Boston Consulting Group: Bei Partnerschaften mit Start-ups ist Luft nach oben
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29 von 30 DAX-Unternehmensetzen für mehr Innovationskraft auf Kooperationen mit Start-ups. Meist ziehen daraus jedoch die Unternehmen mehr Gewinn. Bei Firmengründern herrscht oft Unzufriedenheit mit den Bedingungen der Zusammenarbeit, weil sie insbesondere sichtbare Umsatzzuwächse durch die Partnerschaft vermissen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung des Beratungsunternehmens Boston Consulting Group (BCG).
Nur45 Prozent der Start-ups sind laut der BCG-Studie After the Honeymoon Ends: Making Corporate-Startup Relationships Work glücklich mit den Partnerschaften mit großen Unternehmen. „Momentan herrscht bei Kooperationen häufig Frust. Dennoch beobachten wir gerade jetzt den Beginn einer neuen Phase der Zusammenarbeit, in der beide Seiten aus ihren Erfahrungen lernen und ihre Partnerschaften mit klareren, realistischeren Erwartungen gestalten“, sagt Stefan Gross-Selbeck, globaler Geschäftsführer von BCG Digital Ventures. „Angesichts immer kürzerer Innovationszyklen liegt in solchen Kooperationen auch weiterhin großes Potenzial“. Dessen ist sich auch Telefónica bewusst und hat seit letztem Jahr sein Förderprogramm Wayra neu aufgestellt und arbeitet nun erfolgreich noch enger mit geförderten Start-ups zusammen.
Innovationskraft: Kleinere Unternehmen haben Aufholbedarf
Für viele der 190 befragten großen Unternehmen ist die voranschreitenden Digitalisierung Treiber für eine Zusammenarbeit mit Start-ups. Sie versprechen sich unter anderem, das eigene Geschäftsmodell schneller zu digitalisieren. Die Jungunternehmen bauen hingegen darauf, über Partnerschaften mit Konzernen den eigenen Marktzugang zu verbessern. In Deutschland sind vor allem die Finanzindustrie, die Automobilbranche sowie der Chemie- und Pharmasektor Vorreiter auf dem Gebiet und gehen die meisten Partnerschaften mit Start-ups ein. Am beliebtesten sind bei ihnen Innovations- oder Digitallabore.
Im Durchschnitt verfügen die Firmen über drei der fünf von der BCG betrachteten externen Innovationsvehikel (Digital- und Innovationslabore, Corporate-Venture-Capital, Inkubatoren, Beschleuniger oder Kooperationseinheiten), ein Fünftel der Dax-Konzerne setzt sogar auf alle fünf Formen. Anders sieht es bei Familienunternehmen aus: Hier nutzt nur etwas mehr als die Hälfte ein Innovationsvehikel, und nur zwei Prozent greifen auf die gesamte Palette zurück. „In einer schnelllebigen Welt ist es gerade für Konzerne unerlässlich, auf Partnerschaften mit Start-ups zu setzen. Kleinere und mittlere Unternehmen müssen hier noch aktiver werden, damit sie auch weiterhin Hidden Champions und für digitale Talente attraktiv bleiben können“, erklärt Michael Brigl, Partner und Corporate-Venturing-Experte bei BCG.
Uneinigkeit: Hohe Erwartungen werden oft enttäuscht
Nachanfänglicher Euphorie über die Zusammenarbeit tritt jedoch häufig Ernüchterung ein. Grund dafür sind häufig zu hohe Erwartungen, so die Studie. 40 Prozent der etablierten Player kritisieren, dass während der Kooperation zu wenige Pilotprojekte gestartet und keine neuen Geschäftsmodelle entwickelt wurden. Sogar 45 Prozent der Gründer sind enttäuscht, dass ihre Ziele nicht erfüllt werden, sie also keinen sichtbaren Umsatzzuwachs durch besseren Marktzugang oder neue Vertriebskanäle erzielen konnten.
Nichts desto trotz steckt in der Zusammenarbeit großes Potential. Um dieses auszuschöpfen müssen große Unternehmen lernen, Zugang zu Ressourcen sicherzustellen und Pilotprojekte mit dem Start-up zu definieren. Start-ups müssen dagegen deutliche machen, welchen Mehrwert sie bringen sie in eine Kooperation einbringen, so die Studie. „Dies ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit, in der das volle Potenzial ausgeschöpft werden kann“, ergänzt Gross-Selbeck. „Partnerschaften leisten einen wesentlichen Beitrag, Innovationen zu beschleunigen, und sind im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland unverzichtbar.“