„Cracking the social code“ – Was wir im Netz wirklich wollen
Trends im Internet erkennen ist ja die eine Sache. Zu verstehen, warum besonders viele Leute ein bestimmtes Angebot nutzen, ist eine ganz andere Kunst. Im Vergleich mit anderen Ländern wird das eigene Verhalten im Netz klarer. Deutsche nutzen soziale Netzwerke vor allem, um ihre Beziehungen zu pflegen und Kontakte zu knüpfen. Damit liegen sie auf einer Linie mit Tschechen, Ecuadorianern und Österreichern. Ganz anders sind die Nutzer in Malaysia, Oman oder Indien: Sie wollen mit sozialen Netzwerken vor allem ihre Identität und Persönlichkeit darstellen und dabei Meinungen austauschen. Diese grobe Einordnung ist nur ein kleiner Teil einer sehr umfassenden Untersuchung, die sich mit den Wünschen der Konsumenten im Netz auseinandersetzt.
Auf der Suche nach dem „Warum?“
„Cracking the social code“ – kein geringeres Ziel hatte sich das Forscherteam einer Marketing- und Medienberatung gesetzt. Um den Motiven hinter dem Online-Verhalten auf die Schliche zu kommen, wurden knapp 50.000 Internetnutzer in 65 Ländern befragt. Die Ergebnisse der Studie Wave 7 sind visuell höchst ansprechend dargestellt. Dort findet man unter anderem einen aussagekräftigen Kreis, der in vier Bereiche aufgeteilt ist, in denen die untersuchten Länder eingeordnet wurden. Neben der erwähnten Kategorie Relationship, in der sich die deutschen Internetnutzer befinden, gibt es noch die Bereiche Identity, Diversion und Learning. „Social Needs“ nennen die Forscher den Grundgedanken, dass alle Menschen einen Antrieb für ihr Handeln im Netz haben, um etwas zu finden, was sie suchen. Die Ergebnisse machen vor allem deutlich, wie unterschiedlich die Netzwerker weltweit sind.
Auf den zweiten Blick lässt sich allerdings doch ein Trend erkennen: Europäer tendieren dazu Kontakte zu pflegen, mehr aber noch zur Diversion, das heißt sie nutzen soziale Netzwerke zur Ablenkung, zur Entspannung und zum Zeitvertreib. In dieser Kategorie tummeln sich die nordischen Länder neben südeuropäischen Staaten wie Griechenland und Spanien, aber auch Großbritannien und die Niederlande beherbergen spiel- und spaßaffine Internetnutzer. Ein Teil des Kreises, die Kategorie Learning, ist auffällig leer. Nur China, Hong Kong, Taiwan und Vietnam zählen zu denen, die soziale Netzwerke hauptsächlich dazu nutzen, etwas Neues zu lernen, Geld zu verdienen oder generell die Welt zu erkunden.
Langsam, skeptisch oder innovativ?
Gräbt man sich noch tiefer in die Materie, findet man ein Koordinatenkreuz, an dem man gleich mehrere Dinge ablesen kann. Die Achsen verraten, wie es um die Internetversorgung der ausgewählten Länder bestellt ist und wie stark soziale Medien genutzt werden. In den Ecken werden die Länder zusätzlich vier Kategorien zugeordnet: Von „slow“ bis „sceptical“ über „innovative“ und „avantgarde“. Betrachtet man die europäischen Länder, befinden sich alle auf der Seite hoher Social Media-Nutzung und spalten sich nur beim Ausmaß ihrer Internetversorgung. Deutschland schneidet in dieser Hinsicht gut ab und fällt in die Kategorie „innovative“, zusammen mit einem ganzen Pulk anderer europäischer Länder, denen eine Führungsrolle im weltweiten Netzwerkverhalten bescheinigt wird. Zur „avantgarde“ hingegen gehören Länder wie die Ukraine und Griechenland, die einen schlechten Breitbandausbau, aber eine hohe Nutzung sozialer Medien vorweisen und somit einen großen Wachstumsmarkt darstellen.
An anderer Stelle lassen sich noch mehr Graphiken individuell zusammenstellen. Mit einigen Klicks können die unterschiedlichen Plattformen verglichen werden. So erfährt man, dass die durchschnittlichen Internetnutzer nicht erwarten, auf sozialen Netzwerken etwas Neues zu lernen, in Foren aber hoffen, berufliche Kontakte zu knüpfen und ihre Karriere zu fördern. Auf den offiziellen Websites von Marken suchen sie die Meinungen anderer Nutzer, hingegen wollen sie auf Blogs ihre eigene Meinung kundtun.
Geld, Respekt oder Unterhaltung
In einem anschaulichen Bericht werden die verschiedenen Erkenntnisse über die Medien- und Internetnutzung noch einmal aufbereitet ohne nach Ländern zu unterscheiden. Viele gut durchdachte Graphiken und bunte Bilder fassen einige Ergebnisse der Studie zusammen und erklären die Trends. Dort erfährt man im Detail, wofür die Besitzer ihr Smartphone nutzen oder wann sie ihr Tablet bevorzugen, und was sie bei sozialen Netzwerken eigentlich suchen. Soziale Plattformen dienen nach Meinung der Befragten speziell dazu, sich auszudrücken und zu promoten, sind aber auch zur Unterhaltung und zum Kontaktepflegen beliebt. Weniger wichtig war den Internetnutzern, sich dort Respekt zu verschaffen, Geld zu verdienen oder ein Gefühl der Zugehörigkeit zu haben. Smartphones werden hauptsächlich zur Kontaktpflege und zur Navigation genutzt. Auch der Unterhaltungsfaktor und der schnelle Informationszugang werden von den Teilnehmern hoch geschätzt. Tablets werden vor allem zur Entspannung und Ablenkung genutzt, weniger zum Austausch mit anderen oder zum Organisieren und Planen.
Wer noch mehr über menschliches Verhalten im Internet wissen will – vor der aktuellen Studie Wave 7 gab es noch sechs Vorgänger.