#Ansipblogs, #Jourovatweets, #Gabrielposts: Digitaler Binnenmarkt – here we come?
Sei es auf dem EU-Kommissions-Blog, über diverse Twitter-Accounts oder Facebook-Seiten – auffällig stark setzt die EU-Kommission auf digitale Kanäle, um für ihre Digitalvorhaben zur Vollendung des digitalen Binnenmarkts zu werben. Motiv für die starke Social-Media-Präsenz könnte auch sein, dass die Kommission unbedingt noch vor der Europawahl alle Digitalvorhaben abhaken will – und ein Interesse daran hat, dass sie als treibende Kraft angesehen wird. Was posten die relevanten Akteure der EU-Kommission derzeit zum Thema Digitalisierung? Und welche politischen Vorhaben und Ziele stehen als nächstes auf der Tagesordnung? Ein „Social-Media-Scan“ der EU-Kommission.
Zu Beginn seiner Amtszeit als EU-Kommissionspräsident erläuterte Jean-Claude Juncker, dass die Schaffung eines „vernetzten digitalen Binnenmarkts“ (#DSMeu) eines seiner politischen Ziele sein wird. Seither kümmern sich vor allem drei Köpfe seiner Kommission darum, dieses Ziel zu erreichen: Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für den digitalen Binnenmarkt Andrus Ansip, der auf Twitter mindestens täglich von sich hören lässt und gerne auch mal eigene lange Blogbeiträge zum Thema verfasst (#Ansipblogs). Věra Jourová, die Justizkommissarin, deren Twitterwand zeigt, wie viel sich die Generaldirektion Justiz derzeit mit den rechtlichen Aspekten der Digitalisierung beschäftigt, und die Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Mariya Gabriel, die auf Twitter auch kräftig für die DSM-Initiativen der EU-Kommission wirbt.
Volles Hausaufgabenheft
Denn noch liegen zwölf legislative DSM-Initiativen der EU-Kommission auf den Tischen von EU-Parlament und Rat, die nicht final beschlossen sind– darunter zum Beispiel die EU-Copyright-Reform einschließlich der umstrittenen Upload-Filter und eines fünfjährigen Leistungsschutzrechts für Presseverleger, das Reformpaket zur Cybersicherheit in Europa und die Überprüfung der Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie). „A lot of expectations“ liegen hier laut Ansip’s Twitter-Post auf der neuen österreichischen Ratspräsidentschaft, die seit Juli im Amt ist. Bis zum Ende des Jahres 2018 wollte die EU-Kommission eigentlich alle Vorhaben abgeschlossen haben.
„Good progress on #DigitalSingleMarket“ habe laut einem Tweet von Ansip in jedem Fall die bulgarische Ratspräsidentschaft gemacht. Unter ihrer Schirmherrschaft kam es zu sechs Einigungen zwischen Kommission, Rat und Parlament auf dem Weg zur Vollendung des digitalen Binnenmarktes (#BEREC, #FreeFlowofData, #AVMSD, #dataprotection, #SingleDigitalGateaway) und drei Entscheidungen wurden im Rat erzielt (#copyright, #HPC, #cybersecurity).
Sorgenkind Copyright-Reform
Dass aber ausgerechnet die Copyright-Reform eines der kontroversesten Vorhaben des gesamten DSM-Projekts werden würde, damit hatte Ansip nicht gerechnet. In einem Blogpost vom 23. Juli beklagt er, dass sich die lebendige Debatte über die Urheberrechtsreform längst in Parolen und Übertreibungen verwandelt habe. Alle Seiten sollten mehr politische Willensstärke und Flexibilität bei der Kompromissfindung für ein neues Urheberrecht zeigen, damit die Trilog-Verhandlungen im Herbst anfangen können.
Zuletzt hatte es heftige Kritik von Verlags- und IT-Verbänden sowie diversen Europa-Abgeordneten gegeben, die wichtige Grundfreiheiten im Internet eingeschränkt sehen. Auch European Digital Rights (EDRi) hatte sich gegen die „Zensurmaschinen“ eingesetzt. In einem kürzlich veröffentlichten Tweet schrieb EDRi nun:
„We fully agree with @Ansip_EU’s latest blog post“.
Gleichzeitig setzt sich die Organisation derzeit mit einem „Action plan against the first obligatory EU internet filter“ gegen die ihrer Ansicht nach illegitimen – weil hinter verschlossenen Türen stattfindenden – Verhandlungen zwischen der JURI-Ausschuss des EU-Parlaments und dem Rat der EU, ein. Ansip weiß: Die Entscheidungsfindung über ein neues Urheberrecht in Europa “will be anything but easy“. Gleiches gilt wahrscheinlich auch für die Vollendung des digitalen Binnenmarkts bis Ende 2018 – egal, wie intensiv die drei EU-Spitzenpolitiker(innen) auf Social-Media-Kanälen dafür werben.