiten, da selbst in schwer zugänglichen Regionen jeder Operationssaal in Echtzeit erreicht werden könnte.
Digitale Technologien können uns helfen, die Qualität unserer Gesundheitsversorgung zu verbessern. Der Zugang zu medizinischer Beratung sowie eine effizientere Versorgung werden durch orts- und zeitunabhängige Arzt-Konsultation über das Handy oder den Laptop erleichtert. Dies kann beispielsweise für ländliche Regionen ein interessanter Ansatz sein, um Versorgungslücken zu schließen. Im Alltag kann der Einsatz digitaler Technologien unsere Gesundheit unterstützen, indem vernetzte Geräte wie Wearables in Therapiemaßnahmen eingebunden werden oder das Tracking unserer Gesundheitsdaten unser Bewusstsein für die eigene Gesundheit sensibilisieren. Auch medizinisches Personal profitiert vom Einsatz von KI: Mit Hilfe von Algorithmen können beispielsweise Krankheiten präziser und früher erkannt werden. Die Einsatzmöglichkeiten und das Potenzial intelligenter Systeme im Gesundheitsbereich sind enorm. Doch wo befinden wir uns in Deutschland im Bereich solcher Anwendungen?
Was tut sich in Deutschland
Im Bereich der Diagnostik widmete sich das Fraunhofer Institut für digitale Medizin (MEVIS) mit dem Projekt „Automation in Medical Imaging“ (AMI) der Automatisierung der Bildauswertungen mit Hilfe von tiefem maschinellen Lernen (Deep Learning). Die Einsatzmöglichkeiten einer solchen KI sind vielfältig, beispielsweise können Auffälligkeiten bei radiologischen Aufnahmen wie Röntgenbildern oder den Ergebnissen von Kernspintomographien (MRT) effizient und automatisch erkannt werden. Was bisher eine zeitaufwendige Arbeit ist, die eine hohe Expertise erfordert, kann somit in kürzester Zeit erledigt werden. Diesen Ansatz verfolgt auch die Plattform Vera des Berliner Start-ups Merantix. Dabei handelt es sich um eine auf maschinellem Lernen basierende Web-Lösung für Radiologen zur automatisierten Auswertung von radiologische Aufnahmen der weiblichen Brust, sogenannter Mammographien. Unverdächtige Mammographien werden aussortiert und lediglich verdächtige Befunde zur Prüfung weitergleitet. Ziel ist, Brustkrebs besser und schneller zu erkennen und dann behandeln zu können.
Aber auch in der Pflege können digitale Technologien helfen. Hier setzt die Cloud-basierte Plattform AssistMe an, die Pflegebedarfe durch Sensorik automatisch erkennt und entsprechend an die Pflegekräfte meldet. Einen Forschungsschwerpunkt bildet in Deutschland vor allem sogenanntes Ambient Assisted Living (AAL). AAL umfasst Systeme und Technologien, die im privaten Wohnumfeld pflegebedürftiger Menschen installiert werden, um für mehr Sicherheit und Komfort im Alltag zu sorgen. Automatisierte Notfallerkennung, Assistenzsysteme zur Unterstützung im Alltag und eine Vernetzung mit Pflegekräften soll es pflegebedürftigen Menschen ermöglichen, so lange wie möglich ein selbstständiges Leben in ihrer gewohnten Umgebung zu führen.
Aber auch die Behandlung und Versorgung im Alltag, beispielsweise bei chronischen Krankheiten, kann durch die Digitalisierung profitieren. Ein Beispiel dafür ist die Plattform TeLIPro. Das Gesundheitsprogramm der AOK Rheinland/Hamburg unterstützt und begleitet Diabetiker*innen im Alltag. Mit Hilfe von vernetzten Geräten werden Blutzuckerwerte und Vitaldaten erfasst. Diese Gesundheitsdaten werden grafisch in einem Online-Portal dargestellt und beim Überschreiten definierter Werte versendet TeLIPro automatisch eine Meldung. Online-Coaches können zudem reagieren und Betroffenen Hilfestellungen bieten, um eine nachhaltige Lebensstilveränderung zu unterstützen. Auch im Bereich der mobilen Gesundheits-Apps finden sich praktische Anwendungen. Ada Health ist ein Beispiel für eine medizinische App auf Basis von KI und Big Data, die helfen soll, eingegebene Symptome zu bewerten und etwaige Ursachen zu ermitteln.