Breitbandversorgung: Große Ambitionen, kleine Mittel
Tele2 Litauen hat die Einführung mobiler Breitbanddienste auf Basis der Mobilfunktechnik LTE (Long Term Evolution) in fünf Städten Litauens angekündigt. Diese konkrete Entwicklung in dem Drei-Millionen-Einwohner-Land ist ein direktes Ergebnis der im März 2012 versteigerten Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang im Bereich 2.600 MHz.
Die Lizenz für den Bereich 2.600 MHz ist an eine Bedingung gebunden: Die Firma muss innerhalb der ersten drei Jahre des Lizensierungszeitraums für wenigstens fünf litauische Städte eine Netzabdeckung von 50 Prozent gewährleisten. Nach fünf Jahren muss der Mobilfunkbetreiber eine 50-prozentige Abdeckung in 15 Städten vorzeigen können.
Digitale Agenda der EU: Breitbandversorgung großgeschrieben
Litauen ist seit 2004 in der Europäischen Union. Sechs Jahre nach Litauens Zutritt, setzte sich die EU mit dem Programm “Digitale Agenda“ für zwei hochrangige Ziele. Alle Bürger der Europäischen Union sollen:
- eine grundlegende Breitbandversorgung bis 2013 zur Verfügung haben und
- im Jahr 2020 Breitband-Geschwindigkeiten von mindestens 30 Megabit pro Sekunde genießen können.
Bei der Breitbandversorgung steckt der Teufel im Detail
Konsequent bemühen sich in den letzten Jahren nationale Regierungen beziehungsweise nationale Regulierungsbehörden – wie der Fall der Tele2-Lizenzen in Litauen in gewisser Weise zeigt –, Frequenzversteigerungen mit klaren Versorgungsverpflichtungen zugunsten der mobilen Breitbandabdeckung voranzutreiben.
Eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie zur Breitband-Versorgung, die Daten bis Juli 2012 berücksichtigt, zeigt: Europa nähert sich dem Ziel, bis Ende 2013 100 Prozent der EU-Bevölkerung Breitbandabdeckung von wenigstens 0.5 Megabit/Sekunde zu bieten. Doch der Teufel liegt bekanntlich im Detail: In ländlichen Gebieten sieht es schlechter aus als in den Städten.
Mobile Breitbandversorgung in ländlichen Gebieten
Es ist damit zu rechnen, dass in der EU noch viel Arbeit geleistet werden muss, bevor das zweite Ziel erreicht wird. Die Studie stellt fest, dass leistungsfähigere Breitbandtechnologien, die unter dem Schlagwort “Next Generation Access” (NGA) zusammengefasst werden, in der Hälfte der rund 200 Millionen EU-Haushalte verfügbar sind. Rund 35 Millionen der 40 Millionen ländlichen Haushalte warten dagegen noch auf NGA-Breitband.
Gerade in ländlichen Gebieten, die Anbieter aus Kostengründen ungern freiwillig mit Kabeln anschließen, spielen kabellose Technologien eine große Rolle für die Versorgung mit Hochgeschwindigkeitszugängen – zum Beispiel die Mobilfunktechnologie LTE oder möglicherweise bald auch vermehrt Satelliten basierte Breitbandverbindungen. Dementsprechend wichtig ist die mobile Versorgung, wenn die EU ihre ehrgeizigen 2020er-Ziele erreichen will.
Mobile Breitbandversorgung in Deutschland und Schweden
In 2010 wurden in Deutschland die 800-MHz-Lizenznehmer verpflichtet, einen Breitband-Ausbau in ländlichen Gebieten zuerst zu betreiben, bevor sie in die Ballungsgebiete ziehen durften. Die Qualität des Breitband-Anschlusses wurde dem Lizenznehmer überlassen.
In Schweden beinhalteten, anders als in Deutschland, die Versorgungsauflagen bei der 800-MHz-Lizenzvergabe die Verpflichtung, bestimmte Haushalte mit einem Breitband-Anschluss von mindestens 1 Megabit/Sekunde zu versorgen.
Förderung des Breitband-Ausbaus gekürzt
Die bisherigen Versorgungsverpflichtungen in Litauen, Deutschland, aber auch anderen EU-Staaten wie Schweden, tragen zur Erreichung des ersten Ziels der Digitalen Agenda bei. Doch das zweite Ziel könnten sie verfehlen. Um die Breitbandversorgung in allen Regionen Europas fair zu implementieren, müssten Versorgungsverpflichtungen bei Frequenzvergaben für den Mobilfunk den Zielen der Digitalen Agenda entsprechen.
Vor dem Hintergrund, dass die Europäische Kommission Anfang Februar 2013 die geplante Breitband-Finanzierung von 9,2 Milliarden Euro platzen ließ und auf 1 Milliarden Euro beschränkte, ist fraglicher denn je, ob die Anwendung der Mobilfunktechnik LTE die Breitbandversorgung in allen Gebieten der EU ausreichend schnell vorantreiben kann.
Die E-Plus Gruppe unterstützt das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft beim Aufbau einer Plattform zu Fragen der Internet-Regulierung. Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen dieser Kooperation auf UdL Digital.