Neue EU-Kommission: Die digitalpolitischen Vorhaben von Virkkunen, Ribera und McGrath

Foto: CC0 1.0, Pixabay / Jai79 / Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 26.11.2024

Fünf Monate nach der Europawahl steht die neue EU-Kommission vor ihrer Bestätigung durch das Parlament. Wir stellen drei der Kommissionmitglieder vor, die ab 1. Dezember für digitialpolitisch relevante Bereiche zuständig sein werden.

Bevor die Mitglieder der EU-Kommission zu Beginn der neuen Legislaturperiode ihren Dienst antreten können, werden sie stets in einem aufwendigen Verfahren geprüft und von den Abgeordneten des EU-Parlaments eingehend befragt. Dies war auch in den letzten Wochen der Fall und nach einigen parteipolitischen Auseinandersetzungen um die Kandidat:innen wird voraussichtlich morgen das gesamte Personalpaket das Parlament passieren. Darunter sind auch drei Personen, die hier aufgrund ihrer neuen Posten näher vorgestellt werden.

Henna Virkkunen: Die neue Super-Kommissarin

Da ist zum ersten Henna Virkkunen, die als neue Kommissarin und Exekutiv-Vizepräsidentin für technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie ein sehr weites Feld bearbeiten wird, in das viele Themen mit digitalem und technologischem Bezug fallen. Die 52-Jährige ist seit 2014 Europaabgeordnete der konservativen EVP und war zuvor bereits mehrfach Ministerin in Finnland, unter anderem für Bildung. Im EU-Parlament hat sie sich vor allem mit den Bereichen Industrie, Digitales und Verkehr beschäftigt.

Henna Virkkunen | Credit: Mikko Mäntyniemi

Als eine von sechs Vizepräsident:innen der Kommission hat Virkkunen den umfangreichsten Mission Letter von Präsidentin von der Leyen erhalten, in dem gewissermaßen das Regierungsprogramm für die einzelnen Kommissionsmitglieder festgehalten ist. So wird sie sich künftig nicht nur um den Schutz der EU-Außengrenzen, die Umsetzung des Asyl- und Migrationspaktes sowie Fragen der Rechtsstaatlichkeit kümmern, sondern soll auch den Bereich der Cybersicherheit abdecken, neue Technologien wie KI, Supercomputer, Halbleiter, Quanten oder Weltraumtechnologie in Europa fördern und bestehende Vorhaben wie die EU-Digitalziele 2030 vorantreiben.

DSA, DMA, DNA und ein AI Development Act

Hinzu kommen die effektive Umsetzung des Digital Services Act, des Digital Markets Act, des EU-Wallet sowie die Verabschiedung von geplanten Gesetzesvorhaben wie dem Digital Networks Act oder einem „EU Cloud and AI Development Act“. Weitere Themen ihrer Position sind außerdem Cybermobbing, Urheberrecht, Stärkung der Medien und die Verankerung der EU in internationalen Normierungsverfahren. Während ihrer Befragung durch das Europäische Parlament betonte sie, die Regeln der EU auch gegenüber den großen Tech-Unternehmen und digitalen Plattformen konsequent durchsetzen zu wollen sowie innerhalb ihrer ersten 100 Tage im Amt „mindestens“ fünf KI-Datenzentren in der EU zu gründen.

Aufgrund dieses umfassenden Zuständigkeitsbereichs wird Virkkunen medial bereits als Super-Kommissarin bezeichnet. Sie wird bei verschiedenen Themen zudem Unterstützung von anderen Kommissionsmitgliedern erhalten.

Teresa Ribera: Doppelte Transformation und Wettbewerb

Nur vereinzelte Überschneidungen wird es dabei mit Teresa Ribera geben, die als eine weitere Exekutiv-Vizepräsidentin den Bereich der Wettbewerbspolitik übernehmen wird. Die 55-jährige Rechtsprofessorin bekleidete in Spanien seit 2018 das Amt der Umweltministerin und gehört der Partei der dort regierenden Sozialisten an. Zuvor war sie unter anderem Staatssekretärin zum Thema Klimawandel und Geschäftsführerin des Instituts für nachhaltige Entwicklung und Internationale Beziehungen (IDDRI) in Paris.

Credit: iStock/kasezo

Auf dem wichtigen Posten der Kommissarin für saubere, gerechte und wettbewerbsfähige Transformation soll sie nun die wirtschaftlichen und ökologischen Ziele der EU miteinander in Einklang bringen. Dazu gehört die Modernisierung der Wettbewerbspolitik, speziell durch den „European Green Deal“ und den „Clean Industrial Deal“, der den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen soll, inklusive einer Reduzierung der Energiepreise.

„Wir wollen unsere Wirtschaft gleichzeitig dekarbonisieren und industrialisieren.“ (Ursula von der Leyen)

Bei den digitalpolitischen Vorhaben betont Riberas Mission Letter die rasche Durchsetzung des Digital Markets Act, um faire Wettbewerbsbedingungen im digitalen Raum zu gewährleisten. Sie soll zudem strategisch wichtige Innovationen in Europa vorantreiben und mithilfe digitaler Tools dafür sorgen, dass die Meldepflichten für Unternehmen durch EU-Rechtsvorschriften deutlich reduziert werden.

Michael McGrath: Digital Fairness Act für den Verbraucherschutz

Als dritter im Bunde soll hier Michael McGrath vorgestellt werden, der als Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit auch der Exekutiv-Vizepräsidentin Virkkunen zuarbeiten wird. Der 48-jährige Wirtschaftsprüfer vertritt seit 2007 als Abgeordneter die liberale Fianna-Fáil-Partei im irischen Parlament und war dort zuletzt Finanzminister.

In der Kommission wird er die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Staaten überwachen und für den Kampf gegen Korruption sowie den Verbraucherschutz verantwortlich sein. Laut Mission Letter soll er einen EU-weiten Rechtsstatuts für innovative Unternehmen erarbeiten und eine Binnenmarktdimension in den Bericht zur Rechtsstaatlichkeit aufnehmen – auch, um die Probleme von grenzüberschreitend tätigen Unternehmen anzugehen. Eine neue Strategie für den Einsatz digitaler Technologien in den Zivil- und Strafrechtssystemen der EU soll diese effizienter und sicherer machen.

Mit Blick auf den Verbraucherschutz wird sich McGrath besonders um die Weiterentwicklung der Datenschutzgrundverordnung kümmern und er soll einen Aktionsplan für die Verbraucher:innen im EU-Binnenmarkt vorlegen. Hinsichtlich des Einflusses digitaler Technologien hat er den Auftrag den anvisierten Digital Fairness Act entwickeln, der Lücken im aktuellen Verbraucherschutzrecht schließen und zum Beispiel süchtig machende Designs und unfaire Personalisierung regulieren soll. Zudem wird der neue Kommissar den Kampf gegen Desinformation koordinieren und sich um die Förderung von digitaler und Medienkompetenz kümmern.

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