Mobilfunk: Woche der Entscheidung für 5G-Ausbau
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Wie viel Huawei-Technik wird beim Ausbau des 5G-Netzes in Deutschland zugelassen? Darum dreht sich eine langwierige Diskussion, die die CDU/CSU-Fraktion in dieser Woche für sich entscheiden will. Auch international steht das Thema bei Sicherheitsexperten oben auf der Agenda, wie der Munich Security Report anlässlich der am Freitag beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz zeigt.
Im Streit um die Beteiligung des chinesischen Netzausrüsters Huawei am Aufbau des 5G-Netzes in Deutschland will sich die CDU/CSU-Fraktion in dieser Woche auf eine Position einigen. „Deutschlands digitale Souveränität sichern – Maßstäbe für sichere 5G-Netze setzen“ heißt der Entwurf des internen Papiers, das am Dienstag in der Fraktionssitzung angenommen werden soll. Der Koalitionspartner SPD hatte Ende 2019 ein eigenes Positionspapier beschlossen. Darin einigte sich die SPD-Bundestagesfraktion darauf, „nicht-vertrauenswürdige Hersteller“ grundsätzlich auszuschließen und zwar sowohl im Kern- als auch im Periphernetz.
Vergangene Woche hatte auch die EU-Kommission schon einen Fahrplan zur Einführung des 5G-Mobilfunkstandards in der EU vorgelegt und die Mitgliedstaaten zu konkreten Umsetzungsschritten bis 30. April aufgefordert. Der Entwurf aus der Unionsfraktion sieht vor, dass die Zulassung von 5G-Ausrüstern an einen „klar definierten Sicherheitskatalog“ zu knüpfen ist. Die Bedingungen sollen in der Novelle des Telekommunikationsgesetzes und des IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 klar gestellt werden, die die Bundesregierung nun „zügig“ vorlegen soll. Mit einem Gesetzentwurf für das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 ist in diesen Tagen zu rechnen, wie das Bundesinnenministerium vergangene Woche ankündigte.
Keine nachträgliche Zertifizierung
Eine Sorge der Netzbetreiber bei der Einführung von 5G war, dass in manchen Netzen bereits Komponenten des chinesischen Ausrüsters Huawei verbaut sind, die im Falle eines Huawei-Ausschlusses ersetzt werden müssten. Das Positionspapier stellt hier klar: „Für Bestandskomponenten, die nicht mehr neu verbaut werden, wird keine nachträgliche Zertifizierung verlangt“. Falls eine bereits im Netz eingesetzte kritische Komponente keine Zertifizierung erhalte oder diese verliere, haben die Betreiber Zeit sie bis 2025 zu ersetzen. Im zukünftigen Netz soll außerdem auf eine Vielfalt der Hersteller geachtet werden. „Monokulturen“ sind zu vermeiden.
Bei der Erforschung und Entwicklung von „kryptographischen Sicherheitstechniken“ will die Unionsfraktion eigene Projekte fördern. Mit einer „starken Kryptographie und einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“ könne das Netz gegen Spionageangriffe geschützt werden. Erforscht werden soll auch flexibel einsetzbare Mobilfunknetztechnik (Open-RAN). Bisher nutzen Netzbetreiber oft Single-Ran-Technik, das heißt, die gesamte Technik kommt von einem einzelnen Hersteller. Für Verschlüsselungstechnik und Open-RAN sollen „aufwachsend bis zu zehn Milliarden Euro“ aus dem Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Verfügung gestellt werden.
EU muss Standards sichern
Gleichzeitig sieht die Unionsfraktion auch die europäischen Partner in der Pflicht. Im Rahmen der Industriestrategie soll der Aufbau eines sicheren 5G-Netzes eine zentrale Rolle spielen, das gegen „feindliche Übernahmen aus dem Ausland“ geschützt wird. Für Verstöße müsste es „auch rückwärtsgewandte Sanktionen einschließlich der Entziehung des Sicherheitszertifikates“ geben.
Mit dem 5G-Netzausbau beschäftigen sich in dieser Woche auch zwei Ausschüsse im Bundestag. Im Wirtschaftsausschuss berichtet ein Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) am Mittwoch über den aktuellen Stand bei der Aktualisierung des Sicherheitskatalogs. Außerdem geht es um die Auflagen für die Beteiligung von Netzwerkausrüstern am 5G-Netzausbau. Im Ausschuss Digitale Agenda wird ein Vertreter der Bundesregierung über aktuelle Erkenntnisse über Anbieter von 5G-Technik sprechen.
Munich Security Report
5G-Sicherheit taucht auch im Munich Security Report auf, der alljährlich zur Münchner Sicherheitskonferenz veröffentlicht wird, die am Freitag beginnt. Für Europa mache die 5G-Debatte deutlich, wie eine Welt aussieht, in der Europa nur noch ein Objekt der Rivalität zwischen China und den USA ist, heißt es darin. Was ursprünglich von einigen als technisches Thema beiseite geschoben wurde, habe sich als eine Frage von großer strategischer Bedeutung offenbart. Chinas zahlreiche technologische Errungenschaften und sich andeutende Überlegenheit, etwa bei Künstlicher Intelligenz, Quantentechnologie und Kommunikationstechnologie, werfe besonders im Fall von 5G die Frage auf, wie Europa die wirtschaftlichen Verknüpfungen mit China gegenüber Sicherheitsbedenken ausbalancieren kann.
Eine Grafik (Stand November 2019) zeigt, welche Länder bereits Huawei-Technologie von ihren 5G-Netzen ausschließen. Dazu gehören neben den USA, Australien, Japan, Neuseeland und Israel. Ein Teilausschluss praktizieren derzeit Dänemark, Estland, Frankreich, die Niederlande, Großbritannien, Kanada und Tschechien. Großbritannien hatte zuletzt erklärt, risikoreiche Anbieter nur vom Kernnetz auszuschließen. Andere Ländern halten sich einen Komplettausschluss offen.
Die Sorgen bei der Beteiligung chinesischer Anbieter gehen jedoch über das 5G-Netz hinaus. China exportiere außerdem Überwachungstechnologie und Know-how im Bereich der Internetregulierung, so der Bericht. Dadurch ergeben sich Bedenken hinsichtlich einer technologischen Aufspaltung der Welt – zwischen Ländern, die auf westlichen oder chinesischen Technologien und Normen basieren.
Tagesspiegel Politikmonitoring
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf der Website des BASECAMP.