Claus Ruhe Madsen: Der digitalpolitische Macher von der Küste

Credit: Frank Peter
Credit: Frank Peter
Veröffentlicht am 19.11.2024

In Deutschland diskutieren wir gerne oft und lange über die Risiken neuer Technologien, bevor wir in ihnen die Chancen sehen. Wie es anders gehen kann, zeigt seit einigen Jahren Claus Ruhe Madsen als Minister in Schleswig-Holstein, den wir demnächst auch im BASECAMP begrüßen dürfen. In diesem Porträt möchten wir ihn und seine besondere Karriere kurz vorstellen.

Während es in Deutschland mit der Digitalisierung eher schleppend vorangeht, gilt Dänemark als ein Vorreiter innerhalb der EU. Speziell bei der Digitalisierung von Behördengängen und der Verwaltung könnten wir uns den nördlichen Nachbarn zum Vorbild nehmen. Mit Claus Ruhe Madsen gibt es in Schleswig-Holstein einen Politiker, der genau dies versucht – auch, weil er mit der dänischen Mentalität und Risikokultur bestens vertraut ist.

Ein unkonventioneller Werdegang

Madsen ist nämlich selbst Däne und seit 2022 der erste ausländische Minister in einer deutschen Landesregierung. Geboren 1972 in Kopenhagen, hat er bisher eine spannende Karriere hingelegt, die ihn von einem Möbelhaus im Ruhrgebiet über das Bürgermeisteramt in Rostock bis ins Kabinett Schleswig-Holsteins geführt hat. Dort ist er als Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes zuständig und als solcher auch Mitglied des Bundesrates.

Foto: Pixabay User LoboStudioHamburg | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet

Sein beruflicher Werdegang ist dabei eher ungewöhnlich: Nach dem Abitur verschlug es Madsen Anfang der 1990er Jahre für ein Auslandsjahr nach Deutschland – und er blieb. Vom Möbelverkäufer im Ruhrgebiet arbeitete er sich zum Filialleiter hoch, ehe er in die Selbstständigkeit wechselte und 1998 als geschäftsführender Gesellschafter das Möbelhaus „Möbel Wikinger“ in Rostock eröffnete. Dort und später mit der Wohnmobilvermietung „Mobilson“ bewies er unternehmerisches Geschick, das ihm 2018 die Ehrung als „Unternehmer des Jahres“ in Rostock einbrachte.

Der Weg zum Minister

Zu dieser Zeit war Madsen bereits zum zweiten Mal Präsident der Industrie- und Handelskammer Rostock sowie seit 2014 auch Vizepräsident der Deutsch-Dänischen Handelskammer. Der Schritt in die Politik folgte schließlich 2019: Als parteiloser Bewerber gewann er mit Unterstützung von CDU und FDP die Oberbürgermeisterwahl in Rostock und wurde zum ersten ausländischen Bürgermeister einer deutschen Großstadt. Dabei warb er im Wahlkampf unter anderem mit einem Computerspiel a la Super Mario für sich.

Credit: Landtag, Sönke Ehlers

Im Amt des Oberbürgermeisters sorgte er sogleich für frischen Wind, etwa mit Projekten wie Smile City Rostock für eine Smart City oder einer App, mit der Behördengänge digital erledigt werden können. Seine Ambitionen in der Digitalisierung der Verwaltung wurden auch jenseits der Stadtgrenzen wahrgenommen und so folgte 2022 der Wechsel ins benachbarte Schleswig-Holstein, wo ihn Ministerpräsident Daniel Günther zum Minister berief. Im Mai 2023 trat Madsen zudem der CDU bei.

Digitalpolitische Visionen und Projekte

Als Wirtschaftsminister des nördlichsten Bundeslands treibt er die Digitalisierung dort mit Nachdruck voran, zum Beispiel durch Innovationsförderung in der Gesundheitsbranche oder mit Blick auf die Potenziale von Künstlicher Intelligenz. Ein weiteres Ziel: Bis 2025 soll nahezu jedes Haus im Land Glasfaser haben, denn der Ausbau der digitalen Infrastruktur sei der Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation, so der Minister Anfang des Jahres. Das ist kein leeres Versprechen, denn Schleswig-Holstein ist mit einer Glasfaserausbauquote von 89 Prozent bereits jetzt Spitzenreiter unter den Flächenländern.

„Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern der Schlüssel zu einer effizienteren Verwaltung, mehr Lebensqualität und wirtschaftlichem Erfolg.“ (Claus Ruhe Madsen)

Zugleich kümmert er sich beispielsweise per Bundesratsinitivative um die Reduzierung der Bürokratiebelastung für mittelständische Unternehmen, bessere Strukturen für Infrastrukturprojekte oder die Ansiedlung des schwedischen Batterieherstellers Northvolt. Auch medial ist Madsen präsent und er äußert sich in Talkshows, Interviews oder auf Instagram regelmäßig zu digitalen und anderen Themen wie dem E-Government oder jüngst zum Deutschlandticket.

Der Norden als ideales Pflaster

Mit Schleswig-Holstein hat Madsen zudem die perfekte Bühne: Das Flächenland ist laut BREKO-Marktanalyse auch in diesem Jahr das Bundesland mit der höchsten Glasfaser-Konnektivität und erreicht bei den tatsächlich angeschlossenen Gebäuden und Wohnungen, die sogenannte „Glasfaseranschlussquote“, mit 52 Prozent ebenfalls einen Spitzenwert. Im aktuellen Länderindex des Bitkom landet Schleswig-Holstein aufgrund weiterer Kriterien allerdings nur auf dem siebten Platz. Darüber hinaus verfolgt die Landesregierung ambitionierte Klimaziele, setzt auf eine nachhaltige Wirtschaft und treibt den Ausbau der Windenergie massiv voran.

Dabei profitiert das Land sicherlich vom Schwung seines Wirtschaftsministers – und dessen dänischer Prägung, positiv zu denken und Risiken als Teil des Fortschritts eher zu akzeptieren, anstatt wegen möglicher Bedenken notwendige Veränderungen nicht anzupacken:

In Dänemark höre ich von Fortschritten und einer „Jetzt erst recht“-Mentalität, während in Deutschland oft nur Bedenken geäußert werden. Wir sind zu einem „Das-machen-wir-lieber-nicht“-Land geworden.“ (Madsen im Interview mit brand eins)

Event-Hinweis:

Am 28. November ist Claus Ruhe Madsen zu Gast im BASECAMP bei der nächsten Ausgabe von Nachgefragt!, um über Deutsche, Dänen, Digitalisierung und weitere Themen zu diskutieren.Jetzt anmelden >>

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