Automatisiertes Fahren: Wie es weitergehen könnte
Das Bundeskabinett hat am 23. August einen Maßnahmenplan zur Erarbeitung von Ethik-Regeln für Fahrcomputer beschlossen. Damit nimmt die Bundesregierung die Handlungsempfehlungen der Ethik-Kommission auf, die Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im vergangenen Jahr eingesetzt hatte. Die 14-köpfige Kommission unter der Leitung des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo di Fabio hatte die Ergebnisse seiner neunmonatigen Beratungen – das Gremium präsentierte in seinem Abschlussbericht 20 Thesen – am 20. Juni vorgestellt. Die Bundesregierung kündigt in ihrem Beschluss an, den Maßnahmenplan „zügig“ umzusetzen. Dies wird allerdings nicht möglich sein, da es in dieser Legislaturperiode keine ausreichende Zahl von Sitzungen des Deutschen Bundestages mehr geben wird. Die schwarz-rote Bundesregierung gibt damit aber zumindest die Richtung vor, wie es ihrer Ansicht nach in der nächsten Legislaturperiode mit der Gestaltung der Rahmenbedingungen für das automatisierte und vernetzte Fahren weitergehen soll.
Rechtsrahmen für Programmierung
Angekündigt wird die Entwicklung „eines geeigneten Rechtsrahmens für die Programmierung von Fahrcomputern“, der die Einhaltung der Grundsätze verbindlich vorschreibt, die von der Ethik-Kommission entwickelt worden waren. Dazu gehört, dass Unfallsituationen soweit wie möglich vermieden werden sollen. Zudem soll der Schutz von Menschen Vorrang vor dem Schutz von Tieren und Gegenständen haben. Jegliche Qualifizierung von Menschen hingegen, beispielsweise in puncto Alter, Geschlecht, körperlicher oder geistiger Konstitution, soll unzulässig sein. Nach Auffassung der Ethik-Kommission könne zudem eine allgemeine Programmierung auf eine Minderung der Zahl von Personenschäden vertretbar sein. Um weitere offene Fragen in diesem Zusammenhang zu erörtern, soll die Untersuchung und Diskussion von sogenannten Dilemmasituationen laut Maßnahmenplan fortgesetzt und vertieft werden. So wie es die Ethik-Kommission gefordert hatte, sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass dieser Prozess durch eine öffentliche Institution begleitet wird.
Was in diesem Zusammenhang fehlt, ist der Algorithmen- TÜV, den die Ethik-Kommission in etwas verklausulierter Form gefordert hatte.
„Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf eine hinreichend differenzierte Aufklärung über neue Technologien und ihren Einsatz. Zur konkreten Umsetzung der hier entwickelten Grundsätze sollten in möglichst transparenter Form Leitlinien für den Einsatz und die Programmierung von automatisierten Fahrzeugen abgeleitet und in der Öffentlichkeit kommuniziert und von einer fachlich geeigneten, unabhängigen Stelle geprüft werden“, heißt es in These zwölf des im Juni vorgelegten Abschlussberichts.
Die Bundesregierung kündigt aber zumindest die Entwicklung eines Szenarienkatalogs für selbstlernende Systeme an, der an eine „neutrale, noch zu bestimmende Instanz übergeben werden soll, um entsprechende allgemeingültige Vorgaben zu erstellen“. Dies hatte die Ethik-Kommission in These 17 gefordert.
Vorgaben für Datenschutz
In puncto Datenschutz kündigt die Bundesregierung an, die Rahmenbedingungen insbesondere der Vorgaben aus der EU -Datenschutzgrundverordnung weiterentwickeln zu wollen. Dabei soll ein Ausgleich gefunden werden zwischen
„der für die Sicherheit notwendigen Datenerhebung, der Gewährleistung von Innovation und Wettbewerbsgerechtigkeit und der Sicherstellung der informationellen Selbstbestimmung einschließlich des erforderlichen Schutzes Betroffener aus dem Fahrzeugumfeld“.
Die Ethik-Kommission hatte in ihrem Abschlussbericht mit ihrem Votum die Position von Daten und Verbraucherschützern gestärkt:
„Fahrzeughalter oder Fahrzeugnutzer entscheiden grundsätzlich über Weitergabe und Verwendung ihrer anfallenden Fahrzeugdaten. Die Freiwilligkeit solcher Datenpreisgabe setzt das Bestehen ernsthafter Alternativen und Praktikabilität voraus. Einer normativen Kraft des Faktischen, wie sie etwa beim Datenzugriff durch die Betreiber von Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken vorherrscht, sollte frühzeitig entgegengewirkt werden“, heißt es dort.
Auch die Bundesregierung geht in ihrem Maßnahmenplan davon aus, dass der Fahrer „grundsätzlich selbst über Weitergabe und Verwendung seiner Fahrzeugdaten entscheiden“ kann.
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.