Bundestagswahl 2017: Cyberwar, Cyberwehr, Cyberwas?

Veröffentlicht am 18.05.2017

Was theoretisch bei einer Cyberattacke alles passieren kann, wird in diesem Frühjahr mehrfach pro Woche im Berliner Regierungsviertel diskutiert. Plötzlich wurde aus der Theorie ganz schnell Praxis: In wenigen Stunden legte die Ransomware „WannaCry“ Rechner auf mehreren Kontinenten lahm. Nach Schätzungen von Europol waren weltweit 200.000 Privatpersonen, Unternehmen und Firmen betroffen. In Großbritannien fielen Rechner in zahlreichen Krankenhäusern des staatlichen Gesundheitssystems NHS aus, in Deutschland war der „Erpresserbrief“ auf Monitoren der Fahrgastinformation bei der Deutschen Bahn zu sehen. Auch die Wahl in Frankreich ging nicht ohne Hackerangriff zu Ende. Getroffen hat es den liberalen Kandidaten Emmanuel Macron. Sein Wahlkampfteam gab an, die Hacker hätten die Wahl mit der Veröffentlichung von teilweise gefälschten Dokumenten durch „Zweifel und Desinformation“ beeinflussen wollen. Die Stichwahl zum Präsidenten gewann Macron dennoch gegen die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen. Seit einiger Zeit warnen in Deutschland Politiker und Sicherheitsbehörden vor der Gefahr von Hackerangriffen zur Bundestagswahl.

Ob die Bundestagswahl beeinflusst werde, sei eine politische Entscheidung, die wohl auch im Kreml getroffen werde, sagte der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen auf der Potsdamer Konferenz für Nationale Cyber-Sicherheit. Laut Maaßen verdichteten sich die Hinweise auf Versuche, die Bundestagswahl 2017 zu beeinflussen. So könnten beispielsweise auch Informationen, die im Bundestagshack 2015 abgeschöpft wurden, potenziell für Desinformations- oder Einfluss-Kampagnen genutzt werden.

Wahlhacks und Manipulation im Fokus

Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI), das für den Schutz der Regierungsnetze und den Bundestag zuständig ist, „beschäftigt sich intensiv” mit dem Thema, wie die Behörde bereits im Dezember vergangenen Jahres mitteilte. Die beiden Aspekte Cyber-Angriffe und automatisierte Meinungsplatzierungen im Internet oder in Sozialen Netzen stehen dabei laut BSI im Fokus. Damals kündigte die Behörde auch an, sie tausche sich für die „Maßnahmenplanung“ mit anderen europäischen Ländern aus, in denen demnächst Wahlen sind.

Eine eigene Strategie hat auch Bundeswahlleiter Dieter Sarreither:

„Wir bereiten uns auf vielfältige Angriffsstrategien durch Cyberattacken vor, spielen Szenarien durch.“

Die Infrastruktur des Rechenzentrums wurde laut Sarreither vereinfacht, sodass Rechner und Standorte gewechselt werden können. Im Ernstfall werde das Nationale Cyber-Abwehrzentrum genutzt. Die Bundestagswahl sei dadurch technisch so abgesichert, „dass sie gegen alle Manipulationsversuche geschützt ist“, sagt Sarreither.

Im äußersten Notfall soll die neu etablierte Cyberwehr der Bundeswehr Staatsorgane und kritische Infrastruktur schützen. Die Bundesregierung plant die Bundeswehr auch rechtlich zu einem digitalen Gegenschlag zu befähigen, sodass die Cyberwehr dann Server von Angreifern zerstören kann. Juristen und IT-Fachleute kritisieren die Vorhaben, nicht zuletzt weil eine Cyberattacke nicht zuverlässig genug ihrem Urheber zugeordnet werden könne. Von der Möglichkeit eines Cyberwars, also dem Krieg im Netz, zur Bundestagswahl ist derzeit aber nicht die Rede.

Parteien gegen Falschmeldungen

Alle großen Parteien haben inzwischen versichert, sie hätten Maßnahmen getroffen und seien auf Hackerangriffe vorbereitet.

„Hundertprozentig schützen kann man sich nicht“, sagte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nach dem Frankreich-Hack.

Innenpolitiker Stephan Mayer von der Unionsfraktion sieht allerdings noch Handlungsbedarf beim Verfassungsschutz.

Gleichzeitig bereiten sich die Parteien auf Falschmeldungen und Desinformation im Wahlkampf vor. Die Netzfeuerwehr der Bündnis 90/die Grünen beispielsweise fahndet nach Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken und startetet eine Kommentaroffensive. Die CDU hat das „Rapid-Response-Team“ im Konrad-Adenauer-Haus beauftragt auf Fake News zu reagieren. Ursprünglich wurde es gegründet, um im Wahlkampf schnell auf Aussagen von anderen Parteien reagieren zu können. Die SPD hat sich vorgenommen, mit Richtigstellungen unmittelbar auf Falschmeldungen zu antworten.

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