Bundestagswahl 2025: Was Bitkom, VATM und BDI von der Politik fordern

Foto: Pixabay User cocoparisienne | CC0 1.0 | Auschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 14.01.2025

Die Bundestagswahl im Februar wirft ihre Schatten voraus. Inmitten ökonomischer Herausforderungen und digitalpolitischer Stagnation äußern drei wichtige Wirtschaftsverbände – Bitkom, VATM und BDI – ihre Erwartungen an die nächste Bundesregierung. Mit klarer Botschaft: Deutschland braucht einen Neustart und die Digitalisierung muss dabei im Zentrum stehen. Doch wie genau sieht ihre Vision aus? Wir werfen einen Blick auf die Forderungen der drei Verbände.

Die vorgezogene Bundestagswahl kommt für viele Akteure unerwartet früh und es bleibt weniger Zeit als üblich, um Forderungen an die Parteien und künftige Politik zu formulieren. Der Digitalverband Bitkom hat trotzdem ein umfangreiches Positionspapier zur Bundestagwahl vorgelegt, das auf 93 Seiten sehr viele relevante Aspekte der Digitalisierung in Deutschland behandelt.

Bitkom: Notwendiger Neustart für ein digitales Deutschland

Der Verband entwirft damit eine Blaupause für einen umfassenden digitalen Neustart hierzulande. Die Botschaft fällt dabei deutlich aus: Es geht nicht nur darum, bestehende Defizite aufzuholen, sondern eine Spitzenposition anzustreben – und zwar in mehreren Bereichen.

Wir brauchen wirtschaftliches Wachstum für gesellschaftlichen Zusammenhalt und staatliche Leistungsfähigkeit. Und wir müssen für Sicherheit sorgen – ganz klassisch, aber vor allem auch im Cyberraum.“

Um die Wirtschaft anzukurbeln, sollen vor allem die Überregulierung beendet, Berichtspflichten deutlich reduziert und auf nationale Sonderregelungen gegenüber den europäischen Vorgaben verzichtet werden. Gefordert werden zudem Superabschreibungen auf Digitalinvestitionen in Höhe von 175 % sowie eine massive Anwerbekampagne für IT-Fachkräfte und digitalisierte Visaverfahren.

Medienkompetenz, Cybersicherheit, moderne Verwaltung

Für den Zusammenhalt und die Resilienz der digitalen Gesellschaft plädiert Bitkom insbesondere für eine Stärkung der Medienkompetenz, zum Beispiel durch eine neue Bundeszentrale für digitale Bildung und die Vermittlung von mehr digitalen Basiskompetenzen in den Schulen. Dafür brauche es auch eine Initiative der Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern, so der Verband.

Pressefoto: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

Im Bereich Cybersicherheit und digitale Souveränität wird als eine Kernforderung der Ausbau redundanter Breitband- und Mobilfunknetze empfohlen, um die Verfügbarkeit von Kommunikationsleistungen zu verbessern und die Resilienz der Netzinfrastruktur gegenüber digitalen und physischen Angriffen zu stärken. Dafür sei die konsequente Beseitigung bürokratischer Ausbauhindernisse und ein investitionsfreundlicher Regulierungsrahmen notwendig. Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sollte durch eine Abschaffung des Verbots der Mischverwaltung gestärkt werden.

Das uns seit Jahren begleitende Thema der Verwaltungsmodernisierung wird ebenfalls aufgegriffen: Laut Bitkom wurden von den 334 Digitalvorhaben der bisherigen Bundesregierung nach drei Jahren nicht einmal ein Drittel abgeschlossen. Um hier künftig Prioritäten zu setzen und schneller voranzukommen, fordert der Verband einen Fokus auf die Registermodernisierung und digitale Identitäten als Hebelprojekte sowie feste jährliche Investitionen von einem Prozent des Bundeshaushalts in die Modernisierung der Verwaltung. Zudem müsse ein echter Digitalcheck für die Auswirkungen jedes Gesetzesvorhabens auf die Digitalisierung eingeführt werden.

VATM: Schluss mit den verlorenen Jahren

Ganz ähnlich wie Bitkom argumentiert der VATM, der als Verband der Telekommunikationsbranche nach dem Ende der Ampelkoalition „drei verlorene Jahre für die Digitalisierung“ konstatiert. Er kritisiert vor allem politische Bremsklötze beim Ausbau der digitalen Netze, das Scheitern des TK-NaBeG, hohe Anforderungen an die Mobilfunkversorgung und fehlende Planungssicherheit bei NIS-2 und dem KRITIS-Dachgesetz als bisherige Versäumnisse.

Neben der Problembeschreibung macht der Verband in seinem Positionspapier Vorschläge „für eine zukunftsgerichtete Gigabit- und Digitalpolitik“ und betont besonders die Bedeutung eines funktionierenden Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten für den Wirtschaftsstandort Deutschland. So solle die Breitbandförderung sich wieder auf den Lückenschluss und die Ermöglichung möglichst großer Ausbaugebiete konzentrieren. Die jährliche Fördersumme soll zudem bei einer Milliarde Euro gedeckelt werden, um negative Auswirkungen auf den eigenwirtschaftlichen Ausbau zu verhindern.

Schnellerer Netzausbau und endlich ein Digitalministerium

Konkrete Vorschläge macht der Verband auch zur Beschleunigung des 5G-Netzausbaus: Hier brauche es die gesetzliche Anerkennung des Ausbaus als überragendes öffentliches Interesse, Maßnahmen zur erleichterten Standortsuche, Steueranreize für die Vermietung und den Verkauf von Liegenschaften an Mobilfunkanbieter sowie eine Ermöglichung der Koexistenz von Photovoltaikanlagen und Mobilfunkstandorten auf Dächern.

Zudem plädiert der VATM für ein zeitnah verfügbares Gesamtkonzept zum bundesweiten Wechsel von Kupfer- zu Glasfasernetzen, das unter der Regie der Bundesnetzagentur erstellt werden und für alle Beteiligten maximale Transparenz schaffen soll.

Darüber hinaus fordern in der wieder anlaufenden Debatte über ein Digitalministerium auf Bundesebene sowohl VATM als auch Bitkom ein eigenständiges Ressort mit klarem Mandat und ausreichenden Ressourcen. Nur so könnten zentrale Digitalvorhaben endlich die nötige politische Aufmerksamkeit erhalten. Wichtig sei dabei auch ein echtes Digitalbudget – als eigenständiger Einzelplan im Haushalt –, womit erstmals Kostentransparenz hergestellt werden würde.

„Die künftige Bundesregierung muss der Neujustierung der TK-Politik höchste Priorität einräumen und ein Ministerium schaffen, dessen Zuständigkeit alle Bereiche der digitalen Transformation umfasst. Denn eine leistungsstarke TK-Infrastruktur, eine umfassende Digitalisierung und die bestmögliche Vernetzung der Daten sind Voraussetzung für eine international wettbewerbsfähige deutsche Gesamtwirtschaft.“ (VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer)

BDI: Wachstum, Wettbewerb, Transformation

Auf Forderungen für die gesamte Wirtschaft konzentriert sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in seinem Grundsatzpapier zur Bundestagswahl. Der Spitzenverband der deutschen Industrie sieht die nächste Bundesregierung in der Pflicht, eine entschlossene Wachstumsagenda zu verfolgen und der zunehmenden Bürokratielast und dem mangelnden Fortschritt in der Transformation entgegenzutreten.

Digitalpolitisch fokussiert sich der BDI auf den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Diese müsse die Gigabit-Bandbreiten, geringe Latenzen und hohe Resilienz bieten, damit Unternehmen die Potenziale wichtiger Zukunftstechnologien tatsächlich heben können. Mithilfe beschleunigter und digitaler Genehmigungsverfahren – etwa durch die konsequente Umsetzung von Genehmigungs- und Vollständigkeitsfiktionen – soll dabei der privatwirtschaftliche Ausbau der Mobilfunk- und Breitbandnetze Vorrang gegenüber der staatlichen Förderung haben. Für nationale und europäische Hochleistungsrechenkapazitäten soll allerdings der Staat als Ankerkunde auftreten.

Bei der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung fordert der BDI die Digitalisierung von 575 Dienstleistungen des Onlinezugangsgesetzes, die für die Wirtschaft von hoher Relevanz sind, innerhalb von drei Jahren. Mit Blick auf die nationale Umsetzung von AI Act und Data Act plädiert er für klare, bürokratiearme Vorgaben, um Innovationspotenziale im Bereich KI und Daten auszuschöpfen.

Für den Data Act soll demnach die Bundesnetzagentur klare Kompetenzen und ausreichende personelle Ausstattung erhalten, während für die Durchführung des AI Acts die Benennung einer handlungsfähigen Behörde gefordert wird, die die Interessen der deutschen Industrie auf europäischer und internationaler Ebene kompetent vertreten kann.

Ein gemeinsamer Appell: Jetzt handeln!

Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte eint die Verbände eine zentrale Überzeugung: Deutschland braucht jetzt entschlossenes Handeln statt weiterer Strategiepapiere. Denn der digitale Wandel ist nicht nur eine wirtschaftliche Notwendigkeit, sondern auch eine Frage gesellschaftlicher Zukunftsfähigkeit.

Die Forderungen der Verbände sind somit ein klarer Auftrag an die nächste Bundesregierung, endlich die Weichen für ein digitales Deutschland zu stellen. Bleibt abzuwarten, ob die künftige Regierung den Appell erhört – oder ob Deutschland digitalpolitisch weiter auf der Stelle tritt.

Mehr Informationen:

Digitalpolitischer Jahresausblick: Was uns 2025 erwartet
Halbzeitbilanz der Ampel: So ist der Stand in der Digitalpolitik
Schnellerer Infrastrukturausbau: Interview mit Frederic Ufer (VATM)

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