Babylonische Begriffsverwirrung: Was ist eigentlich Mobile Payment?
Mobiles Bezahlen ist in aller Munde – Fast täglich hagelt es neue Nachrichten, Studien oder Pressemitteilungen. Dabei ist bis dato nicht einmal geklärt, was Mobile Payment sein soll.
Mobiles Bezahlen ist in aller Munde – Fast täglich hagelt es neue Nachrichten, Studien oder Pressemitteilungen. Das Thema scheint ein absolutes „Hot Topic“ zu sein. Wenn man aber mal im Bekanntenkreis nachfragt, was denn der Einzelne unter Mobile Payment versteht, dann kommt ein Sammelsurium an unterschiedlichen Antworten dabei heraus: Von „Ich kaufe Apps mit meinem Smartphone“ über „Ich hab’ neulich mal von unterwegs was bei Amazon bestellt“ bis „Da gibt es doch jetzt diese neuen NFC-Geräte an der Supermarktkasse – ich glaube, da kann ich mit dem Handy bezahlen“. Höchste Zeit für ein wenig Aufklärung!
Wie man aus den beispielhaften Antworten schon heraushören kann, geht es eigentlich um zwei verschiedene Dinge: Zum einen um das Bezahlen über die Handyrechnung (oder das Prepaid-Guthaben) – zum anderen um Bezahlvorgänge, bei denen das Handy als Hilfsmittel für die Zahlungstransaktion dient. Was heißt das nun im Detail?
a) Zahlen per Handyrechnung
Das Thema ist eigentlich ein alter Hut. Seit Ende der 90er Jahre kann man bei jedem Netzbetreiber bestimmte Zahlungen über die Handyrechnung abwickeln. Wer jemals einen Klingelton runtergeladen hat, der weiß was gemeint ist. Man surft per Smartphone oder per WAP-Browser (auch so was gibt es ja noch) auf eine beliebige Anbieter-Seite, wie z.B. die m.base.de, sucht sich den Lieblings-Song aus und muss dann – je nach technischer Variante – entweder nur per Klick bestätigen oder noch mal die Handynummer eingeben, auf die dann ein Bestätigungs-Code geschickt wird. Auf der nächsten Telefonrechnung taucht der Betrag auf und das Thema ist erledigt.
Auch wenn diese Methode nicht mehr taufrisch ist, findet sie nach wie vor breite Anwendung: Bei Käufen im Google Play-Store (zumindest bei vielen Netzbetreibern), bei Online-Spielen und auf besagten WAP- und Webseiten für Handyspiele, Hintergrundbilder und Klingeltöne.
In all diesen Fällen agiert der Mobilfunkanbieter eigentlich wie eine Bank: Im Auftrag für einen Dritten ziehen wir Netzbetreiber von unseren Kunden das Geld ein und reichen es (nach Einbehalt einer Transaktions-Marge) an denjenigen weiter, der unserem Kunden etwas verkauft hat. Was man wissen muss: Diese Rolle des Geld-Spediteurs dürfen Netzbetreiber nur für digitale Güter und ausschließlich bis zu einer Wertgrenze von 15 Euro durchführen. Alles darüber hinaus dürfen nur Banken tun.
Wenn in diesen Tagen von Mobile Payment die Rede ist, dann geht es allerdings meistens um:
b) das Smartphone als Hilfsmittel beim Bezahlen
Nanu, mag sich mancher fragen – Ich dachte es gut um das Bezahlen mit dem Handy? Fast richtig, aber: anders als oben beschrieben, hat der Mobilfunker in den neuen Formen des mobilen Bezahlens nicht die Rolle einer Bank. D.h.: Eine Zahlung fließt nicht vom Kunden über die Handyrechnung zum Verkäufer, sondern vom (Kreditkarten-)Konto des Kunden über die beteiligten Banken zum Händler.
Nehmen wir mal den Fall des neuen Bezahlchips von BASE und der Targobank: Kunden, die sich für diese neue Form des Bezahlens entscheiden, bekommen auf Antrag einen kleinen Aufkleber für ihr Handy, der die konventionelle Kreditkarte ersetzt. In diesem Sticker ist zum einen ein NFC-Funksensor enthalten (viele Zugangskarten und Schließsysteme arbeiten schon seit Jahren mit dieser Technologie, beispielsweise die „Oyster-Card“ für die Londoner U-Bahn). Neben diesem Funkchip sind die üblichen Kreditkarten-Daten verschlüsselt im Bezahlchip enthalten.
In der Praxis geht das so: An der Ladenkasse das Handy (mit Chip-Aufkleber) an das Empfangsterminal mit den PayPass-Logo halten – Quittungston abwarten – fertig. Ab 25 Euro Zahlbetrag muss zur Sicherheit noch eine PIN eingegeben werden.
Das Bezahlchip-Modell ist beileibe noch nicht das Ende der Entwicklung, sondern nur der Anfang. In wenigen Monaten werden alle Handynetze in Deutschland mit einem zusätzlichen Sicherheitsmerkmal ausgestattet sein, das es erlaubt, die Informationen, die aktuell noch im Sticker gespeichert sind, direkt per sicherer Mobilfunk-Leitung in das Handy (genauer: auf die SIM-Karte) zu speichern. Kunden können dann bei Zahlungen bequem auswählen, mit welcher Karte sie bezahlen wollen – das geschieht über eine neue Smartphone-App: die „Mobile Wallet“, eine Art digitaler Geldbörse. Dazu hier mal ein Demo-Video der US-amerikanischen Netzbetreiber, die das Ganze als Gemeinschaftsunternehmen ISIS auf den Markt gebracht haben.
Zusammengefasst kann man sagen: Anders als der Begriff Mobile Payment eigentlich vermuten lässt, geht es bei der aktuellen Diskussion vor allem um eine digitale Version der guten alten Geldbörse. Die Bezahlformen (Kreditkarten, EC-Karten) und die dafür Verantwortlichen (Banken, Kreditkartengesellschaften) werden dabei im Wesentlichen die Gleichen sein – aber alle Karten wandern ins Smartphone. Und genau dieser Übergang ist eine wichtige Aufgabe für die Netzbetreiber.
Ein Wort noch zum Thema Sicherheit: Kein Kunde muss sich davor fürchten, dass er bei Verlust seines Handies für eventuell entstehende Schäden aufkommen muss – die Haftungsregeln und Sperrmöglichkeiten werden identisch sein mit den Regeln für die heutigen Kreditkarten. Und auch das Thema Datenklau ist im Griff: Die Verschlüsselung des sicheren Kanals im Handynetz, die für die Übertragung der Karten-Informationen zuständig sein wird, ist eine der ganz wenigen standardisierten Datenkanäle, die noch niemals von Hackern geknackt werden konnten – und das nach 20 Jahren Mobilfunk!
Welche anderen, hochspannenden Anwendungen und Möglichkeiten sich in durch die neuen Mobile Wallets ergeben werden, davon erzählen wir bei anderer Gelegenheit!
Am 16. August findet im BASE_camp der Mobilisten-Talk zum Thema Mobile Payment statt. Der Eintritt ist frei.
Uli Coenen ist Chief Innovation Officer (CIO) der E-Plus Gruppe. Er schreibt monatlich auf UdL Digital über Innovationen aus dem Mobilfunk.