Ein Jahr im Amt: Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach
Foto: Staatsministerin Judith Gerlach, MdL © Jörg Koch / StMD | Ausschnitt angepasst
Judith Gerlach übernahm im November 2018 das erste, originäre Digitalministerium im Land. Wir haben uns angeschaut, was sie seitdem in Bayern und darüber hinaus bewegt hat.
Seit einem Jahr leitet Judith Gerlach (CSU) als Bayerische Staatsministerin für Digitales das erste Digitalministerium Deutschlands. Noch kurz vor ihrer Vereidigung gab ihr Dorothee Bär (CSU), die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung und Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin, den Rat zur Eröffnung eines Instagram-Accounts mit auf den Weg. Heute ist Gerlachs zaghafte Annäherung an die digitalen Medien längst vergessen. Denn nicht nur auf Social-Media macht die Digitalministerin einen agilen Eindruck, auch die Arbeit ihres Digitalministeriums trägt Früchte. Aus Sicht der Ministerin ist das Digitalministerium der „Teilchenbeschleuniger der Digitalisierung in Bayern“, der alle Beteiligten zu Höchstgeschwindigkeit antreibt, um Neues entstehen zu lassen. Doch wir wollen natürlich wissen, was hat Judith Gerlach bisher konkret angestoßen?
Mehr Dampf bei der digitalen Verwaltung
„Unser Ministerium ist eine schlanke aber effektive Spezialeinheit. Wir entwickeln die Formel für Bayerns digitalen Erfolg. Für digitale Leuchtturmprojekte halten wir pro Jahr knapp 4 Millionen Euro bereit“
, so beschreibt Gerlach selbst ihr Ministerium. Noch Anfang dieses Jahres klagte die CSU-Politikerin über den Mangel an digitalen Verwaltungsdienstleistungen. Diese müssten alle via Handy erledigt werden können – „Da liegt die Zukunft.“ Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) müssen alle Verwaltungsleistungen ab 2022 digital über Verwaltungsportale verfügbar sein. Doch das dauert der Bayerischen Digitalministerin zu lang, weswegen sie gemeinsam mit dem Innovationsring des Bayerischen Landkreistages ein Digitallabor gründete. Mit dem „Bayernportal“ will der Freistaat Bayern die „54 wichtigsten Verwaltungsleistungen“ für Bürger und Unternehmen bereits bis Ende 2020 online anbieten – zwei Jahre früher als vom Bund verlangt.
Nur einen Monat nach Gründung des Digitalministeriums rief Gerlach bereits die Initiative „Bayerns Frauen in Digitalberufen„ (BayFiD) unter Schirmherrschaft von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ins Leben. Damit sollen mehr Frauen für Tech-Berufe begeistert werden. 50 Frauen zwischen 18 und 30 Jahren können jedes Jahr an dem BayFiD-Programm teilnehmen und dabei praxisnahe Einblicke in verschiedene digitale Berufe bekommen. „Wir sind ein Talentprogramm – kein Förderprogramm. Wir müssen nicht gefördert werden, wir sind schon Talente“, betonte Gerlach auf der Kick Off-Veranstaltung der Initiative.
Digitalisierung für Wirtschaft und Klimaschutz
Innovationen bieten aus Sicht der Digitalministerin auch die Chance, den Klima- und Umweltschutz voranzutreiben.
„Die Arbeitsplätze der Zukunft sind stark an die Digitalisierung gekoppelt“
, sagte die Ministerin in einem Interview. Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg seien keine Gegensätze.
„Mit einer guten Datenauswertung lasse sich das Wassermanagement vom Trinkwasser bis zur Kläranlage optimieren; in der Energiewirtschaft könnten intelligente Stromnetze schneller auf Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt reagieren“
, so Gerlach. Sie könne sich auch einen „digitalen Workspace“ vorstellen, um „unnötigen Individualverkehr zu vermeiden und strukturschwache Regionen aufzuwerten“. In den unterschiedlichen Landkreisen gebe es demnach verschiedene Bürogemeinschaften, welche der Freistaat mit schneller Internetverbindung subventionieren könnte.
Anfang Oktober veranstaltete das Bayerische Digitalministerium den ersten Bayerischen Digitalgipfel in München. Unter dem Titel „Code Bavaria“ diskutierte die Digitalministerin mit Experten aus der Digitalbranche über Chancen und Herausforderungen des digitalen Wandels. Das Motto sei wörtlich zu verstehen, sagte Gerlach: „Wer Zukunft gestalten will, muss in den Mustern der Zukunft denken.“ Im gleichen Atemzug mahnte die Ministerin aber auch nochmal an, dass ihr die Digitalisierung der Verwaltung bisher zu langsam vorankomme.
Ärger um die Games-Förderung
Ärger gibt es aber auch: In einer Kabinettssitzung Anfang Oktober hatte die Bayerische Staatsregierung eine Stärkung des Computerspiele-Standorts beschlossen. Das Problem: die Games-Förderung taucht im Bundeshaushalt des zuständigen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) nicht mehr auf. Daraufhin rügte die Digitalministerin ihren CSU-Parteikollegen, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, öffentlich in einem Brief:
„Es wäre ein politisches Desaster, die durch die Ankündigung der Bundesförderung entstandene Aufbruchstimmung in der Gamesbranche durch eine kurzfristige Einstellung der Förderung in 2020 zu zerstören.“
Außerdem will sich Gerlach für eine Erhöhung der bayrischen Games-Förderung im Landeshaushalt 2021 einsetzen.