Datenschutzbeauftragte fordern Ende der Vorratsdatenspeicherung in Europa
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben sich bei ihrer Konferenz am 25. April auf eine Entschließung geeinigt, in der sie sich zum jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Vorratsdatenspeicherung äußern. Das Urteil vom 8. April 2014 begrüßen die Datenschutzbeauftragten „als wichtigen Schritt zur Bekräftigung der informationellen Selbstbestimmung und des Telekommunikationsgeheimnisses.“ Die anlasslose und massenhafte Speicherung von Verkehrsdaten der Telekommunikation bedeute einen schwerwiegenden Eingriff in das Privatleben und den Datenschutz der Betroffenen, begründen sie ihre ablehnende Position, die gleichzeitig auch der des Europäischen Gerichtshofs entspricht.
Die nächsten Schritte auf EU-Ebene
In der Entschließung begrüßt die Konferenz außerdem die Erklärung der Bundesregierung, auf die Einführung eines neuen Gesetzes zur Speicherung von Verkehrsdaten vorerst zu verzichten. Stattdessen sollten die Entscheidungen auf europäischer Ebene abgewartet werden, fordern die Datenschutzbeauftragten. Zudem heben sie hervor, dass die Entscheidung des Gerichtshofs auch für die anlasslose, massenhafte Überwachung durch sämtliche Nachrichtendienste gelten müsse. Darüber hinaus weisen sie auf den Aspekt des Urteils hin, nach dem die Speicherung von personenbezogenen Daten nur dann verpflichtend und zulässig sei, sofern die Daten in der EU gespeichert werden und der Kontrolle unabhängiger Datenschutzbehörden unterstehen.
Weitere Reaktionen in der aktuellen Debatte
Unterdessen haben die Grünen erneut angekündigt, gegen eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu klagen, denn sie halten die Maßnahme für verfassungsrechtlich bedenklich. Davon abgesehen seien die Bearbeitungszeiten der Ermittlungen von Straftaten mit 18 bis 24 Monaten viel zu hoch, sodass die Vorratsdatenspeicherung sowieso nicht nutzbar sei. Nationale Alleingänge von Befürwortern der Datenspeicherung lehnen die Grünen daher ab. Sie schlagen vor, Alternativen wie das sogenannte „Quick Freeze“-Verfahren zu prüfen.
Dr. Sandro Gaycken von der Freien Universität in Berlin bezeichnete die Vorratsdatenspeicherung in einem Artikel des cicero als „längst nicht mehr zeitgemäß“, da es bereits viel bessere Formen der Strafverfolgung gebe. Zudem sei die Massenüberwachung in Europa aus rein ideologischen Gründen abzulehnen, argumentiert Gaycken, der einige Zeit beim Chaos Computer Club aktiv war. Zwar erkennt er an, dass Cyberkriminalität immer größere Schäden verursacht und äußerst schwer zu bekämpfen ist, jedoch hält er die Vorratsdatenspeicherung als Mittel zur Strafverfolgung für ineffizient und langfristig für überflüssig. Angesichts der schnellen Anpassung der Kriminellen an die digitale Spurensuche sollte die Aufmerksamkeit auf eine Reihe von Alternativen gelegt werden, fordert Gaycken.
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital und ist Teil der aktuellen Ausgabe zur Netzpolitik. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.