Das Digital: Mehr Wohlstand und Nachhaltigkeit durch datenreiche Märkte
Foto: Henrik Andree
Die beiden Bestseller-Autoren Viktor Mayer-Schönberger und Thomas Ramge haben im Telefónica BASECAMP ihr neues Buch „Das Digital“ und die Idee einer progressiven Daten-Sharing-Pflicht vorgestellt. Das Buch steht seit Wochen auf diversen Bestsellerlisten und sorgt für große Diskussionen. So war es auch am Dienstag, als unser Pressesprecher Markus Oliver Göbel die Debatte mit dem Oxforder Professor für Internet Governance und dem preisgekrönten Journalisten moderierte. Sie sehen Daten als das neue Geld und haben einen Wandel erkannt, der von den bisherigen preisgesteueren Märkten zu datenreichen Märkten führt.
Dass konventionelle Märkte nur über den Preis bestimmt werden, sehen sie als Übergangslösung an. Eigentlich sogar als Notlösung. Dieses Modell werde jetzt abgelöst durch die Möglichkeit, Angebot und Nachfrage mit detaillierten Präferenzen und Prioritäten abzugleichen. Über das Zustandekommen von Transaktionen entscheidet dann nicht mehr nur der Preis, sondern beispielsweise auch die Dringlichkeit des Einkaufswunsches oder die Verfügbarkeit des Produktes. Durch neue technische Lösungen lassen sich viele zusätzliche Dimensionen abgleichen, bevor es endlich zum Kauf kommt.
Neustart: Preisbildung nur als Übergangslösung
Deswegen steht den Märkten jetzt ein Neustart bevor, sagen die beiden Experten, der auf Datenreichtum basiert und unsere gesamte Wirtschaft ähnlich entscheidend verändern wird wie die industrielle Revolution. Das soll auch zu mehr Wohlstand und Nachhaltigkeit führen: Wir werden weniger Geld für unnötige Dinge ausgeben, weil uns wesentlich mehr und bessere Informationen zur Verfügung stehen. Das setzt zusätzliche Kaufkraft frei und befeuert die Wirtschaft. Aber wie soll das funktionieren? Woher sollen die Daten kommen?
Sie werden schon jetzt täglich gesammelt, doch sie liegen abgeschottet auf den Servern einer Handvoll Unternehmen: den sogenannten Superstar-Firmen. Weil die datenreichen Märkte immer wieder zu einer Monopolisierung neigen, schlagen die Autoren vor, dass Unternehmen wie Amazon, Apple, Google oder Facebook einen Teil ihrer Daten mit der Öffentlichkeit teilen sollen, sobald sie einen bestimmten Marktanteil erreichen. Das ist die progressive Daten-Sharing-Pflicht, die natürlich auch andere Unternehmen treffen kann, die besonders reich an Daten sind. Um die Abgabe von „Schrottdaten“ zu vermeiden, sollen diese Daten per Zufallsprinzip ausgewählt werden.
Daten-See: KI-Daten gemeinsam nutzen
Beide Autoren betonen, dass es nicht um das Wegnehmen von Daten geht, sondern um den freien Zugang für andere Marktteilnehmer, um einen fairen Wettbewerb zu gestalten. Das Ziel sei eine neutrale Plattform: ein „Daten-See“, den verschiedene Quellen speisen, damit jeder daraus schöpfen kann. Und wieso? Künstliche Intelligenzen (KI) wie Alexa, Siri oder Cortana beraten und beeinflussen uns bereits jetzt bei Kaufentscheidungen. Solche Entscheidungsassistenten werden in der Zukunft eine zentrale Rolle spielen, doch neue und unabhängige Entwicklungen haben derzeit keine Möglichkeit, gegen die Platzhirsche zu konkurrieren.
Bisher lernen künstliche Intelligenzen, die nicht die Unterstützung von großen „Datenkraken“ haben, einfach zu langsam und ein fairer Wettbewerb sei daher nicht möglich, sagen die Autoren von Das Digital. Deshalb solle eine staatliche Regulierung die Chancengleichheit durch die progressive Daten-Sharing-Pflicht wiederherstellen und die Monopolisierung stoppen. Es geht also um Umverteilung. Ähnlich wie Karl Marx den ökonomischen Mehrwert umverteilen wollte, sollen dieses Mal Daten umverteilt werden. Das ist eine große Forderung, deren Umsetzung schwer werden dürfte. Auch im Telefónica BASECAMP diskutierte die Community nach der Buchvorstellung noch lang über diesen Ansatz.
Mehr Informationen:
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Das Digital: Der Datenkapitalismus hat längst begonnen (#DigiMinds-Interview)
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