Arbeiten mit KI: UdL Digital Talk mit Hubertus Heil und Anja Hendel
Generative Künstliche Intelligenz ist dabei, unsere Arbeitswelt in kurzer Zeit drastisch zu verändern. Aber wie gut sind wir in Deutschland darauf vorbereitet? Und was können Politik und Gesellschaft dafür tun, den revolutionären Wandel der Arbeit möglichst positiv zu gestalten? Darüber diskutierten Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, und Anja Hendel, Managing Director bei diconium, beim UdL Digital Talk im BASECAMP.
Gastgeber Cherno Jobatey wollte von den beiden Gästen wissen, ob Deutschland gut genug gerüstet ist für die neue Arbeitswelt, in der generative Künstliche Intelligenz eine entscheidende Rolle spielen wird – und ob wir nicht schon mittendrin sind im Wandel. Dass dieses Thema von großer Relevanz ist, zeigte sich auch am zahlreichen Publikum, das für diese Ausgabe des UdL Digital Talk ins BASECAMP gekommen war.
Heil: Spezifische Stärken besser nutzen
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und die studierte Wirtschaftsinformatikerin und Unternehmerin Anja Hendel zeigten sich beide überzeugt, dass wir uns durch die neuen Technologien bereits mitten in einer umfassenden Transformation der Arbeitswelt befinden. Damit war der Ton für die Debatte gesetzt, die sehr harmonisch und sachlich zwischen den beiden Diskutanten lief, auch wenn Moderator Jobatey versuchte, Punkte des Dissens ausfindig zu machen.
Mit Blick auf die traditionelle deutsche Skepsis gegenüber Neuem betonte Heil, dass Deutschland oft dazu neige, seine Stärken bei solchen Veränderungen nicht zu erkennen, z.B. die Menge an vorhandenen Maschinendaten. So sei die Forschung zu KI hierzulande stark, problematisch wäre aber der Übergang hin zur Verwendung der Technologie bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Hendel konkretisierte, dass der Sprung von der Wissenschaft zur konkreten KI-Anwendung schwierig sein könne, da vor allem die Entwicklung passender Software für die Unternehmen eine besondere Herausforderung sei. Hier sei mehr Raum für die Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft nötig.
Praktische Beispiele für konkreten Nutzen
Damit solche Probleme und die deutsche Skepsis nicht zu einem Standortnachteil werden, brauche es vor allem Beispiele „für den praktischen Mehrwert“ von KI, die den Technologiesprung begreifbar machen, wie Heil hervorhob. Während der Diskussion präsentierte er immer wieder solche Exempel, etwa aus dem Arbeitsministerium: In seinem Ressort werden demnach mithilfe eines KI-Tools Datenbanken und Publikationen weltweit durchforstet, um Trends zur Veränderung der Arbeitswelt ausfindig zu machen.
„Das ist das Tolle auch für Politik: Dass wir in kürzerer Zeit auf Basis von viel mehr Informationen plausible Annahmen treffen können, wie sich Dinge entwickeln.“ (Hubertus Heil)
Weitere Beispiele betrafen etwa den KI-Einsatz bei der Agentur für Arbeit für ein „besseres Matching“ am Arbeitsmarkt, bei Unternehmen die Schichtplanung oder die Entlastung von Verwaltungsaufgaben im Pflegebereich. Darüber hinaus sei es aber auch wichtig, auf der politischen Ebene für Vertrauen bei den Menschen per Regulierung zu sorgen.
Erfolgsfaktoren und Datenfragen
Als Erfolgsfaktoren für die KI-Verwendung in Politik und Wirtschaft wurden von Heil und Hendel vor allem die positive Rolle von diversen Teams sowie die Bereitschaft, Dinge ohne Furcht auszuprobieren, diskutiert. In diesem Sinne sei auch ein entsprechendes Mindset wichtiger als ein alles bedenkender Rechtsrahmen, wie Hendel meinte.
Hinsichtlich der Regulierungsfrage wurde kurz über den AI-Act der EU gesprochen, der aber nur ein Teil der europäischen Datenstrategie sei, wie Heil anmerkte. Auch Fragen der angemessenen Datennutzung und des Datenschutzes waren hierbei Thema, da dies für die Verwendung von KI-Tools sehr entscheidend sei. Hier müsse Deutschland sich wohl noch bewegen, gab Heil zu.
Die Bedeutung von Bildung und Weiterbildung
Bei der grundsätzlichen Frage, wie wir uns hierzulande besser auf den Wandel der Arbeitswelt einstellen können, ging es immer wieder um den Handlungsbedarf im Bildungsbereich, sowohl bei jungen Menschen, als auch bei älteren Arbeitnehmenden und den Unternehmen. Aus Sicht der beiden Gäste braucht es hier eine größere Bereitschaft und Anstrengung, sich um Weiterbildung der Menschen zu bemühen – aber auch eine stärkere Offenheit im Bildungssystem für technologische Innovationen.
Dies sei umso wichtiger, da die Potenziale von KI riesig seien, wie sowohl Heil als auch Hendel betonten, ohne aber die Risiken der neuen Technologie unerwähnt zu lassen. Die grundlegende Herangehensweise der Bundesregierung brachte der Arbeitsminister mit dem menschenzentrierten Ansatz auf den Punkt:
Den Wandel gestalten
Man dürfe die momentane Entwicklung und Dynamik aber nicht verschlafen. Der aktuelle Wandel transformiere die Arbeitswelt nämlich nicht erst in 30 bis 40 Jahren wie bei früheren technologischen Revolutionen, sondern schon in den nächsten zehn Jahren, wie der Minister betonte. Deshalb sei es wichtig, ihn zu gestalten und nicht nur über sich ergehen zu lassen.
„Ich finde schon, dass es unsere Aufgabe ist, dass man aus technologischem Wandel auch sozialen Fortschritt macht.“ (Hubertus Heil)
Hendel wiederum hob hervor, dass Angst vor der Veränderung uns nicht weiterbringe und dass durch die Umbrüche in der Arbeitswelt auch unser Umgang mit Arbeit an sich ein anderer werden müsse.
„Angst davor, dass Technologie uns irgendetwas wegnimmt, auch KI, die bringt uns nirgends hin.“ (Anja Hendel)
Den Abschluss des UdL Digital Talk bildeten wie immer die Fragen aus dem Publikum. Hierbei kamen der IT-Fachkräftemangel, eine mögliche Digitalsteuer sowie die Rolle von KI als Enabler für mehr inklusive Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigung zur Sprache. In diesem Kontext erläuterte Arbeitsminister Heil nicht nur die Säulen der Fachkräftesicherung, sondern erklärte nochmal eindringlich, dass der momentane Technologiesprung dramatische Auswirkungen am Arbeitsmarkt haben werde – und zwar speziell für hochqualifizierte Jobs in der Wissensarbeit. Er war sich aber sicher: Arbeit werde es weiterhin genug geben in unserer Gesellschaft.