Big Data und Bots: Der digitale Wahlkampf im Telefónica BASECAMP

Foto: Fotolia / Maksim Kabakou
Veröffentlicht am 12.09.2016

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Der Brexit war vielleicht nur ein Unfall, den Bots verursachten. Das zeigt eine wissenschaftliche Untersuchung, über die Spiegel Online berichtet. Sie könnte erklären, warum der Ausgang des Referendums über den EU-Austritt die Briten so sehr überraschte. Bots sind Software-Programme, die täglich tausende von Nachrichten bei Twitter absetzen und damit systematisch ein falsches Meinungsbild zeichnen. Beim Brexit war demnach ein Prozent der an der Diskussion beteiligten Nutzerprofile für über 30 Prozent aller Tweets verantwortlich. Wird etwa so heute Politik gemacht? Darum geht es bei unserer Veranstaltung am kommenden Dienstag.

The Angry Voter – Big Data in der politischen Meinungsbildung. So lautet der Titel der nächsten Ausgabe unserer Diskussionsreihe Digital Masterminds, die wir gemeinsam mit der American Academy im Telefónica BASECAMP ausrichten. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf dem Präsidentschaftswahlkampf in den USA, der jetzt in seine heißeste Phase tritt.

Wer hätte gedacht, wie sehr der gläserne Wähler dort schon eine Realität ist? Seine Daten kaufen Parteien und Politiker von der Firma i-360, wo die Profile von 250 Millionen Menschen gespeichert sind, die sie aus unterschiedlichsten Quellen zusammenführt: Wählerregister, Vereinsmitgliedschaften und Telefonumfragen, aber auch aus den Check-Ins bei Events oder den Protokollen von Internet-Einkäufen und angesurften Webseiten. Das lässt sich dort alles erfassen und gemeinsam auswerten.

USA: Mehr als 20.000 Datenpunkte je Wähler zum Verkauf

Das Scoring-Modell von i-360 hat daraus für jeden der verzeichneten Wähler einen Wert zwischen 0 (wählt auf jeden Fall republikanisch) und 100 (wählt auf jeden Fall demokratisch) berechnet. „Die Grundlage dieser Vorhersage sind mehr als 20.000 Datenpunkte je Wähler“, erklärt der Kampagnen- und Strategieberater Julius van de Laar, der bei unserem nächsten Digital Masterminds dabei sein wird.

vote digital
Foto: Fotolia / Maksim Kabakou

So können die Medienbudgets oder Ressourcen für den Haustürwahlkampf gezielter auf diejenigen Wähler verwendet werden, die noch unentschlossen sind oder am Wahltag wahrscheinlich zu Hause bleiben wollen. Die Analyse der Daten macht es möglich.

Julius van de Laar: Big Data auch bei deutschen Wahlen

Einblicke in digitalen Wahlkampf liefert Julius van de Laar
Julius van de Laar

Julius van de Laar ist ein gefragter Experte für den US-Wahlkampf, vor allem seit er 2012 die Wählermobilisierung für Barack Obama im umkämpften Schlüsselstaat Ohio leitete, den der Präsident nur knapp bei seiner Wiederwahl gewann.

Erst neulich nahm der studierte Politik- und Kommunikationswissenschaftler die Kampagne von Donald Trump für den NDR unter die Lupe und schlug dabei einen Bogen bis zum Brexit, als es um die Bewertung ging.

„Wie in den USA wird Big Data auch in deutschen Wahlkämpfen eine immer prominentere Rolle spielen“, ist seine Überzeugung. Doch trotz aller Euphorie über Data-Driven-Campaigning gelte immer noch eine Gewissheit, glaubt Julius van de Laar: Entscheidend für den Wahlerfolg sind Kandidaten und Themen, denn „there is a big difference between big data and a big idea. Frei übersetzt: Ohne gute Ideen nutzt auch die Datenanalyse nichts.

Douglas Rivers: US-Wahlkampf verläuft ungewöhnlich

Douglas Rivers, Distinguished Visitor der American Academy in Berlin
Douglas Rivers

Ob das wirklich stimmt, oder ob Wahlkämpfe vielleicht auch ohne Ideen oder Überzeugungen auskommen, kann Douglas Rivers wohl am besten beurteilen. Er ist der andere Diskussionsteilnehmer beim Digital Masterminds im Telefónica BASECAMP. Und bei ihm liegen die Daten vor, denn er ist Chief Scientist des weltweit aktiven Meinungsforschungsinstitutes YouGov, das beinahe täglich neue Umfragen bei seinen über vier Millionen Panel-Teilnehmern aus 37 Ländern startet.

Douglas Rivers ist auch Professor für Politikwissenschaften an der Stanford University und Distinguished Visitor der American Academy in Berlin. Er zählt zu den weltweit führenden Experten für Umfragenforschung. Auf ihn freut sich der Moderator Brent Goff, Chief News Anchor bei Deutsche Welle TV, ganz besonders. Denn von Douglas Rivers kommen immer Neuigkeiten.

Digital Masterminds: The Angry Voter. Big Data in der politischen Meinungsbildung.

Seine jüngste Analyse der YouGov-Umfragen weist beispielsweise auf ungewöhnliche Entwicklungen im US-Wahlkampf hin: Der Anteil der unentschiedenen Wähler sei immer noch erstaunlich hoch, obwohl er so kurz vor der Abstimmung viel niedriger liegen müsse. Auch die Zahl der Wähler, die für einen chancenlosen dritten Kandidaten neben Hillary Clinton oder Donald Trump stimmen möchten, liege auf einem historischen Höchststand: ganze acht Prozent statt nur zwei Prozent wie bei der vorherigen Präsidentenwahl.

Das ist das Wählerpotenzial, auf das sich die Kampagnen jetzt konzentrieren. Durch die Datenanalyse wollen sie jeden Einzelnen für sich finden und vereinnahmen. Vielleicht auch durch Bots? Bei Donald Trump machen sie beispielsweise mehr als ein Drittel der Twitter-Follower aus, wie das Analyse-Tool von TwitterAudit zeigt. Bei Hillary Clinton ist dieser Anteil jetzt sogar noch höher, obwohl er im Juni nur bei zehn Prozent lag. Was ist die Funktion dieser falschen Follower? Das ist eine gute Frage für unser Digital Masterminds am 20. September um 12.30 Uhr im Telefónica BASECAMP.

Also am besten gleich hier anmelden!

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