#DataDebates: Die Digitalisierung des Handels nutzt vor allem den Kunden

Foto: Henrik Andree
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Veröffentlicht am 03.05.2018

Der stationäre Handel verschwindet nicht, doch er wird sich in den nächsten Jahren komplett verändern. Durch die Digitalisierung und den Einfluss des Online-Shoppings kommt es zu tiefgreifenden Veränderungen, zeigte die neunte Ausgabe der Tagesspiegel Data Debates im Telefónica BASECAMP. Die Gewinner dieser Entwicklung dürften vor allem die Kunden sein, waren sich die Teilnehmer der Debatte am Donnerstag einig.

Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern dient immer dem Kunden“, sagte Wolfgang Metze schon in seiner Keynote zur Eröffnung des Abends. Für den stationären Handel würden sich riesige Chancen ergeben, erklärte der Privatkunden-Vorstand von Telefónica Deutschland. Denn Läden bekommen dadurch eine datenbasierte Entscheidungsgrundlage, mit der sie die Bedürfnisse ihrer Kunden ähnlich gut verstehen können wie ein Online-Shop.

Mobile Datennetze: Grundlage für den Handel der Zukunft

Um die Entwicklung des digitalen Handels erfolgreich voranzutreiben, brauche es vor allem zwei Dinge: eine gute Infrastruktur und ein schnelles mobiles Datennetz. „Mit unseren modernen Netzen und der Entwicklung neuer Technologien wie 5G schaffen wir als Mobilfunkanbieter die Grundlage für den Handel der Zukunft und für die Digitalisierung Deutschlands insgesamt“, sagte Metze.

Wolfgang Metze, Vorstand Privatkunden von Telefónica Deutschland. | Foto: Henrik Andree
Wolfgang Metze, Vorstand Privatkunden von Telefónica Deutschland. | Foto: Henrik Andree

Denn schon jetzt sei es beispielsweise so, dass der Online-Handel heute „de facto mobil stattfindet“, erklärte Gerald Schönbucher. In dem Online-Shop seiner Supermarkt-Kette liegt der Anteil schon bei 70 Prozent, sagte der Geschäftsführer von Real Digital. Außerdem sei das Angebot viel größer: Statt aus 20.000 Produkten, wie im Laden, könnten die Kunden dort aus zehn Millionen auswählen. Solche Entwicklungen setzen den stationären Handel unter Druck, weshalb Real seinen Lieferservice immer weiter ausbaut, der vor allem von jungen Leuten gern genutzt wird.

Shopping-Revolution: Einkaufen ohne bezahlen an der Kasse

Doch auch die Läden werden weiter entwickelt. Und so könnte das Warten beim Bezahlen bald der Vergangenheit angehören, weil das Kassieren automatisch erfolgt. Das bietet Amazon schon seit Januar in seinem neuen Shop in Seattle an. „In den Geschäften der Zukunft brauchen wir Menschen hauptsächlich als Berater, erklärte Gerald Schönbucher. Die Aufgabe der Händler sei vor allem, die Bedürfnisse ihrer Kunden immer besser und schneller zu erkennen.

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Foto: Henrik Andree

Einkaufen ist schon immer mehr als das, wonach es aussieht“, sagte Joost van Treeck. Für die meisten Menschen gehe es dabei auch um einen angenehmen Zeitvertreib und schöne Erlebnisse beim Bummeln durch die Geschäfte, erklärte der Studiendekan für Wirtschaftspsychologie von der Hamburger Hochschule Fresenius. Ausgerechnet durch den Einfluss der Online-Shops habe sich dieses Einkaufserlebnis in den vergangenen Jahren sogar verbessert: In den Städten würden viele interessante Läden eröffnet, deren Angebot sehr individuell ist und sich im Internet kaum finden lässt. Die Konkurrenz aus dem Netz würden vor allem große Kaufhäuser zu spüren bekommen, die sich auf die breite Masse der Kunden konzentrieren und wenig Besonderes anbieten können.

Hyperpräzise Angebote: Neue Ideen für den Offline-Handel

Auch Martin Wild glaubt weiter an den stationären Handel: 80 Prozent der Kunden wollen Produkte nach wie vor erleben und anfassen“, sagte der Chief Innovation Officer (CINO) der MediaMarktSaturn Retail Group im Telefónica BASECAMP. Allerdings müssten Online und Offline jetzt immer besser vernetzt werden, damit „hyperpräzise Angebote“ entstehen. Der stationäre Handel werde erhalten bleiben, weil er einfach sinnvoll ist, doch in den nächsten Jahren würden viele verschiedene Konzepte ausprobiert.

Tagesspiegel Data Debates: Abstimmung im Publikum. | Foto: Henrik Andree
Tagesspiegel Data Debates: Abstimmung im Publikum. | Foto: Henrik Andree

Selbst Online-Riesen wie Amazon und Alibaba hätten bereits erkannt, dass der reine Internet-Handel nicht ausreicht, und würden jetzt Läden eröffnen. Man müsse auf allen Kanälen präsent sein, weil beispielsweise 90 Prozent aller Kunden von MediaMarkt oder Saturn sich vor dem Einkauf online informieren. Er appellierte an den stationären Handel, sich dem veränderten Kundenverhalten anzupassen, zum Beispiel durch flexiblere Öffnungszeiten und neue Laden-Konzepte.

Brand Experience: Einkaufsbummel im Blockchain-Shop

Der Einzelhandel müsse vor allem eine „Brand Experience“ bieten, sagte Ann-Lauriene Haag. „Man muss die Marke fühlen und ausprobieren können“, meinte die Gründerin und COO der Internet-Firma Wysker. Das werde auch in 20 Jahren noch wichtig sein, denn jedes Produkt habe Metadaten, die man online gar nicht so gut vergleichen kann. Deshalb würden viele Kunden gern auf die Experten-Empfehlung im Laden hören und ein Aussterben der Innenstädte sei nicht zu befürchten.

Auch ihre eigene Shopping-App für die Snapchat-Generation, die bis zu 30 Kleidungsstücke pro Sekunde aus verschiedensten Online-Shops anzeigt und die Blockchain zur Vermittlung von Verkäufen nutzt, hat sich ein Beispiel am stationären Handel genommen: Bei Wysker muss man nichts suchen, sondern schaut herum und wühlt sich durch die Angebote. Genau wie bei einem Einkaufsbummel in der Stadt.

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