Datenwirtschaft: Aufklärung und Rechtssicherheit gefragt
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Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Die Datenwirtschaft ist in Deutschland jedoch ausbaufähig. Eine Studie im Auftrag des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI) zeigt, wo es beim Aufbau der Datenwirtschaft hierzulande klemmt und welcher Handlungsbedarf besteht.
Daten sind ein Kernbestandteil der digitalen Welt und werden in rauen Mengen generiert. Laut eines Reports des McKinsey Global Institutes verdoppelt sich der weltweite Datenbestand alle drei Jahre. Dabei sind Daten auch Treibstoff digitaler Innovationen und können zur Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle verwendet werden. Für einen funktionierenden Wettbewerb auf datengetriebenen Märkten lohnt es sich, die Bereitstellung und Nutzung von Daten zu fördern. Dies verfolgt die Bundesregierung mit ihrer Datenstrategie. Auch auf europäischer Ebene will man Daten besser nutzbar machen: Die EU-Kommission beabsichtigt mit ihrer Strategie sogar konkrete Datenpools – beispielsweise für die Energiebranche, den Gesundheits- oder den Mobilitätssektor.
Doch wo stehen Deutschlands Unternehmen in der Datennutzung? Antworten darauf liefert eine Studie zur „Datenwirtschaft in Deutschland“ des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI). Für die Studie wurden rund 500 deutsche Unternehmen zu ihrem aktuellen Digitalisierungsstand, der Nutzung von Daten sowie den größten Hürden dafür befragt. Fazit: Die Potenziale der Datenökonomie bleiben hierzulande größtenteils noch ungenutzt.
Hemmnisse wirtschaftlicher Datennutzung
Mehr als jedes vierte der befragten Unternehmen (28 Prozent) weist einen hohen Digitalisierungsstand auf und wurde als „digital“ klassifiziert – die Mehrheit (72 Prozent) ist jedoch „weniger digital“. Während über die Hälfte der digitalen Unternehmen externen Daten einen hohen Wert beimisst, sieht nur ein Drittel der weniger digitalen Unternehmen einen Vorteil darin. Im Schnitt hat zwar jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) Bedarf an externen Daten – weniger als 12 Prozent sind jedoch selbst dazu bereit, ihre Daten zu teilen. Bei der wirtschaftlichen Nutzung von Daten halten sich die Unternehmen zudem überwiegend zurück. Als größte Hemmnisse wurden datenschutzrechtliche Faktoren identifiziert. Die größte Sorge herrscht vor unautorisiertem Zugriff auf Daten (91 Prozent). Darüber hinaus bestehen Unklarheiten in puncto Nutzungsrechten (84,2 Prozent) – aber auch hinsichtlich des Nutzens des Datenaustauschs (77,1 Prozent).
Die Bundesregierung müsse daher mehr Rechtssicherheit bei der Nutzung und dem Austausch von Daten schaffen, fordert der BDI. Datengetriebene Geschäftsmodelle seien zudem weitestgehend unbekannt und erscheinen nicht als lukrativ. Angesichts dessen gelte es, das Bewusstsein für die Möglichkeiten intelligenter Datennutzung zu stärken – beispielsweise anhand von Best Practice-Beispielen in der Wirtschaft. Um Geschäftsmodelle zur wirtschaftlichen Nutzung von Daten zusätzlich zu fördern, gelte es außerdem die „Vorteile zu vermitteln und die Sorgen gegenüber einer verstärkten Kooperation im Datenbereich abzubauen“.
Einen vielversprechenden Ansatz bietet die vom Bundeswirtschaftsministerium initiierte Plattform GAIA–X. Damit soll ein Ökosystem sicherer Cloud-Dienste und Datenräume auf dem höchsten technischen Standard realisiert werden. Die Plattform ist jedoch nur 6,5 Prozent der befragten Unternehmen bekannt. „Die weitere Arbeit an der Bekanntheit von GAIA-X scheint […] dringend notwendig zu sein, um auch in der mittelständischen Unternehmenslandschaft einen höheren Bekanntheitsgrad zu erlangen“, resümiert das IW in seinen Empfehlungen.
Verantwortungsvolle Nutzung von Daten
Wie sich die wirtschaftliche Nutzung von digitalen Daten verantwortungsvoll gestalten lässt, zeigt unterdessen das Weißbuch des Forschungsvorhabens „DiDaT – Digitale Daten als Gegenstand eines Transdisziplinären Prozesses“. Dabei handelt es sich um ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt, an dem rund 150 Expert:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft mitgearbeitet haben. Zentrale Aufgabe war, Vorschläge für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Daten zu entwickeln. Ein zentrales Thema waren zudem unbeabsichtigte Nebenwirkungen der Nutzung von digitalen Technologien, sogenannte „Unseens“.
Der Fokus lag dabei auf den vier sogenannten Vulnerabilitätsräumen Mobilität, Gesundheit, Landwirtschaft und der Zukunft kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). In diesen Bereichen sind Maßnahmen notwendig, um negative Folgen der digitalen Transformationen zu vermindern. Das Weißbuch liefert hierzu sogenannte „Sozial Robuste Orientierungen“, die ein hohes Potenzial für gesellschaftliche Akzeptanz haben.
Im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) werden vor allem die Abhängigkeiten gegenüber Cloud- und Plattformanbietern kritisch bewertet. Damit sich die Potenziale existierender Daten in KMU nutzen lassen, bedarf es aus Sicht der Autor:innen neuer Kooperationsmodelle und Regeln für einen fairen Plattformwettbewerb. Data-Sharing-Plattformen zur kooperativen Nutzung von Daten und offene Daten-Schnittstellen sollten gezielt gefördert werden. Ferner sind offene Standards und Open Source-Ansätze zu begrüßen – so wie sie auch im Kontext von GAIA-X geschaffen werden.