Bundesländer Digital: Ein Blick in die Thüringer Wahlprogramme
Thüringer Landtag | Pressefoto: Thüringer Landtag/Michael Reichel
Thüringen wählt Ende Oktober und zentrale Themen sind der Mobilfunk und der Breitbandausbau. Je nachdem in welches Wahlprogramm man schaut, werden die Chancen auf soziale Teilhabe oder wirtschaftliche Impulse durch die Digitalisierung betont.
Am 27. Oktober wählt Thüringen einen neuen Landtag. Aktuell regiert in Erfurt ein Bündnis aus der Partei Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Ob die bisherige Koalition im neuen Parlament wieder eine Mehrheit zusammenbekommt, ist nach den letzten Umfrageergebnissen ungewiss. Ende September lag Die Linke bei 29 Prozent, gefolgt von der AfD mit 24 Prozent und der CDU mit 23 Prozent. SPD und Grüne kamen bei der Umfrage von INSA auf jeweils neun Prozent. Die FDP wäre mit vier Prozent nicht im Landtag vertreten.
Die Konkurrenten des Linken-Spitzenkandidaten Ramelow sind Mike Mohring, seit 2014 Landesvorsitzender der CDU-Thüringen und bereits seit 2008 Fraktionsvorsitzender der Landtagsfraktion. Für die SPD geht der vormalige Oberbürgermeister von Leipzig und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee ins Rennen. Bei den Grünen treten die derzeitige Landesministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz, Anja Siegesmund, sowie der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Thüringer Landtag, Dirk Adams, als Doppelspitze an. Wie schon zu den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen haben wir uns die Wahlprogramme der Parteien auf ihre digitalpolitischen Positionen hin unter die Lupe genommen.
Digitalisierung als soziale Teilhabe
Die Linke in Thüringen betrachtet die Digitalisierung als „Antrieb für eine sozial gerechte Zukunft“. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass alle Menschen an eine leistungsfähige digitale Infrastruktur angeschlossen werden. Die Linke betont in diesem Zusammenhang noch einmal die Umsetzung der Glasfaserstrategie des Landes. Bis 2022 sollen alle Unternehmen und Gewerbegebiete Gigabitanschlüsse erhalten, bis 2023 alle Bildungseinrichtungen des Landes und bis 2024 alle Verwaltungseinrichtungen. Spätestens bis 2025 sollen dann aber auch alle privaten Haushalte mit Glasfaser angeschlossen sein. Ziel ist der „flächendeckende Breitbandausbau mit Glasfaser“, schreibt die Partei in ihrem Wahlprogramm.
Aber auch bei der Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G soll Thüringen „vorangehen“, wovon sowohl Stadt als auch Land profitieren sollen. Daneben setzen die Linken aber auch auf „freie kommunale WLAN-Netze“ wie sie in Gera getestet wurden. „Städtische Ballungsräume brauchen flächendeckende WLAN-Netze in öffentlicher Hand“, ist die Linke überzeugt. Genauso will sie Initiativen unterstützen, Breitbandversorgung genossenschaftlich zu organisieren. Ein weiterer Punkt im Wahlprogramm der Partei adressiert die digitale Verwaltung, deren Portal und Angebote bis 2023 „Schritt für Schritt ausgebaut“ werden sollen. Die Arbeitnehmer*innen will die Linke in Thüringen mit einer „umfassenden Strategie zur Fort- und Weiterbildung“ fit für die Wirtschaft 4.0 machen.
Thüringen als digitaler Spitzenreiter
Die CDU-Thüringen betont in ihrem Wahlprogramm, für ein „digitales Spitzenland“ Thüringen arbeiten zu wollen. Digitalisierung soll in der Landesregierung daher „Chefsache“ und zentral koordiniert werden. Um für einen flächendeckenden Mobilfunkausbau zu sorgen, will die CDU einen „Masterplan 5G“ ausarbeiten. Gleichzeitig sollen Planungsverfahren für die technische und digitale Infrastruktur vereinfacht werden, um die Ausbauziel zügig zu erreichen. Jedes neue Gewerbegebiet soll zudem direkt mit Glasfaser ans Netz angeschlossen werden. Ein Fokus soll auch auf die digitale Wirtschaftsspionage gelegt werden – hier will die CDU in Thüringen eine „Cybersicherheitsstrategie“ vorlegen, um die Sicherheitsbehörden stärker aufzustellen.
Die Wirtschaft Thüringens soll darüber hinaus vom Aufbau eines KI-Transferzentrums profitieren. Damit der Verwaltungsaufwand für Unternehmen geringer wird, kündigt die CDU außerdem die Entwicklung einer passgenauen „digitalen Schnittstelle“ zur Verwaltung sowie die Förderung von Cloud-Lösungen „Made in Thüringen“ an. Förderprogramme für die Kommunen will die CDU stärker auf die Anforderungen „smarter“ Städte und Regionen ausrichten. Außerdem sollen die Gemeinden dabei unterstützt werden, alle möglichen Bundesmittel zur Unterstützung des Breitbandausbaus auch tatsächlich abzurufen. Zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle will die Partei zudem „deregulierte Erprobungsräume“, auch „regulatory Sandboxes“ genannt, etablieren. Davon sollen insbesondere die Plattform- und Sharing-Ökonomie, Innovationen auf Basis von Künstlicher Intelligenz sowie die autonome Mobilität profitieren.
Thüringen soll Modellregion werden
Die Thüringer SPD will das Bundesland zur „digitalen Modellregion“ in Deutschland machen. Ob „5G, Smart City/Region, eHealth, eMobility oder eLearning“, Unternehmer und Bildungseinrichtungen soll eingeladen werden, neue digitale Modelle in Thüringen zu testen. Dazu soll die Digitalstrategie des Landes „konsequent weiterentwickelt“ werden. Konkret will die SPD eine Digitalagentur als zentralen Ansprechpartner schaffen. Darüber hinaus soll die Gasfaserstrategie des Landes zügig umgesetzt und die Kommunen beim Breitbandausbau unterstützt werden. Bei allen zukünftigen Tiefbauarbeiten sollen „bedarfsgerecht“ direkt Leerrohre mitverlegt werden. Beim Mobilfunk strebt die Partei eine „flächendeckende Versorgung“ für Thüringen an. Bei den Ausbauplanungen des Glasfasernetzes sollen potenzielle Standorte von Mobilfunkstationen mitberücksichtigt werden.
Als etablierten IT-Standort will die SPD Jena zu einer „Smarten Modellstadt für Thüringen und Deutschland“ entwickeln. Gleichzeitig sollen Modellregionen im ländlichen Raum identifiziert werden, in denen gezeigt werden soll, wie die Herausforderungen dieser Regionen in den Bereichen „Mobilität, Bildung, Energie, Abfallentsorgung oder Gesundheitsweisen“ mit Hilfe des „schnellen Internets“ gelöst werden können. Zur schnelleren Entwicklung der digitalen Verwaltung plant die SPD, das „Kompetenzzentrum Verwaltung 4.0“ zu stärken, um die Kommunen gezielter zu unterstützen und Lösungen in Modellkommunen zu testen. Der Chief Information Officer des Landes soll in Zukunft zudem Kabinettsrang erhalten.
Schneller ans Netz
Die Grünen in Thüringen betonen ähnlich wie die Linken, dass der Zugang zum Internet die Basis für die Teilhabe im digitalen Raum ist. Aufgrund dessen will die Partei den Breitbandausbau „wesentlich stärker“ betreiben. Darüber hinaus wollen sich die Grünen aber auch dafür einsetzen, dass Telekommunikationsanbieter ihre Neukunden schneller ans Netz anschließen müssen. Die Internet-Konnektivität müsse so schnell hergestellt werden, wie die Versorgung mit Strom und Wasser. Der Mobilfunkausbau soll prioritär entlang der Bahntrassen in Thüringen vorangetrieben werden – jedoch mit dem Ziel, alle Funklöcher im Land zu schließen.
Mit Blick auf öffentliche Einrichtungen und die Verwaltung setzen die Grünen auf die Nutzung von Open-Source-Lösungen. Dies soll zu einem Förderschwerpunkt werden. Darüber hinaus will die Partei eine Open-Data-Strategie entwickeln. Dazu gehört auch, dass behördliche Dokumente „unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte prinzipiell öffentlich in einem barrierefreien Format“ zugänglich gemacht werden sollen. Ein Schwerpunkt der Grünen ist zudem der Aspekt Bildung: so setzt sich die Partei für eine „generationenübergreifende Medienbildung“ ein. Die Ausbildung von Lehrkräften soll dazu um eine „medienpädagogische Grundkomponente“ ergänzt werden. Außerdem soll das Fach Informatik an Schulen verpflichtend werden.