Digitalisierung: Bundesregierung zieht Halbzeitbilanz

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Veröffentlicht am 12.11.2019

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Die Bundesregierung zieht Bilanz über ihre Arbeit in den vergangenen zwei Jahren. Digitalpolitisch hat sie etwa die KI- und die Blockchain-Strategie auf den Weg gebracht. Für die zweite Halbzeit nimmt sie sich unter anderem vor, den Mobilfunk-ausbau anzutreiben und mehr Verwaltungsleistungen digital anzubieten. Der Umgang mit Daten soll außerdem klarer geregelt werden.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vorgesehene Halbzeitbilanz zur Arbeit der Koalition zur Kenntnis genommen. Das 83 Seiten umfassende Dokument zieht eine recht positive Bilanz der gemeinsamen Regierungsarbeit. Es wird jedoch betont, dass die politische Bewertung der sogenannten „Bestandsaufnahme über die Umsetzung des Koalitionsvertrages durch die Bundesregierung“ Sache der die Koalition tragenden Parteien ist. Die CDU plant nach eigener Aussage bisher keine Befassung mit der Bilanz im Rahmen des Bundesvorstandes oder des anstehenden 32. Bundesparteitages in Leipzig vom 22. bis 23. November.

Anders die SPD, die die Bilanz in den Koalitionsvertrag rein verhandelt hat, um eine Ausstiegsoption zu haben und die Gegner der Koalition in den eigenen Reihen zu überzeugen, nochmals in eine große Koalition einzutreten. Das Präsidium der SPD beschloss am 19. August, wie die Partei mit der jetzt vorliegenden Bilanz der Regierungsarbeit umgehen will. Darin heißt es:

„Auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums vom 24.06.2019 wird ein erweitertes SPD-Präsidium mit Vertretern aus den Landesverbänden und Bezirken, den Arbeitsgemeinschaften und aus der Bundestagsfraktion die Bestandsaufnahme – auch unter Einbeziehung der Unterbezirke – beraten und die Ergebnisse dem Parteivorstand vorlegen.“

Dieser soll das Ergebnis dann wiederum auf dem ordentlichen SPD-Bundesparteitag, der vom 6. bis 8. Dezember in Berlin stattfindet, zur Abstimmung stellen.

Digitalpolitische Vorhaben

Unter dem Stichwort Digitalisierung verweist die Bundesregierung unter „Was wir bereits auf den Weg gebracht haben“ auf ihre Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“, deren Fortschritte in regelmäßigen Abständen überprüft werden sollen. Expertinnen und Experten des neu gegründeten Digitalrats beraten sie dabei. Verabschiedet wurden bisher die Strategie Künstliche Intelligenz und die Blockchain-Strategie. Bei Letzterer geht es vor allem um eine gesetzliche Regelung für digitale Wertpapiere auf Basis der Blockchain-Technologie. Durch die Versteigerung der 5G-Frequenzen hat die Regierung den Startschuss für den 5G-Ausbau gegeben. Digitalisierung findet sich als Querschnittsthema außerdem in verschiedenen weiteren Kapiteln.

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Im November 2018 hat die Bundesregierung die KI-Strategie verabschiedet. Bis 2025 stehen drei Milliarden Euro bereit, die in die KI-Forschung fließen. Qualifizierte Wissenschaftler sollen durch 100 zusätzlich KI-Professuren an deutsche Hochschulen gelockt werden. In einem ersten Schritt will die Regierung mit der „Alexander von Humboldt-Professur für KI“ 30 Expertinnen und Experten aus dem Ausland bis 2024 nach Deutschland holen. Die vom Bundestag im Juni 2018 eingesetzte KI-Enquete-Kommission, die die gesellschaftliche Verantwortung von KI sowie wirtschaftliche, soziale und ökologische Potentiale untersucht, soll bis Herbst 2020 Ergebnisse vorlegen.

Mobilfunkausbau und schnelle Netze

Auf die Liste der umgesetzten Maßnahmen setzt die Bundesregierung die Versteigerung der 5G-Frequenzen als Voraussetzung für den neuen Mobilfunkstandard. Die Erlöse aus der Versteigerung in Höhe von 6,55 Milliarden Euro fließen in das Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“, das zu 70 Prozent für den Gigabit-Netzausbau und zu 30 Prozent für den „Digitalpakt Schule“ verwendet werden soll. Die Netzbetreiber wurden verpflichtet, bis spätestens 2022 mindestens 4.000 5G-Mobilfunkanlagen zu errichten.

Auch die Ziele für die Versorgung mit schnellem Internet sind gesetzt: Mit den Netzbetreibern hat die Regierung vereinbart, dass diese bis spätestens 2020 99 Prozent der Haushalte bundesweit und bis Ende 2021 99 Prozent der Haushalte in jedem Bundesland mit LTE versorgen. Der Ausbau von Glasfaser-Netzen wird ebenso verstärkt, um bis 2025 ein Gigabit-fähiges Netz zu erreichen. Das Breitbandförderprogramm hat die Regierung auf Gigabit umgestellt und vereinfacht.

Als Erfolg verbucht die Regierung zudem die im September 2018 eingesetzte Datenethikkommission, die ihre Empfehlungen für ethische Leitlinien Ende Oktober vorlegte (vgl. TPM2019.44). Außerdem wurden die Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen (SprinD) und die Agentur für Innovation in der Cybersicherheit (Cyberagentur) gegründet sowie der Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FZulG) beschlossen.

Digitale Arbeitswelt

Was die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt betrifft, hat die Regierung im Qualifizierungschancengesetz ein Recht auf Weiterbildungsberatung und Zugang zur Weiterbildungsförderung verbrieft. Die einberufene Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ soll ihre Vorschläge bis zum Sommer 2021 präsentieren. Auf europäischer Ebene hat die Bundesregierung mit Frankreich eine Initiative zur globalen Mindestbesteuerung großer, international tätiger Digitalunternehmen gestartet. Eine konkrete Regelung soll im nächsten Jahr international beschlossen werden. Im Mai 2018 wurde mit einigen Unternehmen eine Corporate Digital Responsibility (CDR) Initiative ins Leben gerufen, die die digitale Verantwortung der Unternehmen unterstreicht. Bei der Vollendung des digitalen Binnenmarktes will die Bundesregierung die EU-Kommission zudem unterstützen.

Die digitale Bildung hat die Regierung speziell gefördert. So sollen durch den Digitalpakt Schule Investitionen in Höhe von fünf Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren getätigt werden. In puncto digitale Verwaltung verweist die Regierung auf Fortschritte bei der digitalen Beantragung von Leistungen. So könne das Elterngeld seit Oktober 2018 in sechs Ländern online beantragt werden. Außerdem sei die internetbasierte Fahrzeugzulassung (i-Kfz) seit 1. Oktober möglich.

Auch für den Rechtsstaat verursacht die Digitalisierung Veränderungen. Cyberangriffe und Cyberkriminalität sollen besser verfolgt werden können. Dabei soll der Nationale Pakt Cybersicherheit mit Herstellern, Anwendern und der öffentlichen Verwaltung helfen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wurde dazu 2019 „deutlich“ aufgestockt.

Ausstehende Vorhaben

In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode will die Regierung den Bürokratieabbau voranbringen, um mehr Unternehmensgründungen anzuregen. Geplant ist ein nationaler Digitalfonds gemeinsam mit der Industrie, der mehr Kapital institutioneller Anleger mobilisiert. Außerdem soll das Cloud-Projekt Gaia-X als europäische Dateninfrastruktur geschaffen werden. Um Klarheit für die Nutzung von Daten zu gewährleisten, hat die Regierung eine Datenstrategie angekündigt. Auch soll das Kartellrecht modernisiert und auf die Veränderungen der Digitalisierung angepasst werden, speziell soll die Missbrauchsaufsicht mit Fokus auf die Digitalwirtschaft weiterentwickelt werden.

Zu den weiteren Plänen zählen die Vorlage der Gesamtstrategie Mobilfunk noch im Herbst 2019 und die Gründung einer Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft, die ein bundeseigenes Förderprogramm für den Mobilfunkausbau in dünn besiedelten Gebieten organisieren soll. Der Anspruch auf schnelles Internet soll mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes ab 1. Januar 2025 gesetzlich festgeschrieben sein. Außerdem will die Regierung kostenlose Wlan-Hotspots in Einrichtungen des Bundes schaffen. Investitionen in die digitale Infrastruktur sowie automatisiertes und vernetztes Fahren werden ausgeweitet. Schulen, Krankenhäuser und Gewerbegebiete sollen ans Glasfasernetz angeschlossen werden.

Verwaltungsleistungen für Bürger sollen bis Ende 2022 online verfügbar sein, wie es das Onlinezugangsgesetz (OZG) festschreibt. Auch die internen IT-Lösungen der Verwaltung sollen harmonisiert werden. In Zukunft soll sich auch bei der Gesundheitsversorgung einiges verändern. Die Krankenkassen sollen ab 1. Januar 2021 ihren Versicherten eine zugelassene elektronische Patientenakte anbieten, die per Smartphone zugänglich sein soll. Telemedizin soll ausgebaut und das E-Rezept möglich werden.

Aktionsplan gegen Hate Speech angekündigt

In das Programm hat sich die Regierung außerdem einen Zukunftsdialog Soziale Netzwerke geschrieben, der Wege suchen soll, Hass im Netz besser zu bekämpfen.

„Wir bereiten eine Novellierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vor und entwickeln einen Aktionsplan zum Schutz von Betroffenen von Hass erfüllter Sprache (‚Hate Speech‘)“

, erklärt die Regierung. Das Nationale Cyber-Abwehrzentrum werde ausgebaut und der gesetzliche Rahmen mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 weiterentwickelt. Auch bei der Bundeswehr soll die Digitalisierung vorangetrieben werden.

Tagesspiegel Politikmonitoring

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf der Website des BASECAMP.

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