Haushaltsentwurf 2024: So stark wird bei den Digitalmitteln gekürzt
Die Bundesregierung hat vor kurzem ihren Haushaltsentwurf für 2024 per Kabinettsbeschluss auf den Weg gebracht. Wie der Finanzplan für die digitalpolitischen Vorhaben aussieht und welche Reaktionen dies bisher hervorgerufen hat, fassen wir hier zusammen.
Die Ampel-Koalition hatte lange um den Etat fürs neue Jahr gerungen, in der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause aber endlich eine (vorläufige) Einigung erzielt und den Haushaltsentwurf am 5. Juli vorgestellt. Grund für die schwierigen Verhandlungen waren die Sparvorgaben aus dem Finanzministerium, die eine deutliche Reduzierung der Ausgaben um 31 Milliarden Euro für fast alle Bereiche vorsehen – und von diesen Einsparungen sind auch viele Digitalvorhaben betroffen. Im Folgenden einige ausgewählte Zahlen.
Mehr Geld fürs BMDV, aber weniger für digitale Infrastruktur
Nachdem der Etat des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) für 2023 um eine Milliarde auf 35 Mrd. Euro reduziert worden war, sind für das kommende Jahr 38,7 Mrd. Euro vorgesehen. Damit bekommt das BMDV zwar sogar mehr Geld als bisher (und prozentual den größten Zuwachs unter allen Ministerien), allerdings ist der Großteil davon weiterhin für den Verkehrsbereich eingeplant.
So stehen dem BMDV für 2024 nur noch rund 900 Mio. Euro für den Ausbau der digitalen Infrastruktur, für eine innovationsfördernde Datenpolitik und für Maßnahmen zur Unterstützung der intelligenten Mobilität zur Verfügung. Zum Vergleich: Im laufenden Jahr fördert der Bund allein den Glasfaserausbau mit ca. drei Mrd. Euro.
Bei der Gigabitförderung sind laut Bundesregierung zwar keine Kürzungen geplant, jedoch wird das restliche Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ aufgelöst und in den normalen Haushalt integriert. Daraus kamen bisher nicht nur Gelder für den Breitband- und Mobilfunkausbau, sondern auch Mittel für die Umsetzung des Digitalpakts Schule durch die Bundesländer. Während die Neuauflage des Digitalpakts vom Bildungsministerium (BMBF) vor kurzem bereits auf 2025 verschoben wurde, soll die Auflösung des Sondervermögens im kommenden Jahr insgesamt 4,8 Mrd. Euro einsparen.
Kein Wort zum Digitalbudget
Im BMDV werden ansonsten auch bei vielen weiteren Projekten die Digitalmittel gekürzt: etwa für die Entwicklung und Erprobung neuer, softwaregesteuerter Netztechnologien (von 89 auf 80 Mio. Euro) oder für die Umsetzung der 5x5G-Strategie (von rund 95 auf 41 Mio. Euro). Mehr Geld ist hingegen für das automatisierte, autonome und vernetzte Fahren vorgesehen (90,5 statt bisher 67,5 Mio. Euro).
Vom Sparkurs fürs Digitale sind aber auch andere Ministerien und Bereiche betroffen: So sinken die Fördermittel für Künstliche Intelligenz ressortübergreifend von 315 auf 246 Mio. Euro. Und vom ursprünglich geplanten Digitalbudget ist schon gar keine Rede mehr.
Umschichtungen beim Wirtschaftsministerium
Beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) fallen im Bereich „Mikroelektronik für die Digitalisierung“ 879 Mio. Euro weg, ebenso wie 2,74 Mrd. Euro im allgemeinen Bundeshaushalt für „Maßnahmen zur Förderung von Projekten im Bereich der Mikroelektronik“. Teile des Geldes zur Förderung der Chipbranche sollen künftig aber im Klima- und Transformationsfonds zu finden sein.
Im BMWK sinken zudem die Summen zur „Entwicklung digitaler Technologien“, z.B. für Quantencomputing oder den KI-Innovationswettbewerb (von 169 auf 142 Mio. Euro), sowie für den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Cloud (von 180 auf 155 Mio. Euro). Zudem werden die Fördermittel für die Videospielbranche fast um ein Drittel gekürzt (von 70 auf 48,7 Mio. Euro).
Bei manchen Digital-Projekten gibt es aber auch mehr Geld, etwa für Manufacturing-X zur Unterstützung digitalisierter Lieferketten (plus 22 Mio. Euro), für die Initiative Industrie 4.0 (38 statt 23 Mio. Euro) oder für den Sovereign Tech Fund (16 statt 10 Mio. Euro).
Auch digitale Bildung und die Verwaltungsdigitalisierung sind betroffen
Für den digitalen Bildungsbereich des BMBF gibt es ebenfalls weniger Mittel, z.B. wird der Haushaltsposten „Digitaler Bildungsraum, Bildungsplattform und INVITE“ fast halbiert (von 206 auf 108 Mio. Euro). Im Forschungsbereich des Ministeriums gibt es hingegen teilweise mehr Geld, z.B. steigt der Etat der Agentur für Sprunginnovationen von 147 auf 190 Mio. Euro – vorbehaltlich einer Entscheidung des Haushaltsausschusses, der noch einen Bericht zur Weiterentwicklung und Evaluierung der Agentur erwartet.
Für das große Projekt der Verwaltungsdigitalisierung in Form des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sind beim Bundesinnenministerium (BMI) hingegen keine finanziellen Mittel mehr eingeplant, da alle OZG-Projekte des Bundes bis Ende 2023 abgeschlossen sein sollen. Für das laufende Jahr waren dafür noch 300 Mio. Euro vorgesehen. Nur für die Bund-ID und das Verwaltungsportal gibt es noch eine kleine Summe in Höhe von 3,3 Mio. Euro. Stark gekürzt wird im BMI außerdem beim Thema digitale Souveränität (von 48 auf 24,7 Mio. Euro) und beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (von 254 Mio. auf 238 Mio. Euro), während die Cyberagentur geringfügig mehr erhält (plus 700.000 bei 50 Mio. Euro).
Viel Kritik an den Sparplänen
Angesichts dieser umfassenden Einsparungspläne fielen viele Reaktionen sehr deutlich aus. So kritisierte Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) den Haushaltsentwurf als Risiko für die Zukunftsfähigkeit des Landes:
„Statt in Fortschrittstechnologien zu investieren, beschäftigt sich die Bundesregierung mit der Vergangenheit. Die geplanten Ausgaben für Digitalisierung hingegen werden massiv gekürzt.“
Das erneute Fehlen des Digitalbudgets wurde zudem vom digitalpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Reinhard Brandl, bemängelt. Und Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder sieht das digitale Deutschland durch die Pläne klar ausgebremst:
„Insbesondere in Schulen und öffentlichen Verwaltungen kann die Digitalisierung ohne zusätzliche Mittel des Bundes nicht gelingen. Der um mindestens ein Jahr verschobene Digitalpakt 2.0 für die Digitalisierung der Schulen sowie das weiterhin fehlende Digitalbudget bedeuten einen herben Rückschlag für die Digitalisierung Deutschlands.“
Auch weitere Verbände und Unternehmen der Digitalbranchen, wie der KI-Bundesverband oder Game-Verband, zeigen kein Verständnis für die vielen Kürzungen. Und sowohl Ökonomen und Wirtschaftsverbände als auch Gewerkschaften monieren, dass der finanzielle Handlungsbedarf im Digitalbereich zu kurz kommt – ebenso wie im Gesamtentwurf Investitionen in anderen wichtigen Feldern. Wikimedia Deutschland und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zum Beispiel sehen in den Kürzungen „eine Bedrohung für die Digitalisierung der Bildung“.
Ob diese breite Front an Kritik noch Änderungen an den Haushaltsplänen bewirken wird, ist derzeit nicht absehbar. Allerdings ist der Haushalt noch nicht final entschieden: Ein entsprechendes Finanzierungsgesetz soll bis Mitte August vorliegen, über das der Bundestag aber erst zum Abschluss der Haushaltswoche im Dezember abstimmt. Bis dahin dürfte es also noch zahlreiche Änderungen geben, auch wenn der aktuelle Entwurf den Weg bereits vorgibt.
Mehr Informationen:
Bundesregierung: Scheitert das Digitalbudget?
Bundeshaushalt 2023: So viel Geld ist für die Digitalisierung eingeplant