Bayern: Das digitalpolitische Profil der Freien Wähler
Die Freien Wähler haben bei der jüngsten Landtagswahl in Bayern erfolgreich abgeschnitten und werden auch in der neuen Legislaturperiode gemeinsam mit der CSU regieren – und zusätzlich das Digitalministerium übernehmen. Für uns Grund genug, sich einmal das digitalpolitische Profil der Freien Wähler anzuschauen.
Die Freien Wähler sitzen bereits seit 2008 im Bayerischen Landtag, sind seit 2018 an der Regierung des Freistaats beteiligt und auch kommunal dort stark verankert. Nachdem in den letzten Wochen vor der Wahl ihr Landesvorsitzender Hubert Aiwanger bundesweit in die Schlagzeilen geraten war, konnte die Partei am 8. Oktober trotzdem ein Rekordergebnis von 15,8 % einfahren. Nun, zweieinhalb Wochen später, steht die Fortsetzung der Koalition mit der CSU fest und die Freien Wähler bekommen mit dem Staatsministerium für Digitales ein zusätzliches Ressort. Damit werden sie künftig für noch mehr Aspekte der bayerischen Digitalpolitik verantwortlich sein (auch wenn der genaue Zuschnitt der Ministerien derzeit noch unklar ist).
Fokus auf Wirtschaft und Infrastrukturen
Doch welche digitalpolitischen Ziele verfolgt die Partei eigentlich? Betrachtet man ihr Programm zur Landtagswahl, zeigen sich viele Punkte, die so oder in ähnlicher Form auch bei der politischen Konkurrenz zu finden sind: von der konsequenten Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung über Maßnahmen für eine innovative Wirtschaft bis zum Ausbau der digitalen Infrastruktur. Als zentrales Schlagwort ist dabei von „Bayern 4.0“ die Rede.
Im Detail werden etwa die „maximale Erreichbarkeit“ von Behörden durch fortgesetzte Digitalisierung, weitere digitale E-Governmentangebote für Firmen oder die Fortführung des Digitalbonus für kleine und mittlere Unternehmen gefordert.
Hinsichtlich der Infrastrukturen betonen die Freien Wähler in ihrem Programm den Ausbau intelligenter, digital gesteuerter Stromnetze sowie die zentrale Rolle des Glasfaser- und 5G-Ausbaus für die digitale Transformation in Bayern. Hier sprechen sie sich unter anderem für eine Geschwindigkeitsgarantie für Internetanschlüsse, schnelles mobiles Internet entlang aller bayerischen Bahnstrecken und eine gestärkte Bundesnetzagentur bei der Überwachung der Netzneutralität aus. Zudem sollen der Glasfaserausbau besser abgestimmt und parallele Ausbaumaßnahmen vermieden werden. Die Partei spricht sich auch seit langem für eine Frequenzverlängerung aus.
Digitale Bildung und Grundrechte als weitere Schwerpunkte
Ein weiterer digitalpolitischer Schwerpunt im Wahlprogramm stellt die Digitale Bildung „von der Grundschule bis ins Studium“ dar. Sie soll unter anderem „verpflichtender Bestandteil der Lehrerbildung“ sein und die Digitalisierung soll auch bei Lernformaten, der Vermittlung von Medienkompetenzen, der Berufsausbildung oder der Weiterbildungsstrategie für lebenslanges Lernen stets mitgedacht werden. Viele dieser Punkte hatte die Partei aber bereits 2018 gefordert und obwohl sie seitdem mit Michael Piazolo den zuständigen Kultusminister stellt, hat sich in dem Bereich auch in Bayern noch nicht allzu viel getan.
Auf ihrer Website formulieren die Freien Wähler Bayern darüber hinaus die Ziele eines eigenständigen Digitalisierungsministeriums mit gebündelten Kompetenzen, eines Ausschusses für Digitales im Bayerischen Landtag oder Datensparsamkeit als Grundprinzip europäischer und bayerischer Politik. Die Landtagsfraktion hebt zudem ihren Einsatz „für starke Grundrechte in der digitalen Welt, für Medien- und Meinungsvielfalt, für Netzneutralität, für Datenschutz und das Recht auf Verschlüsselung“ hervor.
Mehr Gestaltungsmacht dank Wirtschafts-, Bildungs- und Digitalministerium?
Da die Partei in der vergangenen Legislaturperiode in der Regierung war, hatte sie bereits die Chance einen digitalpolitischen Fußabdruck zu hinterlassen. Als Wirtschaftsminister konnte der Landesvorsitzende Hubert Aiwanger zumindest zu den Themen Digitale Einkaufsstadt, Digitaler Tourismus, Digitalbonus für Unternehmen und 5G-Mobilfunk tätig werden. Zu letzterem gab es sogar Streit mit den Netzbetreibern, der aber wahrscheinlich auf unterschiedlichen Messungen beruhte. Auch das bayerische Mobilfunkförderprogramm wurde vom Minister vorangetrieben.
Mit der neuen Ressortverteilung bekommen die Freien Wähler in Bayern nun zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Digitalpolitik des Freistaats. Unter anderem werden sie voraussichtlich für die weitere Umsetzung des bayerischen Digitalgesetzes zuständig sein, ebenso wie weiterhin für Mobilfunkthemen. Inwiefern sie das Ziel eines eigenständigen Digitalisierungsministeriums mit gebündelten Kompetenzen verwirklichen können, muss sich nach den erfolgreichen Koalitionsverhandlungen aber erst noch zeigen.