Die Vermessung der „Kernnutzerschaft“

Veröffentlicht am 03.12.2013

Während der Wandel der Mediennutzung oft unter dem Vorzeichen des Zeitungssterbens und der Gebührenordnung für das öffentliche-rechtliche Rundfunkprogramm diskutiert wird, haben sich die Forscher der Allensbacher Computer- und Technik-Analyse (ACTA) die Mühe gemacht, in mehreren Studien genauer hinzusehen und die Nutzergruppen zu betrachten. Für die etablierten Medien gibt es Entwarnung, denn bei politischen Informationen setzt die kleine, auf individuellen Bedarf ausgerichtete „Kernnutzerschaft“ weiter mehrheitlich auf politische TV-Sendungen und Tageszeitungen. Über den digitalen Kanal liegt die Erreichbarkeit dieser Zielgruppe immerhin noch bei 70 Prozent insgesamt, allerdings sind nur rund 40 Prozent regelmäßige Nutzer. Die politisch interessierte Nutzergruppe mit mobilen Geräten ist mit 18 Prozent deutlich vom Rest abgeschlagen und somit eher schwer erreichbar.

Die Forscher haben auch untersucht, wie sich die Nutzer im Netz bewegen und wie sie die Medien nutzen. Dabei zeigt sich, dass das „like“ zum Marketing-Tool geworden ist, denn Internetnutzer orientieren sich vermehrt an Bewertungen anderer Nutzer. Sie interessieren sich zudem für Preisvergleiche, Testberichte und Diskussionsforen im Netz. Generell wird die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit von Print und TV noch deutlich höher eingeschätzt als Onlineangebote, auch wenn es sich um die Online-Version eines Printmediums handelt. Interessieren sich Nutzer für das Wetter, Politik oder Sport, rufen sie meistens gezielt bestimmte Internetseiten auf, während sie für andere Themen wie Gesundheitstipps, Heimwerken und Restaurant- oder Hotelführer häufiger eine Suchmaschine nutzen.

Nachrichten sind bei Akademikern gefragt

Auch die Reichweite von Online-Medien hat sich nach Ergebnissen der ACTA verändert. Gegenüber 2012 konnte Facebook die eigene Reichweite am stärksten ausbauen, nämlich um rund 2,4 Millionen Nutzer pro Woche. Dahinter folgen nützliche und unterhaltsame Dienste wie Google, Ebay, YouTube und Chefkoch.de. Daneben konnte auch Wikipedia gegenüber dem Vorjahr fast 1 Million Nutzer pro Woche hinzugewinnen. Auf der Verliererseite mussten vor allem die VZ Netzwerke über 1 Million Nutzer einbüßen, was bei ohnehin nur 2,5 Millionen Nutzern pro Woche fast eine Halbierung des Marktanteils ist. Auch andere soziale Netzwerke haben Nutzer verloren, etwa wer-kennt-wen.de, oder Portale wie MSN mit verschiedenen integrierten Online-Diensten.

Besser hingegen geht es den Websites, die Nachrichten anbieten. Nachdem die Verlage in den letzten Jahren massiv in den Auftritt und die Redaktionen investiert haben, ist ein anhaltendes Wachstum an Nutzern pro Woche zu verzeichnen. Ganz vorne dabei sind die Wegbereiter Bild und Spiegel Online, deutlich abgeschlagen dahinter folgen die Nachzügler n-tv, stern und Focus vor der Süddeutschen und FAZ. Die Studien-Ergebnisse zeigen, dass es durchaus einen Markt für kostenpflichtige, digitale Angebote gibt. Vor allem Akademiker tendieren dazu, die digitalen Angebote von Zeitungen oder Zeitschriften zu nutzen. Dabei nehmen Männer solche Digitalangebote etwas häufiger in Anspruch als Frauen. Ein Viertel der Nutzer greift auch mit dem Smartphone auf diese Inhalte zu – ausschließlich per mobilem Gerät besuchen die Websites jedoch nur durchschnittlich 12 Prozent der Nutzer. Die meistgenutzten Medien-Apps sind Spiegel und Tagesschau, danach folgen Apps von regionalen Tageszeitungen. Die Gesamtreichweite von Medien ist durch die Multi-Channel-Angebote auf jeden Fall deutlich gestiegen.

Die Kostenlos-Kultur wandelt sich langsam

Auf die Frage, ob man bereit wäre etwas zu zahlen, wenn das Angebot nicht länger kostenlos verfügbar wäre, könnten sich 26 Prozent vorstellen für einen E-Mail-Dienst Geld zu investieren. Auch für ein Nachschlagewerk wie Wikipedia würden noch 16 Prozent ihre Geldbörse öffnen. Rund 10 Prozent würden nur ungern auf Routenplaner und ein soziales Netzwerk verzichten und zeigen sich in dieser Hinsicht zahlungsbereit. Lediglich 3 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, Fitness- und Ernährungstipps sowie Hotel- oder Restaurantführer zu vergüten. Interessanterweise zeigten sich Tablet-Nutzer für alle Angebote durchgängig stärker zahlungswillig. Die Forscher kommen schließlich zu dem Ergebnis, dass die Zahlungsbereitschaft für Online-Angebote zwar noch gering ist, aber generell ansteigt – allerdings nur unter Nutzern von Smartphones oder Tablets.

Das Online-Nutzerverhalten verschiebt sich

Dass Tablets immer beliebter werden, Smartphones die herkömmlichen Handys ablösen und besonders Apple eine hohe Markensympathie und entsprechende Bindungkraft bei Neukäufen besitzt, ist kein verwunderliches Ergebnis. Doch die Forscher haben auch die unterschiedlichen Nutzertypen dieser sogenannten Handheld-Geräte untersucht. Zu denen, die nur per Smartphone überdurchschnittlich häufig das Internet nutzen, zählen die unter 30-Jährigen. Ausschließlich Tablets nutzen vor allem 40- bis 59-Jährige Akademiker, die weniger technik-affin sind, sondern angeben eher technik-distanziert zu sein. Beide Geräte für ihre Online-Aktivitäten nutzen hingegen vor allem 20- bis 49-Jährige Akademiker, die zur „technischen Avantgarde“ gehören.

Eine weitere Erkenntnis der ACTA ist, dass durch Handheld-Geräte, insbesondere durch Smartphones, die Frequenz der Internetnutzung stärker zunimmt als die Nutzungsdauer. Auch Tablets ermuntern die Nutzer, häufiger ins Internet zu gehen, jedoch halten diese sich dadurch nicht längere Zeit online auf. Nachdem lange Zeit um die Vereinsamung der Onliner gefürchtet wurde, gibt die Studie zumindest für die Jugend Entwarnung: Besonders die jüngere Altersgruppe (14 bis 29 Jahre) ist täglich oder mehrmals täglich mit diversen Personen per Handy oder Internet in Kontakt. Diese „Kontaktdichte“ ist bei den älteren Gruppen deutlich geringer, am geringsten bei den 50- bis 64-Jährigen. Auch die Nutzung von E-Mails, Chats, sozialen Netzwerken und das Hochladen eigener Bilder ins Netz erfreuen sich weiterhin wachsender Beliebtheit.

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