Bundestagswahl 2017: Guter Bot, schlechter Bot
Der Bundestagswahlkampf in Deutschland hat einen ungeahnten Prominenten hervorgebracht: den Bot. Auf einmal wird er diskutiert, abgelehnt, gelobt und gefürchtet, dabei hat er mancherorts im Netz schon still und leise die Menschen ausgeBOTet. Denn Analysten schätzen, dass die automatisierten Programme für über die Hälfte des Web-Traffics verantwortlich sind. Aber Bot ist nicht gleich Bot; es gibt sie in verschiedener Ausführung zu diversen Zwecken. Sie werden in Suchmaschinen oder RSS-Feeds gebraucht, aber auch als Hacker- oder Spambots für Diebstahl oder ungewollte Werbung verwendet – und jetzt wird gar von Propagandabots gesprochen.
Alle lehnen Social Bots ab
Bei Social Bots sind sich die Parteien einig: Schlecht sind sie, denn sie verfälschen durch ihre Masse die Meinung im Netz, indem sie die menschlichen Nutzer mit Schnelligkeit und Quantität ihrer Aktivitäten um ein Vielfaches überbieten. Social Bots teilen Inhalte, kommentieren oder klicken „Gefällt mir“. Damit können sie beeinflussen über welche Themen geredet wird, welche Partei oder Politiker im Netz Zuspruch oder Ablehnung erhält. Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag kam in einem Thesenpapier zu den Auswirkungen von Social Bots zu dem Schluss, dass sie Diskussionen verzerren. „Social Bots können nur unter bestimmten Voraussetzungen Ergebnisse politischer Entscheidungsprozesse beeinflussen. Eine Voraussetzung ist beispielsweise ein politischer Kulminationspunkt wie eine knappe Entscheidung bei Wahlen“, heißt es weiter.
Chatbots im Wahlkampf?
Anders steht es um den Einsatz von Chatbots im Online-Wahlkampf. Chatbots können automatisch auf Fragen von Nutzern reagieren. Derzeit werden sie beispielsweise bei den klassischen Medien oder im Kundenservice eingesetzt. CDU-Generalsekretär Peter Tauber kündigte an, die CDU erwäge ihren Einsatz im Wahlkampf. „Wenn jemand zum Thema TTIP schreibt, dann weiß man, was ihn interessiert und er bekommt die Informationen, die er braucht“, sagt Tauber. Die CDU erhoffe sich durch den Einsatz von Chatbots, die steigende Anzahl an Anfragen leichter zu bewältigen und die gewonnene Zeit somit für andere Aufgaben im Wahlkampf zu nutzen. Viele wollen allerdings wissen, ob ihre Fragen von einer Maschine oder einem Mitarbeiter beantwortet werden – das wurde in der Diskussion nach Taubers Ankündigung deutlich. Ob die automatischen Antworten bei den Wählern ankommen, ist eine andere Frage. Die SPD steht dem Tool skeptisch gegenüber und möchte die eingehenden Fragen weiterhin direkt von ihren Mitarbeitern im Willy-Brandt-Haus bearbeiten lassen.
Den Bots auf der Spur
Alle großen Parteien haben mittlerweile angekündigt keine Social Bots im Online-Wahlkampf zu nutzen. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckhardt fordert darüber hinaus, dass von Bots erstellte Posts in Sozialen Medien eine Kennzeichnungspflicht haben sollten. Die Erkennung dieser Bots ist aber nicht einfach, einheitliche Bewertungskriterien oder ein wissenschaftlich unterlegtes Erkennungsprinzip existieren noch nicht. Die ehrenamtlichen Netzanalysten von Botswatch klassifizieren derzeit solche Accounts in den Sozialen Medien als Social Bots, die täglich mehr als 50 Kommentare absetzen und ebenfalls mehr als 50 Posts anderer Nutzer favorisieren. Botswatch arbeitet aber an einer genauen Methodik zur Erkennung der Bots und hat auch bereits zahlreiche Kriterien dafür identifiziert.
Peter Tauber am 03.07.17 in Berlin im Deutschen Bundestag. / Fotograf: Tobias Koch