NERA Consulting Studie: Aktuelle Erkenntnisse zur Frequenzausstattung, Frequenznutzung und Netzausbau
In Zuge des aktuellen Konsultationsverfahren zur Frequenzbereitstellung wurde eine Vielzahl von Studien und Analysen erstellt und kommuniziert. Auf die jüngste Studie der NERA Consulting, die von der O2 Telefónica beauftragt wurde, soll im Folgenden kurz eingegangen werden.
Der Ausbau digitaler Infrastrukturen ist von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Bedeutung wurde auch von der Politik und der zuständigen Regulierungsbehörde erkannt, weshalb in Deutschland in den vergangenen Jahren großes Augenmerk auf den Ausbau der digitalen Infrastrukturen und auch der Mobilfunknetze gelegt wurde.
Dieser veränderte Fokus der Politik und insbesondere die Ausbauaktivitäten der drei bundesweit aktiven Mobilfunknetzbetreiber tragen Früchte. Durch enorme Kraftanstrengungen im eigenwirtschaftlichen Ausbau, und punktuell auch durch gezielten geförderten Ausbau, ist es gelungen, dass sich die Mobilfunknetze in Deutschland mittlerweile auf einem international hohen Niveau befinden.
Deutschland verfügt über sehr gute Mobilfunknetze
So betreibt beispielsweise allein O2 Telefónica ein Mobilfunknetz mit bundesweit etwa 28.000 Standorten. Mit diesem Netz versorgen wir nahezu 100% der Haushalte in Deutschland. Und der eigenwirtschaftliche Netzausbau schreitet immer voran. Unter Berücksichtigung aktueller und zukünftiger Versorgungsauflagen der BNetzA werden wir einer Versorgung der vollständigen Fläche Deutschlands in den kommenden Jahren sehr nahekommen. Um dies zu erreichen, ist im Bereich der Planungsbeschleunigung insbesondere ein „überragendes öffentliches Interesse“ am Mobilfunkausbau (wie es aktuell im Rahmen der TKG-Novelle diskutiert wird) und die bundesweite Einführung einer Genehmigungs- und Vollständigkeitsfiktion notwendig.
Erkenntnisse NERA-Studie
Im Zuge des aktuellen Konsultationsverfahrens der BNetzA zur Frequenzbereitstellung hat O2 Telefónica eine internationale Vergleichsstudie zur Frequenznutzung der deutschen Mobilfunknetzbetreiber bei der Beratungsfirma NERA in Auftrag gegeben. Die etablierten Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland verfügen demnach im internationalen Vergleich über durchschnittliche Frequenzportfolios. Die Bestände der etablierten Mobilfunknetzbetreiber im Low-Band-Frequenzbereich sowie hinsichtlich des Gesamtfrequenzbestandes ähneln denen anderer europäischer Mobilfunknetzbetreiber. Würden die etablierten Mobilfunknetzbetreiber den Zugang zu den vorhandenen Frequenzen verlieren, würde ihre Position im europäischen Vergleich erheblich geschwächt werden und die Netzqualität würde sich verschlechtern. In anderen Studien wurden die Frequenzportfolios der drei bundesweit tätigen Mobilfunknetzbetreibern teilweise überschätzt, was zu Fehlinterpretationen geführt hat bzw. eine Falschbehauptung darstellt.
Die allgemeine Beobachtung, dass die etablierten Mobilfunknetzbetreiber nicht alle Frequenzbereiche an allen Standorten einsetzen, ist unbeachtlich. Es ist unter den Mobilfunknetzbetreibern weltweit gängige Praxis, Frequenzbereiche an einzelnen Standorten nur dann einzusetzen, wenn sie für die Versorgung oder zusätzliche Kapazität benötigt werden. Dies ist nicht zuletzt auch unter der Berücksichtig von Nachhaltigkeitsaspekten sinnvoll, da so in relevantem Umfang Strom gespart wird. Die etablierten Mobilfunknetzbetreiber nutzen alle drei Low-Band-Frequenzbereiche umfassend für 2G- und 4G/5G-Dienste. Es wurde in die Debatte eingeführt, dass alle drei etablierten Mobilfunknetzbetreiber ihre Frequenzen in den Bereichen 1.800 MHz und 2.100 MHz umfassend nutzen und diese mit der Nutzung von Frequenzen im 2.600-MHz-Bereich ergänzen, um die mobile Datennachfrage an stark frequentierten Standorten zu decken. Frequenzen im Bereich 2.600 MHz, so der „Vorwurf“, würden weniger genutzt.
Teilweise werden die Frequenzen im Bereich 2.600 MHz zwar weniger genutzt. Diese Frequenzen sind aber enorm wichtig, um Kapazität an stark frequentierten Standorten in städtischen Gebieten sicherzustellen. Darüber hinaus es ist üblich, Mid-Band Frequenzen nicht flächendeckend an allen Standorten einzusetzen.
Auch die im Zuge der Debatte und durch Studien untermauerte Behauptung, die Mobilfunknetze in Deutschland seien von minderer Qualität, ist nicht zutreffend. Die vorliegende NERA-Studie zeigt klar, dass die Mobilfunknetze der drei etablierten Netzbetreiber auf interanational hohem Niveau sind. Dies deckt sich auch mit aktuellen Zahlen der EU-Kommission. So sind in Deutschland bereits 93% der Haushalte mit 5G abgedeckt, im europäischen Durchschnitt sind es nur 81%. Auch die zur Verfügung gestellten Geschwindigkeiten sind auf einem hohen Niveau. So wurde bereits Ende 2022 eine Versorgungsauflage der BNetzA erfüllt, die vorsah, dass 98% der Haushalte in Deutschland mit mindesten 100 MBITs versorgt sein mussten. Eine vergleichbare Auflage gibt es in keinem anderen europäischen Land.
Fazit: Die drei etablierten Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland verfügen über durchschnittliche Frequenzportfolios und nutzen diese effizient
Die Analyse der zur Verfügung stehenden Frequenzkapazitäten zeigt klar, dass der sich in Deutschland noch im Aufbau befindliche vierte „Netzbetreiber“ keinen Kapazitätsnachteil hat. So verfügt O2 Telefónica über weniger MHz pro Millionen Kunde als der Neueinsteiger. Ebenso ist festzuhalten, dass es keinen Zugang zu Flächenspektrum bedarf, um erfolgreich als Netzbetreiber an den Start gehen zu können. Dies wurde im Zuge der aktuellen Debatte vom Neueinsteiger behauptet. Internationale und historische Analysen zeigen jedoch, dass es ausreicht (und sogar sinnvoll ist) zunächst ein Städtenetz aufzubauen und Flächencoverage über Wholesale/Roaming-Lösungen zu gewährleisten.
So war bspw. Más Móvil in Spanien in jüngerer Vergangenheit mit diesem Modell erfolgreich und auch die E-Netze in Deutschland (E-Plus und O2 Telefónica/ damals VIAG Interkom) sind in den 1990er Jahren diesen Weg gegangen.
Der internationale Benchmark mit anderen Neueinsteigern unter den Mobilfunknetzbetreibern zeigt ebenfalls, dass der Ausbaufortschritt des Neueinsteigers in Deutschland massiv unterdurchschnittlich ist. So haben Free Mobile in Frankreich und Illiad in Italien in einem vergleichbaren Zeitraum bedeutend größere Fortschritte im Netzausbau erzielt als der vierte Netzbetreiber in Deutschland.