Bundestag für verbesserten Breitbandausbau
Der Deutsche Bundestag hat am 7. Juli in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (18/8332) beschlossen. Mit dem Gesetzentwurf soll die Kostenreduzierungsrichtlinie der EU 2014/61/EU in nationales Recht umgesetzt werden. Die Schwerpunkte des Gesetzes liegen auf der Ausgestaltung von Informations- und Mitnutzungsansprüchen von passiven Netzinfrastrukturen, wie z.B. Leitungsrohre, Leerrohre, Einstiegsschächte, Masten und Antennenanlagen sowie der Koordinierung der Bauarbeiten. Die Kosten für den Breitbandausbau sollen dadurch gesenkt werden. In dem ebenfalls verabschiedeten Änderungsantrag (18/9023) haben die Bundestagsfraktionen CDU/CSU und SPD u.a. festgelegt, dass auch Ampeln und Straßenlaternen für die digitale Infrastruktur genutzt werden können. Zudem sollen die Genehmigungsverfahren weiter gestrafft werden. Die Regierungskoalition hat außerdem klargestellt, dass Netzbetreiber ihre Telekommunikationslinien grundsätzlich auch oberirdisch verlegen können, wodurch die Ausbaukosten um rund 50 Prozent gesenkt würden.
Kritik am DigiNetzG
Details des Gesetzesentwurfs waren sowohl vom Bundesrat als auch von den Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur kritisiert worden. So hatte die Länderkammer in ihrer umfangreichen Stellungnahme u.a. dafür plädiert, dass Mobilfunkmasten nicht zu der technischen Infrastruktur gehören sollten, die Dritte mitnutzen dürfen. Der Bundesrat hatte sich außerdem dafür eingesetzt, die Anzahl der Gründe für die Ablehnung der Inanspruchnahme zu erhöhen und darüber hinaus auch die Pflicht abzumildern, bei Bauarbeiten für Verkehrsdienste nicht nur Leerrohre, sondern auch Glasfaserkabel mitverlegen zu lassen. Streitpunkt der öffentlichen Anhörung im Bundestag Anfang Juni war die Frage des Überbaus. Thomas Abel vom Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und Sven Knapp vom Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) vertraten die Ansicht, dass die in dem Gesetz festgelegten Vorgaben nur in den unterversorgten Gebieten – „weiße Flecken“ genannt – gelten sollten. Wolfgang Kopf von der Deutschen Telekom hingegen argumentierte in der Anhörung gegen ein Überbauungsverbot, weil dies seiner Ansicht nach im Widerspruch zum Ziel der Förderung des wettbewerblichen Infrastrukturausbaus stehe, wie es sowohl in der EU-Richtlinie als auch im Telekommunikationsgesetz verankert sei. Für die leistungsstarken 5G-Netze der Zukunft sei ein engmaschiges Glasfasernetz auch paralleler Netze nahezu notwendig.
Der mögliche Überbau von bereits bestehenden leistungsfähigen Netzen bleibt auch nach der Verabschiedung des DigiNetzG im Bundestag ein Kritikpunkt auf Seiten der Interessenvertretung für Breitbandausbau. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) spricht sich daher dafür aus, die vorgesehene, pauschale Zugangsverpflichtung auf diejenigen besonders unterversorgten Gebiete zu beschränken, in denen bislang noch keine schnellen Glasfaseranschlüsse verfügbar sind. „Diese Nachbesserungen muss der Bundesrat jetzt anmahnen und den Vermittlungsausschuss anrufen“, sagt BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers.
Studien zum Breitbandausbau
Unterdessen hat der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) am 4. Juli beim Tele-Kompass Berlin-Mitte zwei Studien zum Breitbandausbau vorgestellt, die das Wissenschaftliche Institut für Informations- und Kommunikationsdienste (WIK) im Auftrag der 1&1 Telecom GmbH erstellt hat. Demnach wird damit gerechnet, dass im Jahr 2025 über 75 Prozent der Haushalte Bandbreiten von mindestens 500 Mbit/s im Down- und 300 Mbit/s im Upload nachfragen werden. Im Top-Level Segment, das etwa zwölf Millionen Haushalte umfasst, wird sogar eine Nachfrage nach Downloadraten von mindestens 1 Gbit/s und Uploadraten von mindestens 600 Mbit/s erwartet. Unter diesen Vorzeichen plädieren die Autoren der Studien dafür, dass der Einsatz öffentlicher Finanzmittel „priorisiert erfolgen“ und „unter langfristigen Gesichtspunkten effizient“ sein müsse. Es müsse sichergestellt werden, „dass öffentliche Mittel bevorzugt in zukunftssichere FTTB/H Infrastrukturen fließen“, kritisieren die Wissenschaftler des Forschungs- und Beratungsinstituts für Kommunikationsdienste die Vectoring-II-Pläne der Bundesnetzagentur. Die BNetzA hat nach massiver Kritik der EU-Kommission einen neuen Entscheidungsentwurf erarbeitet, zu dem die Verbände bis zum 15. Juli Stellung beziehen können.
Das vom Bundeswirtschaftsministerium getragene Institut plädiert dafür, zusätzliche Anreize durch steuerliche Erleichterungen für Netzbetreiber und nachfragende Unternehmen zu schaffen, um den Ausbau von Glasfasernetzen zu erleichtern. Aus ordnungspolitischer Sicht rät das WIK mit Blick auf mögliche Interessenkonflikte, die sich aus der gleichzeitigen Rolle als Eigentümer und Regulierer ergeben, dass der Staat seine direkten und indirekten Beteiligungen an Telekommunikationsunternehmen auflösen sollte. Mit den daraus erzielten Erlösen könnten Förderprogramme für den Breitbandausbau finanziert werden, schlagen die Autoren der Studien vor. Einen ähnlichen Vorschlag hatte die Sprecherin für Digitale Infrastruktur der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Tabea Rößner, kürzlich ins Gespräch gebracht. Die Fraktion hatte einen entsprechenden Beschluss bereits im November des vergangenen Jahres gefasst.
Das WIK spricht sich in seinen Breitband-Studien dafür aus, über das von der Bundesregierung für das Jahr 2018 festgeschriebene Ausbauziel von 50 Mbit/s ein „ehrgeiziges Breitbandziel“ zu definieren. „Vorbild könnte das Infrastrukturziel des Bundeslandes Schleswig-Holstein sein, das für das Jahr 2025 eine Glasfaserabdeckung von mind. 90% und für das Jahr 2030 von 100% anstrebt“, heißt es in der Ausarbeitung des Instituts.
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.