Bundesländer Digital: Warum Sachsen und Thüringen innovative Standorte sind
Kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen steht vor allem die schwierige politische Lage in beiden Ländern im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Doch wie sieht es eigentlich im Bereich der digitalen Innovation dort aus? Wir werfen einen Blick auf den Stand der Digitalisierung und geben einen kurzen Überblick zur digitalen Wirtschaft in Sachsen und Thüringen.
Sachsen und Thüringen konnten im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen eher selten mit positiven bundesweiten Schlagzeilen aufwarten. Doch die Nachricht über die Ansiedlung einer neuen Halbleiter-Fabrik in Dresden für 10 Milliarden Euro sowie der Ausbau der bestehenden Infineon-Chipfabrik zeigt, dass man die Standorte im Osten der Republik nicht unterschätzen sollte. Handelt es sich vielleicht sogar um digitale Innovationsländer?
Im Ländervergleich eher abgeschlagen
Der Länderindex des Bitkom zeigt zunächst einmal, dass es recht unterschiedlich um die Digitalisierung in Sachsen und Thüringen bestellt ist. Während Sachsen insgesamt Platz 8 belegt, rangiert Thüringen am Ende auf Platz 16. Besonders positiv schneidet Sachsen in den Bereichen „Governance & Verwaltung“ sowie „Digitale Gesellschaft“ ab, wo es jeweils den dritten Platz erreicht. Ein Beispiel ist die erfolgreiche Umsetzung digitaler Verwaltungsleistungen. Auch die sächsische Bevölkerung ist laut Index gegenüber der Digitalisierung sehr positiv eingestellt.
Thüringen hingegen hat deutlich mehr Nachholbedarf. Im Bereich „Digitale Wirtschaft“ liegt das Bundesland auf Platz 14, bedingt durch eine geringe Anzahl an Startups und IT-Unternehmen. Auch die digitale Infrastruktur in Thüringen weist erhebliche Schwächen auf: Hier belegt das Land im bundesweiten Vergleich nur den 16. Platz. Besonders problematisch ist die geringe Gigabitversorgung von Privathaushalten, Unternehmen und Schulen, bei der Thüringen jeweils die schlechtesten Werte im Ländervergleich erzielt. Gleichzeitig erreicht Thüringen bei der Ladeinfrastruktur den Bestwert, was vor allem am hohen Anteil an Schnellladepunkten liegt.
Auch Sachsen schneidet bei der digitalen Infrastruktur nicht besonders gut ab und belegt Platz 14. Zwar verfügt das Land über eine nahezu flächendeckende 5G-Verfügbarkeit, doch bei der Gigabitversorgung von Unternehmen (55 Prozent) und Schulen (67 Prozent) hinkt es hinterher. Im Vergleich dazu ist Berlin Spitzenreiter mit einer nahezu vollständigen Abdeckung, während Thüringen hier mit 39 bzw. 47 Prozent das Schlusslicht bildet.
Silicon Saxony als Vision
Im Kontrast zu diesen eher ernüchternden Zahlen gibt es allerdings auch einige Lichtblicke – oder besser gesagt Leuchttürme – in der Region, die zeigen, dass beide Bundesländer durchaus das Potenzial für digitale Innovation haben. Die bereits erwähnte neue Halbleiterfabrik etwa steht exemplarisch für die Idee eines “Silicon Saxony” im Raum Dresden: Hier haben sich mittlerweile viele Firmen angesiedelt, die auf dem Gebiet der Mikroelektronik forschen oder Halbleiter sowie Computerchips entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel Infineon, Bosch, GlobalFoundries und X-FAB. Laut dem Silicon Saxony genannten Unternehmensnetzwerk, das mehr als 500 Mitglieder hat, stammt mittlerweile jeder dritte in Europa produzierte Chip aus Sachsen.
Hinzu kommen laut sächsischem Wirtschaftsministerium fast 200 KI-Unternehmen im gesamten Freistaat, von denen 43 Prozent ebenfalls in Dresden ansässig sind. Aber auch Leipzig spielt als Innovationsstandort eine Rolle: Hier gibt es zum Beispiel einen Digital Hub für IoT-Anwendungen (wie auch in Dresden), die Bundesagentur für Sprunginnovationen sowie viele IT-Unternehmen. Weitere lokale Innovationsräume versammelt zudem die Digitalagentur Sachsen auf einer interaktiven Karte.
Leuchtturm Jena
Demgegenüber hat es Thüringen aufgrund struktureller Faktoren (nur halb so viele Einwohner und geringere Wirtschaftsleistung) schwerer als Sachsen, aber auch hier finden sich positive Beispiele. Dazu gehört insbesondere Jena, die Stadt sieht sich selbst als “Wiege des E-Commerce”, da hier bereits Mitte der 90er Jahre erste kommerzielle Online-Shops entwickelt wurden. Heute sind in der Universitätsstadt ca. 140 digitale Firmen aus allen Bereichen zu finden, darunter große Technologieunternehmen wie ZEISS oder Jenoptik.
Überhaupt sind die Innovationszentren des Landes eng mit der universitären und Forschungslandschaft verknüpft, die Hidden Champions aus Thüringen sind ansonsten aber eher im industriellen als im digitalen Bereich zu finden. Laut dem Zentrum Digitale Transformation Thüringen (ZeTT) gestaltet sich die aktuelle Wirtschafts- und Branchenentwicklung des Landes allerdings eher negativ. Inwiefern die politische Lage nach den Landtagswahlen zu einer Verbesserung beitragen und die Digitalwirtschaft in Thüringen wie in Sachsen stärken kann, muss sich erst noch zeigen.