Wahrheit im Netz: Neue Allianzen gegen Falschinformationen

Foto: CC0 1.0, Pixabay / TheDigitalArtist / Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 26.02.2020

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Fake News in Verbindung mit Hatespeech ergeben nicht selten eine toxische Mischung. Verschwörungstheorien und gefälschte Bilder kursieren derzeit beispielsweise rund um den Ausbruch des Coronavirus in den sozialen Medien. Digitalunternehmen und die EU-Kommission planen, die Demokratie vor solch gezielter Desinformation zu schützen. Damit bewegen sie sich in einem Balanceakt zwischen Freiheit und Sicherheit.

Der Plan der EU-Kommission ist klar: Beim Thema Datensouveränität will man nicht blind den Leitprinzipien der USA oder China folgen. Stattdessen will die Kommission ein Europa, das „fit ist für das digitale Zeitalter“. Vergangene Woche präsentierte Vizekommissionspräsientin Margrethe Vestager mit der Digitalstrategie einen ersten Aufschlag, wie der Weg hin in zu einer „europäischen digitalen Gesellschaft“ aussehen könnte. Prämisse sei, dass „jeder Bürger, jeder Angestellte und jeder Unternehmer eine gerechte Chance hat, von unserer zunehmend digitalisierten Gesellschaft zu profitieren, und in der Lage ist, die Digitalisierung selbst zu prägen.

Mehr Vertrauen in Medienunternehmen

Teil der Digitalstrategie der EU-Kommission ist auch ein „Aktionsplan für Medien“, der Ende des Jahres erfolgen soll. Damit will die Kommission den europäischen Medienhäsuern nicht nur helfen, die Digitalisierung zu meisten und wettbewerbsfähig zu bleiben, sondern auch den „Medienpluralismus“ fördern. Neue Richtlinien sollen das Vertrauen in Webmedien erhöhen, indem sie „die Schaffung von Qualitätsinhalten anregen, Medienvielfalt und journalistische Freiheit fördern und Verbrauchern den Zugang zu solch hochwertigen Inhalten erleichtern“, wie die WELT berichtet.

Margrethe Vestager | Foto: Henrik Andree

Transparente Prozesse innerhalb von Dateninfrastrukturen sollen Algorithmen-Mysterien auflösen und letztlich ein „Ökosystem für Vertrauen“ herstellen, sagte Vestager bei der Präsentation der Digitalstrategie. Mit der Offenlegung von Algorithmen soll aufseiten der Nutzer*innen verstärkt Vertrauen gegenüber den Plattformen aufgebaut werden. Fragen wie, warum werden im Internet Verbraucher*innen in eine bestimmte Kategorie einsortiert, müssten transparent beantwortet werden. Bisher unterliegt die Funktionsweise der meisten Algorithmen von Firmen wie Google und Facebook dem Geschäftsgeheimnis. Eine „KI-Kontrollbehörde“ soll dabei helfen, gezielte Analysen der Risiken durch Algorithmen durchzuführen und zu überprüfen.

Vertrauen müsse aber auch im Unternehmen geschaffen werden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen bräuchten einen direkten Zugang zu Daten, um neue Arbeitsplätze schaffen zu können. Internetkonzerne dürften nicht die Häuptlinge der Digitalisierung sein, sondern müssten sich europäischen Regeln unterordnen, verlangte der EU-Kommissar Thierry Breton. „Diese Plattformen müssen sich der EU anpassen, nicht umgekehrt.“ Breton setzt derweil auf eine freiwillige Regulierung der Branche, schließe eine gesetzliche Regelung aber nicht kategorisch aus.

Entlarven von Fehlinformationen

Kurz vor dem US-Wahlkampf beschäftigt sich auch Facebook mit der Entwicklung einer neuen Strategie, wie der vermeintlich rechtsfreie Raum „Internet“ kontrollierbarer werden kann. Gemeinsam mit der Nachrichtenagentur Reuters forciert der Internetkonzern einen Kampf gegen Fake News. Sowohl auf Facebook selbst als auch auf Instagram, das ebenfalls zum Konzern gehört, soll das Medienunternehmen zukünftig fragwürdige Posts prüfen.

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Bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte der Facebook-CEO Mark Zuckerberg in der Washington Post einen Kommentar, in dem er „neue Regeln“ für das Internet forderte. In einem White Paper skizzierte Facebook nun, wie Inhalte im Internet reguliert werden können und wer mit der Regulierung betraut werden sollte. Von der für Inhaltsrichtlinien zuständigen Monica Bickert wurden vier Themenbereiche zentralisiert. Zwar sollten durch Regularien schädliche Inhalte reduziert, nicht aber die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden.

Zu überlegen sei, ab wann Inhalte als „gefährliche Inhalte“ wahrgenommen werden und wie schwer diese für den öffentlichen Diskurs wiegen. Standards sollten gemeinsam mit Stakeholdern entwickelt und veröffentlicht werden, die für Unternehmen bindend einzuhalten wären. Regulatoren müssten zudem verstehen, dass Technologie Grenzen hat. „Regierungen, Unternehmen und die Gesellschaft müssen die Rahmenbedingungen für die Online-Kommunikation gemeinsam festlegen, um das Internet weiterhin sicher und erfolgreich zu machen.“

Verschärfung Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Auch die Bundesregierung versucht sich derzeit an der Regulierung des Internets. Mitte Februar beschloss das Bundeskabinett eine Verschärfung des 2017 in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Durch die Novelle „zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ kann nun auf richterlich angeordnetem Beschluss die Passwortherausgabe verlangt werden. Mittels einer Meldepflicht von Hassposts und einer direkten Weiterleitung ans BKA soll dem Hass und der Hetze im Netz Einhalt geboten werden. Opposition und Internetverbände kritisieren, dass die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden durch den Gesetzentwurf zu weit gefasst werden – auch wenn sie das Ziel, Hasskriminalität auch im Netz zu bekämpfen, unterstützen.

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